• Österreichs ehemalige Nummer eins spielt mit einer Wildcard bei den US Open.
  • Der Sieger von 2020 versucht sich nach Formkrise und einer schwerwiegenden Verletzung wieder in die Top 100 der ATP zu kämpfen.
  • In der ersten Runde in Queens trifft er auf den starken Spanier Pablo Carreño Busta.

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Vor zwei Jahren ist Dominic Thiem im Tennis-Olymp angekommen. Nach etwas mehr als vier Stunden bezwingt der Niederösterreicher im September 2020 Alexander Zverev in einem Fünf-Satz-Krimi und fährt nach zuvor drei Finalniederlagen seinen ersten Grand-Slam-Titel ein. Bei den nun anstehenden US Open tritt Thiem nur mit einer Wildcard an.

Zwischen seinem bislang größten Karrieretriumph und heute ist viel geschehen. Thiem erleidet 2021 nicht nur ein Formtief, sondern zieht sich beim Turnier auf Mallorca einen Einriss in der Sehnenscheide und der Gelenkkapsel zu. Daraufhin bestreitet Thiem kein Turnier mehr im Kalenderjahr, das Comeback im darauffolgenden März misslingt deutlich, denn nach einer ersten Pleite folgt direkt eine Covid-Erkrankung.

Anschließend kassiert Thiem eine Erstrundenniederlage nach der anderen. Er fällt im Juni im ATP-Ranking auf Platz 352 zurück – 2020 war Thiem zwischenzeitlich die Nummer drei der Welt. Nun fragt sich Tennis-Österreich und eigentlich die gesamte Tennis-Welt, wie es um den einst so unnachgiebigen Grundlinien-Spieler steht und welche Chancen er bei den US Open besitzt.

Erste Hoffnungsschimmer

Die Formkurve zeigt seit Juli nach oben. Thiem feiert beim Challenger Turnier in Salzburg seinen ersten Sieg und bezwingt danach im schwedischen Båstad zwei Top-50-Spieler. In Gstaad gelingt ihm sogar der Halbfinaleinzug. In der vorletzten Runde muss er sich Matteo Berrettini geschlagen geben. Im Vorbereitungsturnier auf die US Open, in Winston-Salem, kann Thiem zunächst J.J. Wolf besiegen, um anschließend nach der Aufgabe von Grigor Dimitrov ins Achtelfinale einzuziehen.

Dort ist jedoch gegen Jack Draper, der Nummer 55 der Welt, Schluss. Wer eine Sensation von Thiem bei den US Open erwartet, wird sehr wahrscheinlich enttäuscht. Obwohl er in New York bereits gewonnen hat, ist der 28-Jährige bei weitem nicht mehr der Spieler von 2020. Seine ATP-Platzierung 231 spiegelt Thiems wahres Leistungsvermögen nicht wider, aber die lange Verletzungspause und die Auswirkung der Verletzung selbst machen sich bis heute bemerkbar.

Wenig Vertrauen in die Vorhand

In seiner Glanzzeit ist Thiem ein gnadenloser Grundlinienschläger, der auch mit den Allerbesten der Welt lange Rallys bestreitet und aufgrund seiner überschaubaren Fehleranzahl diese nicht selten für sich entscheidet. Doch dem Österreicher fehlt momentan die Konstanz in den Schlägen und nicht zuletzt ein Stück weit das Vertrauen in die eigene Vorhand. Mit eben dieser Vorhand agiert Thiem 2020 nicht nur defensiv, sondern bereitet mit aggressiven Schlägen viele Punktgewinne vor.

Doch sowohl die Vorhand als auch die einhändige Rückhand des 28-Jährigen wackeln in diesen Tagen immer mal wieder gehörig. Thiem lässt gelegentlich sein ganzes Talent aufblitzen, aber er kann ebenso Sätze deutlich abschenken, wenn der Gegner selbst Druck auf die Grundlinie ausübt.

Noch profitiert Thiem von früher

Eigentlich ist Thiem mit 28 Jahren nicht zu alt, um ein Comeback in der Weltspitze zu feiern. Trotzdem tickt die Uhr gegen ihn. Denn noch kann er auf sein "Protected Ranking" vertrauen und an Turnieren teilnehmen. Wenn ein Spieler länger als sechs Monate verletzt ist und unweigerlich in der Rangliste zurückfällt, kann er beantragen, dass statt des realen Ranglistenplatzes der durchschnittliche Platz aus den ersten drei Verletzungsmonaten berechnet und herangezogen wird.

Der letzte große Auftritt: Williams verabschiedet sich in New York

Die Ticket-Preise schossen durch die Decke, Tennis-Legenden überboten sich in Lobpreisungen und der erste Turniertag kündigte sich schon als emotionaler Höhepunkt der US Open an: Fast alles drehte sich vor dem Start in New York um Serena Williams. Die Tennis-Queen geht zum letzten Mal beim Grand Slam vor Heimpublikum an den Start - gewinnen muss sie nicht mehr.

Nach dem Wiedereinstieg in den Spielbetrieb gilt das "Protected Ranking" noch neun Monate oder für die ersten neun gespielten Turniere. Bei den US Open tritt Thiem sogar mit einer Wild Card an. "Das ist absolut top, weil ich das 'Protected' dann für ein anderes Turnier verwenden kann", kommentiert er beim Fernsehsender "Servus TV".

Sand als bevorzugter Untergrund

Das heißt aber auch: In nicht allzu ferner Zukunft muss Thiem, sofern sich seine Ergebnisse nicht grundlegend verbessern, den Weg über die Qualifikationsturniere gehen. Dort warten hungrige und oftmals hochathletische Jungprofis, die ihm das Leben richtig schwermachen dürften, auch weil er eher zu den Spätstartern in Turnieren gehört.

Sein favorisierter Spieluntergrund ist trotz des Sieges 2020 auf Hartplatz eigentlich Sand. Thiem scheitert immerhin zweimal im Finale der French Open. Doch bis die Sandplatzsaison beginnt, werden noch einige Monate vergehen. Insofern muss der Mann aus Lichtenwörth den nächsten größeren Durchbruch auf Hartplatz bewältigen.

Ungeschlagen gegen Erstrundenkontrahent

Bei den US Open trifft er in der ersten Runde am Montag auf einen alten Bekannten: Pablo Carreño Busta. Bislang hat Thiem auf der ATP-Tour alle sieben Duelle zwischen den beiden für sich entschieden. Aber während er um die Fortsetzung seiner Karriere kämpft, hat sich Carreño Busta mit seinem beständigen Spiel auf Rang 14 der Welt festgesetzt.

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Bei den Canadian Open in Montreal, Teil der ATP Tour Masters 1000, kann der Spanier kürzlich siegen und damit seinen größten Karriereerfolg feiern. Der 31-Jährige mag nicht der charismatischste oder aufregendste Spieler im Spitzentennis sein, aber unangenehm zu spielen ist er, zumal er bei den US Open 2020, also bei jenem Turnier, das Thiem für sich entscheidet, bis ins Halbfinale vordringt. Bereits 2017 steht der Asturier unter den besten Vier.

Top 100 sind Thiems Ziel

Alles andere als ein Sieg von Carreño Busta wäre trotz Thiems Vita eine handfeste Überraschung. Wie steinig der Weg für den Niederösterreicher ist, hat sich in den vergangenen Wochen schon gezeigt. Eigentlich wollte er bei den Turnieren in den USA seine ATP-Ranglistenposition stetig verbessern. Doch nach einem zwischenzeitlichen Platz in den Top 200 liegt er nun wieder außerhalb dieser.

"Das Ziel für das Jahr sind die Top 100", erklärt Thiem noch im Juli. Dieses Ziel hat er sich gesetzt, damit "ich ohne irgendeine Hilfe in Australien im Hauptbewerb bin". Ein hartes Stück Arbeit für den einstigen Spitzenspieler.

Verwendete Quellen:

  • ATP-Erklärung zum "Protected Ranking"
  • tennisnet.com: "Dominic Thiem - Rückkehr in die Top 100 als erklärtes Saisonziel"
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