Zusätzlich zum schmelzenden Lebensraum wird die Klimakrise für Eisbären noch in anderer Hinsicht herausfordernd: Ein US-amerikanisches Forschungsteam kommt zu dem Schluss, dass sich die Tiere immer häufiger mit Krankheitserregern infizieren.
Für eine im Fachjournal "PLOS One" erschienene Studie analysierten Forscherinnen und Forscher um Karyn Rode vom U.S. Geological Survey in Anchorage (US-Bundesstaat Alaska) Blutproben von Eisbären und suchten nach Antikörpern gegen sechs verschiedene Erreger - darunter der Parasit Toxoplasma gondii oder das Hundestaupevirus CDV.
Die Proben von der Eisbärenpopulation in der Tschuktschensee, einem Teil des arktischen Ozeans zwischen Alaska und Sibirien, stammen aus zwei Zeitspannen: von 1987 bis 1994 und von 2008 bis 2017.
Im Vergleich zum früheren Zeitraum traten fünf der sechs Erreger in den Blutproben ab 2008 häufiger auf. Die Infektionszahlen für drei der Erreger hatten sich sogar mehr als verdoppelt. Eisbärenweibchen waren im Schnitt stärker betroffen als Männchen. Möglicherweise weil in dieser Region viele von ihnen die Schwangerschaft auf dem Festland verbringen, vermuten die Forschenden. Auch Unterschiede in bevorzugten Beutetieren hätten wohl Einfluss darauf, in welchem Ausmaß die Tiere den einzelnen Erregern ausgesetzt sind.
Mehr Keime heißt nicht unbedingt mehr kranke Eisbären
Laut den Forschenden schreitet die Erderwärmung in der Arktis fast viermal schneller voran als im weltweiten Vergleich. Der Lebensraum der Eisbären, das Meereis, schwinde in rasantem Tempo. Gleichzeitig sorge der Klimawandel dort für bessere Bedingungen für Viren, Bakterien und Parasiten. Mit ihrer Untersuchung wollten die Forscherinnen und Forscher herausfinden, inwiefern sich die Verbreitung solcher Krankheitserreger verändert hat. "Als Raubtier an der Spitze der Nahrungspyramide, das in großen, abgelegenen Gebieten unterwegs ist, sind Veränderungen bei Krankheitserregern und Parasiten bei Eisbären ein guter Anzeiger für die sich verändernden Übertragungsdynamiken in arktischen Ökosystemen", schreiben sie.
Die Ergebnisse zeigen zwar, dass Eisbären heute öfter als früher mit verschiedenen Keimen in Kontakt kommen. In welchem Umfang die Tiere von diesen aber tatsächlich krank werden, ist unklar. "Alle von uns nachgewiesenen Krankheitserreger können bei Wildtieren Krankheiten hervorrufen, aber die genauen Auswirkungen bei frei lebenden Tieren nachzuvollziehen, ist nicht einfach", schreiben die Autorinnen und Autoren.
Unter anderem ein Vergleich mit Braunbärpopulationen in Alaska lasse aber darauf schließen, dass der Erregerkontakt der Eisbärengesundheit bisher nicht nennenswert schade. Die Situation müsse weiter beobachtet werden. (dpa/bearbeitet von cze)
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