Die Nummer eins schien greifbar, doch Alexander Zverev hat gerade eher mit sich selbst zu tun. Er steckt in einer echten Krise.
Alexander Zverev knabberte auf seiner Unterlippe herum, die Stirn in Falten gelegt, die Arme vor der Brust verschränkt. Deutschlands bester Tennisspieler sollte über seine Chancen auf Platz eins der Weltrangliste sprechen, doch die Lust darauf ist ihm mittlerweile abhanden gekommen. Ziemlich wenig denke er gerade über dieses Karriereziel nach - "weil ich einfach furchtbar spiele".
Die vergangenen Wochen waren bereits kompliziert für
Die schnelle Chance auf den Platz ganz oben hatte sich ja überhaupt erst eröffnet, weil
Dabei war er so angriffslustig und auch erfolgreich in die Saison gestartet. Bei den Australian Open zog er ins Endspiel ein, griff wieder nach dem ersten Grand-Slam-Titel seiner Karriere, musste sich aber Sinner deutlich geschlagen geben. Es folgten frühe Abschiede bei den Turnieren in Buenos Aires, Rio de Janeiro und Acapulco - und mittlerweile stellt sich die Frage, ob die neuerliche Enttäuschung von Melbourne vielleicht Spuren hinterlassen hat.
Ein bisschen von allem
"Keine Ahnung", sagt Zverev, "vielleicht ein bisschen. Aber ich kann jetzt hier sitzen und Ausreden suchen - momentan spiele ich einfach kein gutes Tennis." Eine Erklärung für sein Formtief habe er nicht. Griekspoor, Nummer 43 der Welt, habe "ein gutes Match gespielt, keine Frage, aber ich muss auf mich schauen." Es gehe um seinen ersten Aufschlag, der sei "furchtbar", es gehe auch um sein Spiel von der Grundlinie: "Es ist ein bisschen von allem."
Für Zverev ist die Chance, die sich durch Sinners Zwangspause aufgetan hat, zweifellos eine historische. Boris Becker ist der einzige Deutsche, der ganz oben in der Männer-Weltrangliste stand, und das ist mehr als 30 Jahre her. Eine Konstellation, die durchaus hemmen kann. Zverev möchte seiner Krise nun mit harter Arbeit begegnen. "Einfach viel trainieren", sagt er, "bisher macht es nicht klick. Ich muss wieder einen Weg finden."
Immerhin, aber das wird kaum ein Trost sein, ist Zverev in bester Gesellschaft. Auch Novak Djokovic, Grand-Slam-Rekordchampion, Indian-Wells-Rekordsieger und Nummer-eins-Rekordhalter, verlor in der Wüste Kaliforniens ungewohnt früh. Nach dem 2:6, 6:3, 1:6 gegen den niederländischen Lucky Loser Botic van de Zandschulp gab der Serbe zerknirscht zu: Er habe "keine Entschuldigung für diese Leistung. Es fühlt sich nicht gut an, wenn man so auftritt." (SID/bearbeitet von tar) © SID