Manche Menschen fürchten sich davor, Telefongespräche zu führen. Der Anruf beim Arzt kann Angstschweiß und Panik auslösen. Doch was steckt hinter dieser Phobie?
Seit Jahrzehnten kommunizieren die Menschen via Telefon. Zunächst gab es nur sperrige Apparate mit Festnetzanschluss. Später kamen Telefonzellen und irgendwann das Mobiltelefon hinzu. Heutzutage besitzen fast alle ein Smartphone, also ein Telefon, das mehr kann, als nur andere Menschen anrufen. Und obwohl die weltweite Kommunikation heute einfacher ist denn je, fällt es immer mehr Leuten schwer, einen Anruf entgegenzunehmen oder selbst eine Nummer zu wählen. Viele sprechen von einer Art "Telefonphobie". Doch woher kommt diese Angst und was lässt sich dagegen unternehmen?
Allein beim Gedanken daran, einen Arzttermin auszumachen oder einen Tisch in einem Restaurant zu reservieren, bekommen viele ein mulmiges Gefühl. Dabei sind das meist Angelegenheiten, die nur wenig Zeit in Anspruch nehmen. Dennoch fürchten sich viele davor, ein Gespräch mit einer Person zu führen, die sie nicht gleichzeitig sehen. Sie haben Angst, ins Stottern zu geraten oder sich zu versprechen. Viele Menschen schämen sich dafür, ein Gespräch am Telefon nicht "fehlerfrei" führen zu können.
Sind vor allem "Digital Natives" betroffen?
Wer sich in den sozialen Medien umsieht, stößt vor allem auf junge Menschen, die im Netz teilen, dass sie sich vor dem Telefonieren fürchten. Handelt es sich hierbei um ein Generationenproblem? Tatsächlich sind junge Millennials und die Gen Z sogenannte "Digital Natives", also mit den digitalen Medien aufgewachsen. Eine Zeit ohne Internet und Chats kennen viele nicht. Deshalb waren sie schon von klein auf weniger auf Telefonate angewiesen als die älteren Generationen.
Es klingt plausibel, dass Menschen, die bislang lieber SMS oder WhatsApp-Nachrichten versendet haben, Schwierigkeiten damit haben, spontane Telefonate zu führen. Schließlich kann man sich für eine Nachricht Zeit lassen. Man kann sie immer wieder korrigieren, bevor man sie abschickt. Beim Telefonieren ist das anders. Zwar kann man sich davor Notizen machen, was man der anderen Person sagen möchte, allerdings ist man viel stärker mit spontanen Reaktionen konfrontiert.
Vielleicht steckt eine Sozialphobie dahinter
Psychologen beobachten dieses Phänomen schon länger und versuchen es einzuordnen. Dabei sind einige der Meinung, dass die Telefonphobie ein Resultat einer Sozialphobie sei. "Sozialphobiker fürchten sich in erster Linie vor dem sozialen Kontakt und dessen negativen Folgen. Die Angst besteht davor, mit jemandem sprechen zu müssen. Das ist gekoppelt an Befürchtungen, also Gedanken, die ich mir über eine Situation mache und was darin passieren könnte", sagt Nadine Wolf, Oberärztin an der Klinik für Allgemeinpsychiatrie am Universitätsklinikum Heidelberg, im Gespräch mit "National Geographic".
Sie ist wie viele andere Experten der Meinung, dass die Telefonphobie selten "isoliert" auftaucht, also ohne eine bestehende Sozialphobie. Therapieren sollte man diese Phobie, wenn sie im alltäglichen Leben zur Belastung wird. Das geht am besten schrittweise. Wie wäre es damit, den nächsten Arzttermin nicht online auszumachen, sondern einen Anruf zu wagen? Vielleicht hilft es auch, zunächst das Telefonieren mit einer vertrauten Person zu trainieren. Das kann das Angstgefühl minimieren und eventuell sogar ein gutes Gefühl geben.
Grundsätzlich sollte man allerdings bei jeder Art von Phobie – je nach Schweregrad – professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Oft überfordern sich Angstpatienten, wenn es darum geht, die eigene Phobie zu überwinden. Sie wollen so viel wie möglich in kürzester Zeit schaffen. Es gilt jedoch, in kleinen Schritten zu arbeiten. Ein Verhaltenstherapeut hilft, einen Plan aufzustellen und Patienten bei besonders schwierig erscheinenden Schritten und Rückfällen zur Seite zu stehen. © 1&1 Mail & Media/spot on news
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