Die meisten Schlangen gelten als Einzelgänger und werden daher in Gefangenschaft oft allein in einem Terrarium gehalten. Ein Forscherteam hat nun das Sozialverhalten von Königspythons untersucht - und kam zu einem überraschenden Ergebnis.

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Die meisten Schlangenarten haben den Ruf, Einzelgänger zu sein. Eine neue Forschungsarbeit überrascht nun jedoch. Ein Team der Wilfrid Laurier University in Kanada fand heraus, dass der Königspython (Python regius) sehr viel sozialer ist, als bisher angenommen.

Bisherige Forschungen haben sich beim Sozialverhalten von Schlangen vor allem auf Strumpfbandnattern und Klapperschlangen konzentriert. Grund dafür sind die vielen Gemeinsamkeiten: Beide Schlangenarten bringen lebende Jungtiere zur Welt, verbringen den Winter gemeinsam in Höhlen und schließen während der aktiven Zeit auch Freundschaften mit Artgenossen.

Ganz im Gegensatz zu Königspythons, die Eier legen, anstatt Lebendgeburten zu haben, und keinen Winterschlaf halten. Für Morgan Skinner und seine Kolleginnen und Kollegen von der Wilfrid Laurier University war diese Schlangenart daher der perfekte Kandidat, um zu untersuchen, welches Sozialverhalten die Reptilien haben.

Informationen zum Python regius

  • Wird auch Königspython oder Ball Python (engl.) genannt.
  • Gehört zur Familie der Riesenschlangen.
  • Wird zwischen 1 und 1,8 Meter lang.
  • Bewohnt West- und Zentralafrika und ernährt sich von Vögeln und kleinen Säugetieren.

Die Ergebnisse ihrer Studie, die im Journal "Behavioral Ecology and Sociobiology" erschienen ist, "stellen viele Annahmen über die Ursachen der Geselligkeit bei Reptilien infrage", wie die Autorinnen und Autoren schreiben.

Königspythons zeigen Kuschelbedürfnis

Für ihre Forschungsarbeit setzten Skinner und seine Kolleginnen und Kollegen eine gemischtgeschlechtliche Gruppe von sechs Pythons für zehn Tage in ein großes Gehege. In dem Gehege waren genügend Plastikunterstände für jede Schlange, sodass sich jedes Tier wenn es denn wollteauch allein unter einen Unterstand verkriechen kann. Das Forschungsteam ließ während der gesamten Untersuchung eine Kamera laufen.

Es zeigte sich, dass sich alle sechs Schlangen gemeinsam unter ein und denselben Unterschlupf verkrochen und auch ansonsten 60 Prozent ihrer Zeit miteinander verbrachten. Um zu prüfen, ob genau dieser Unterschlupf die Schlangen aus nicht nachvollziehbaren Gründen anzog, entfernten ihn die Forschenden. Die Reptilien zeigten sich daraufhin kurz irritiert, rollten sich jedoch im Anschluss wieder alle gemeinsam unter einem anderen Unterschlupf zusammen.

Ein Jahr später wiederholte das Forscherteam das Experiment mit fünf verschiedenen Kohorten junger Pythons – doch das Muster blieb gleich. Zweimal täglich wurden die Schlangen durcheinandergebracht und einzeln an verschiedenen Stellen platziert, doch die Tiere fanden sich immer wieder zusammen. Sie zogen es offensichtlich vor, aufeinander gestapelt zu liegen und Kontakt zu halten – als würden sie miteinander kuscheln.

Forschungsergebnisse könnten vieles ändern

"Das hat mich umgehauen", wird Morgan Skinner von der "New York Times" zitiert. Ein solches Verhalten habe er von Königspythons nicht erwartet. Sie seien sogar noch sozialer als Strumpfbandnattern, die erstaunlich cliquenhaft sein können, allerdings manche Schlangen lieber mögen als andere. Den Königspythons jedoch schien es egal zu sein, mit wem sie ihre Zeit verbringen – Hauptsache, nicht allein. Skinner befürchtet, dass einzeln gehaltenen Königspythons in Gefangenschaft wichtige Kontakte fehlen.

Das Sozialverhalten von Schlangen gilt als besonders schwierig zu erforschen. Kein Tier verhält sich in Gefangenschaft wie in freier Wildbahn, erklärt Vladimir Dinets, ein Spezialist für das Sozialverhalten von Reptilien an der University of Tennessee, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber der "New York Times". Doch die Forschung sei dennoch nützlich, besonders für die richtige Haltung von Königspythons. Denn die afrikanische Schlangenart gilt laut einer Studie als das zweitbeliebteste Reptilien-Haustier der Welt.

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Das Forschungsteam erklärt das Sozialverhalten der Pythons damit, dass sie auch in freier Wildbahn meist große Mahlzeiten zu sich nehmen, dann für längere Zeiträume nichts zu essen brauchen und in dieser Zeit die Gemeinschaft suchen. Das bedeutet, die Schlangen konkurrieren in diesem Zeitraum nicht miteinander.

Die Ergebnisse zeigen laut Skinner auch, dass es noch viel über Schlangen zu lernen gibt und dass die Annahme, Schlangen seien Einzelgänger, eindeutig weiter geprüft werden müsse. Und auch Mitautor Noam Miller sagte: "Alle Schlangenarten, die ich je untersucht habe, sind sehr sozial." Die Tiere zögen es immer vor, in der Gemeinschaft zu sein, wenn sie die Wahl haben.

Verwendete Quellen

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