Wie sinnvoll sind bemannte Raumflüge wirklich? Dr. Harald Steininger vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung erklärt die Vor- und Nachteile, wenn es darum geht, Astronauten ins All zu schicken.
Herr Dr. Steininger, Sie und Ihre Abteilungskollegen am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung nennt man die "Marsmänner". Wollen sie also bald persönlich hinfliegen?
Dr. Harald Steininger: Nein, wir sind hier eher die Konkurrenten derjenigen, die dort Menschen hinfliegen lassen wollen. Man braucht ziemlich viele Apparate, um den Menschen im Weltraum am Leben zu halten. Er ist nun mal kein Weltraumwesen.
Die internationale Raumstation ist zwar riesig groß. Aber das meiste davon wird gebraucht für Essen, Wasseraufbereitung, Luftaufbereitung, also das ganz normale Wohnen und Leben. Die Arbeitszeit, die für die Forschung bleibt, ist relativ klein.
Daher gibt es auch viele Kritiker an der bemannten Raumfahrt aus der Forschung, vom Nobelpreisträger bis zur Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Die hohen Kosten sind ein Problem?
Sie wären keines, wenn die Politik sagen würde: Wir geben so viel Geld, wie ihr braucht. Aber die Weltraumagenturen sind in ihrem Budget limitiert. Sie kriegen eine bestimmte Summe und müssen sich dann überlegen, was sie mit dem Geld machen.
Entweder sie investieren es in die bemannte Raumfahrt oder in die Erforschung der Galaxie und des Sonnensystems oder in die Beobachtung der Erde.
Es gibt zwar die Vision, dass der Mensch in vielleicht 100 Millionen Jahren den Weltraum bevölkern wird. Und ja, dann muss man auch irgendwann damit anfangen.
Aber ob man heute damit beginnt oder in 50 oder in 100 Jahren, ist für eine Vision, die sich über 100 Millionen Jahre erstreckt, nicht relevant. Und wir sind technisch nun einmal noch nicht besonders weit.
Hätte man den Wettlauf um den ersten Menschen auf dem Mond nicht gehabt, wäre aber vielleicht nie so viel Geld geflossen?
Ja, das schon. Es geht aber auch anders: Wenn man sich die chinesische bemannte Raumfahrt ansieht, ist das ein sehr langsamer Prozess. Die starten alle fünf Jahre einen Astronauten.
Die haben eine kleine Raumstation, die sie erstmal unbemannt gelassen haben. Das ist ein sehr unaufgeregter und effizienter Prozess, deutlich anders als die Situation zwischen Russland und den USA im kalten Krieg.
Mit der internationalen Raumstation haben sich die Japaner, Europäer, Amerikaner und Russen etwas ans Bein gebunden, dessen Erhaltung unglaublich teuer ist. Das frisst Ressourcen, die andere Leute für ihre Forschung gern haben würden.
Gibt es also gar keine Vorteile der bemannten Raumfahrt?
Das schon. Ich bin auch nicht vollkommen gegen die bemannte Raumfahrt. Ein Mensch kann sich mit seinem Improvisationstalent auch auf unbekannte Situationen einstellen, da hat ein Roboter ganz klare Nachteile.
Bei einer Marsmission sind die Signallaufzeiten so lang, dass man sich schon am Tag vorher überlegen muss, was man alles tun möchte. Zwei Geologen, die auf dem Mars herumlaufen und Proben einsammeln und auswerten, würden riesigen Erkenntnisgewinn bedeuten.
Aber der Nachteil sind die Kosten: Eine Marsmission ohne Menschen können Sie schon für unter 500 Millionen Dollar realisieren.
Wenn ich richtig gelesen habe, ist das ungefähr das, was man für einen einzigen Start eines bemannten Space-Shuttles hinlegen muss?
Genau, aber dafür wären Sie nicht auf einer Marsmission mit Menschen an Bord, bei weitem nicht. Die Schätzungen belaufen sich hier auf Kosten irgendwo zwischen unglaublich optimistischen 15 aber eher 500 Milliarden US Dollar.
Also ist es für Sie nicht der größte Traum, wie der Marsianer einen Fuß auf die Oberfläche unseres Nachbarplaneten zu setzen?
Nein, damit habe ich persönlich abgeschlossen. Da müsste von der Politik ein so massiver Anstoß kommen, dass es gänzlich unwahrscheinlich ist.
Mein großer Traum ist immer noch "Mars Sample Return", das heißt: Man landet auf dem Mars mit einem Rover, holt Gesteinsproben ein und bringt die mit einer Rakete wieder auf die Erde zurück.
Mit einem Teelöffel voll originärem Marsgestein könnte ich so viel Forschung betreiben, das wäre mein persönlicher Traum.
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