Nach einem Milliardenminus 2024 hat sich der Autobauer Audi ein massives Sparprogramm verordnet. Bringen die Maßnahmen den Konzern aus Ingolstadt wieder in die Spur?
7.500 Arbeitsplätze will Audi bis Ende 2029 streichen – rund 14 Prozent aller Stellen in Deutschland. Damit will der Konzern mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr einsparen. Doch gleichzeitig plant das Unternehmen, massiv in seine deutschen Standorte zu investieren. Wie passt das zusammen?
Audi steht – wie die gesamte Automobilindustrie – unter enormem Druck, profitabel zu bleiben. Die verschlafene Transformation rächt sich, Unternehmen müssen nun gleich mehrere Gänge hochschalten, um den Anschluss nicht komplett zu verlieren.
Das hat bereits die zum selben Konzern gehörende Marke Volkswagen zu spüren bekommen. Die Wolfsburger mussten ihre Elektrostrategie überarbeiten, Investitionen neu priorisieren und massive Sparprogramme auflegen. Auch sie wollen in den kommenden Jahren Tausende Stellen abbauen. Ein ähnliches Maßnahmenpaket soll nun also auch Audi aus der Krise helfen.
Transformation kostet Arbeitsplätze: Experte sagte Krise voraus
Eine Krise, die Branchenexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM), bereits im vergangenen Jahr im Gespräch mit unserer Redaktion vorausgesagt hatte: "Ich glaube, dass die Transformation, von der wir seit vielen Jahren reden, langsam auch am Automobilstandort Deutschland im Hinblick auf Arbeitsplätze ankommt."
Die gute Nachricht: Auf betriebsbedingte Kündigungen will Audi verzichten. Die Stellen sollen dem Unternehmen zufolge im "indirekten Bereich" abgebaut werden, also nicht die Produktion betreffen. Die Standorte Ingolstadt und Neckarsulm sollen sogar gestärkt werden.
Erst kürzlich hatte Audi die Geschäftszahlen für 2024 bekanntgegeben. Dabei betrugen die Umsatzerlöse 64,5 Milliarden Euro, was einem Minus von 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Das Operative Ergebnis belief sich auf 3,9 Milliarden Euro und damit 38 Prozent weniger als 2023.
Audi will nun finanziellen Spielraum schaffen für Investitionen in Zukunftstechnologien. Während klassische Jobs wegfallen, soll Geld in neue Entwicklungsbereiche wie Elektromobilität, autonomes Fahren und Software fließen.
Andere Autobauer haben schneller umgesteuert
"Wir stellen Audi konsequent neu auf – mit neuen Modellen, einem gestärkten Set-up in China und effizienteren Strukturen im Unternehmen", kommentierte CEO Gernot Döllner die neue Strategie.
Bereits 2019 hatte es ein massives Sparprogramm bei Audi gegeben. Damals sollten 15 Milliarden Euro eingespart werden, rund 9.500 Arbeitsplätze wurden abgebaut. Doch offensichtlich reichte dies nicht. Inflation, hohe Energiepreise und steigende Zinsen verteuerten die Produktion und drücken auf die Margen.
Hinzu kommt der Konkurrenzdruck durch Marken wie Tesla sowie chinesische Hersteller. Besonders in China, dem wichtigsten Markt für Audi, sieht es düster aus. Der wird inzwischen von lokalen Marken dominiert, deren Produkte wesentlich besser auf die Bedürfnisse der chinesischen Kunden zugeschnitten sind.
Neben der allgemeinen Marktsituation brachten auch strategische Fehler das Unternehmen in die jetzige Situation. So hat man in Ingolstadt viel zu lange noch am Verbrenner festgehalten. Dies ist zwar ein Problem bei allen deutschen Herstellern. BMW und Mercedes haben jedoch schneller und entschlossener auf den Wandel reagiert als Audi.
Audi in der Krise: Modellpolitik steht in der Kritik
Auch die Modellpolitik der Ingolstädter steht in der Kritik. So berichtete das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" bereits im vergangenen Jahr von Schwierigkeiten, attraktive vollelektrische Modelle an die Käuferinnen und Käufer zu bringen. "Die Modelle aus Ingolstadt zünden nicht mehr", kommentierte das Magazin, der alte Slogan "Vorsprung durch Technik" treffe heutzutage nicht mehr zu.
Beispielhaft ist der neue Q6 e-tron, der aufgrund von Softwareproblemen mit drei Jahren Verspätung auf den Markt kam. Weshalb ihn die Tageszeitung "Die Welt" gar als "Audis letzte Chance" bezeichnete. Das neue Flaggschiff basiert auf der gleichen Plattform wie der Porsche Macan. Eine durchaus übliche Praxis innerhalb des VW-Konzerns. Doch Kunden bevorzugen oftmals das "Original" – ein weiterer Schwachpunkt der Audi-Palette.
Hemmt die Struktur im Konzern den Wandel?
Ein strukturelles Problem dürfte in der Konzernstruktur bestehen. Denn Audi kann nicht völlig eigenständig handeln, sondern muss sich mit der Volkswagen-Mutter abstimmen. Die Prozesse dürften dadurch noch komplexer werden. Kein Vorteil in einem Markt, der gerade einem ebenso tiefgreifenden wie rasanten Wandel unterliegt.
Im Unternehmen bleibt man optimistisch. Und folgt der Devise "Liefern, Liefern, Liefern". In einer Pressemitteilung heißt es: "Bis Ende des Jahres wird das Unternehmen das jüngste Produktportfolio im Wettbewerbsumfeld haben."
Verwendete Quellen
- Pressemitteilung Audi: Geschäftsjahr 2024: Audi treibt Transformation und Modelloffensive entschlossen voran (18. März 2025)
- spiegel.de: Problemserie mit E-Autos. Audi ist jetzt abgehängt
- welt.de: Q6 E-tron im Test. Dieses Auto ist Audis letzte Chance