War Elisabeth von Österreich-Ungarn ein gutherziges Mädel oder eine egozentrische Zicke mit Essstörungen? Dem Mythos, der sich um die schöne Kaiserin rankt, tun die Diskussionen keinen Abbruch. Sisi starb am 10. September vor 120 Jahren.

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Die "Sissi"-Trilogie von Ernst Marischka mit Romy Schneider als zauberhafte Kaiserin gehört für viele Menschen zur Weihnachtszeit wie Glühwein und Kekse. Doch mit dem Glanz und Gloria der Filmkaiserin hatte das Leben der echten Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn nur wenig gemein.

Am Heiligabend 2017 wäre Elisabeth Amalie Eugenie 180 Jahre alt geworden: Sie kam als zweite Tochter von Erzherzog Max Joseph in Bayern und seiner Frau Prinzessin Ludovika am Heiligabend des Jahres 1837 in München zur Welt.

Das von allen nur Sisi genannte Mädchen hatte schon bei der Geburt einen Zahn im Mund. Der Volksmund sagt dazu Glückszahn - doch die zukünftige Kaiserin hatte schon früh einen Hang zum Unglücklichsein, für den sie stets das "schwermütige Blut" der Wittelsbacher verantwortlich machte.

Mit zarten 15 Jahren verliebt sich Sisi in einen Grafen, der in Diensten ihres Vaters steht. Als dieser nicht standesgemäße Verehrer an einer Krankheit stirbt, ist Sisi todunglücklich und schließt sich tagelang weinend in ihr Zimmer ein.

Kaiserin mit Freihheitsdrang

Um ihre Tochter zu trösten, nimmt Ludovika Sisi mit nach Ischl, wo die älteste Tochter Helene dem jungen österreichischen Kaiser vorgestellt werden soll.

Der 23-jährige Franz Josef aber verliebt sich auf den ersten Blick in seine acht Jahre jüngere Cousine Sisi, die seinen Antrag selbstverständlich annimmt. Der Kaiser ist seiner jungen Frau mit allen Sinnen verfallen, und Sisi erkennt schnell, wie sie diesen Umstand ausnutzen kann, um aus dem ihr so verhassten höfischen Zeremoniell auszubrechen.

Weil Franz ihr kaum einen Wunsch abschlagen kann, erkämpft sie sich Freiheiten, die für eine Frau ihres Standes zu dieser Zeit außerordentlich waren. Mit immerhin 51 Jahren lässt sie sich auf einer Reise in einer griechischen Hafenkneipe sogar einen Anker tätowieren – sehr zum Missfallen ihres geschockten Mannes.

Schon kurz nach der Hochzeit zeichnet sich ab, dass es dem freiheitsliebenden Landmädchen schwerfällt, sich den strengen Regeln am österreichischen Hof zu unterwerfen.

Kaiserin Elisabeth ist schwermütig und von einer inneren Unruhe getrieben, flüchtet sich in Gedichte und lange Kuren, die sie für Monate nach Madeira, Griechenland oder in die Schweiz bringen. Sie nutzt jede Gelegenheit, um sich aus Wien fernzuhalten.

Als sie erfährt, dass Franz Josef eine Affäre mit der Schauspielerin Katharina Schratt unterhält, fördert sie diese Beziehung sogar, da sie ihr mehr Freiheit von ihrem Mann gibt.

Schönheitswahn in Schwarz

Sisi weiß, dass Schönheit ihr Kapital ist, und sie arbeitet hart daran. Sie achtet stets darauf, weniger als 50 Kilo zu wiegen und treibt exzessiv Sport. Nur Hofdamen, die auf ihren stundenlangen Ausritten und Gewaltmärschen mit der Kaiserin Schritt halten können, bleiben in ihrem Dienst.

Sie verachtet alles Hässliche und umgibt sich ausschließlich mit Menschen, die ihrem Schönheitsideal entsprechen. Ihr Spott macht selbst vor ihren eigenen Töchtern nicht halt, die ihr nicht hübsch genug erscheinen.

Mit zunehmendem Alter steigt die Verzweiflung und Todessehnsucht der schönen Kaiserin. Seit dem Selbstmord ihres Sohns Rudolf 1889 trägt sie nur noch Schwarz. Sie ist stets verhüllt und achtet darauf, weder gemalt noch fotografiert zu werden.

So kommt es, dass kein einziges Altersfoto von ihr existiert. Zu einer Freundin soll sie am Vorabend ihres Todes gesagt haben: "Ich wünschte, meine Seele würde durch eine ganz kleine Öffnung in meinem Herzen zum Himmel fliegen."

Zumindest dieser eine Wunsch wurde der unglücklichen Kaiserin erfüllt, als der Anarchist Luigi Lucheni sie am 10. September 1898 mit einem Stich ins Herz tötete.

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