Wenn das ausgebüxte Haustier gefunden und beim Tierarzt wieder aufgepäppelt wird, ist die Erleichterung meist groß – zumindest, bis die Rechnung vom Tierarzt kommt. Denn wer muss die Kosten für ein verletztes Fundtier zahlen? Das Amtsgericht München hat eindeutig geurteilt.
Es ist der Albtraum eines jeden Haustierhalters: Der tierische Freund büxt aus und ist tagelang verschwunden. Die Sorge und die Ungewissheit verursachen schlaflose Nächte, schlimme Befürchtungen breiten sich aus. Umso größer ist die Erleichterung, wenn Bello, Miezi oder Klopfer gefunden und zum Tierarzt gebracht wurden und dort auf ihre Abholung warten. Doch die Freude ist spätestens dann getrübt, wenn plötzlich in der Post eine saftige Rechnung vom Tierarzt landet.
Dass diese zu Recht an den Tierhalter geht, hat das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 30. August 2024 jetzt bestätigt (Az. 161C16714/22). Der Gerichtsbescheid besagt, dass wenn ein verletztes Fundtier von einer fremden Person zum Tierarzt gebracht wird, der Tierhalter für die infolge der Behandlung entstandenen Tierarztkosten haften muss.
Und zwar unabhängig davon, ob der Tierhalter vor der Behandlung über die notwendigen Maßnahmen Kenntnis erhalten hat oder nicht. Der Tierarzt handelt mit der Behandlung schließlich im Interesse des Tierbesitzers, da dieser für das Wohlergehen seines tierischen Mitbewohners verantwortlich ist. Und infolgedessen auch für die Behandlung, wenn das Haustier erkrankt.
Verletztes Fundtier: Halterin muss 565 Euro Tierarztkosten zahlen
Dem Urteil zugrunde liegt der Fall des ausgebüxten Katers Rocky. Die Samtpfote war im Mai 2022 für einige Tage verschwunden. Eine fremde Frau fand den Kater bewusstlos auf und alarmierte die Tierrettung, die Rocky als Notfall einstufte und in die nächstgelegene Tierklinik brachte. Während die Veterinärmediziner den Kater behandelten, konnte man über das Haustierzentralregister seine Halterin ausfindig machen, die Rocky dann am nächsten Tag von der Klinik abholte und nach Hause brachte.
Auch wenn die Katzenmama unendlich glücklich über den Fund ihres Katers war, die Tierarztkosten in Höhe von 565,31 Euro wollte sie nicht zahlen. Sie begründete ihre Weigerung damit, dass man sie über die Behandlung im Vorfeld nicht informiert habe und sie ihren kleinen Schützling stattdessen lieber zu dem Tierarzt gebracht hätte, bei dem Rocky üblicherweise deutlich "preiswerter" in Behandlung sei. Die Tierklinik verklagte die Frau daraufhin.
Urteil auch mit Tierschutzgesetz begründet
Das Amtsgericht München gab der Klage auf Erstattung der Tierarztkosten nun aber statt. Wenn ein verletztes Fundtier zum Tierarzt gebracht wird, ist der Tierhalter für die Kosten der Behandlung verantwortlich.
Der Anspruch ergebe sich aus den Grundsätzen der "Geschäftsführung ohne Auftrag" (GoA). Die tierärztliche Versorgung des bewusstlosen Katers sei ein "fremdes Geschäft" gewesen, das im Interesse der Tierhalterin gelegen habe.
Weiterhin begründet das Amtsgericht das Urteil auch mit dem § 1 des Tierschutzgesetzes. Denn danach dürfen keinem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leid oder Schäden zugefügt werden. Daraus folgerte das Gericht, dass Rockys Frauchen die Behandlung auch selbst hätte durchführen lassen müssen. Dass jetzt aber die Tierärzte die Behandlung des leidenden Katers durchgeführt haben, sei demnach auch im Interesse der Tierhalterin gewesen.
Müssen Halter von Fundtieren vor der Behandlung informiert werden?
Auch den Einwand der Beklagten, dass man sie sofort nach der Einlieferung des Katers hätte informieren müssen, wies das Gericht ab. Nach der vorliegenden Dokumentation sei die Behandlung als Notfallmaßnahme erfolgt, die keinen Aufschub geduldet habe.
Eine vorherige Benachrichtigung der Besitzerin sei daher aus Zeitgründen ausgeschlossen gewesen. Das Amtsgericht sah die Voraussetzungen für einen Ersatzanspruch der Klinik nach den Grundsätzen der "GoA" an. Rockys Frauchen muss daher die Tierarztkosten für seine Behandlung in voller Höhe zahlen. Das Gerichtsurteil ist rechtskräftig.

Kann für ein verletztes Fundtier jedoch kein Halter ermittelt werden, gilt das Tier als "herrenlos". In diesem Fall handelt es sich um eine "Fundsache". Die Tierarztkosten für eine eventuell notwendige Behandlung trägt nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz (Urteil vom 13.09.2017, Az. 2 K 522/12 ko) in diesem Fall die Fundbehörde der entsprechenden Gemeinde. © Deine Tierwelt