Thomas Morgenstern hat seine Karriere beendet: Diese Meldung sorgte im September für Bestürzung im Skizirkus. Wir haben mit einem der erfolgreichsten Skispringer schlechthin im Interview über seinen Rücktritt, tiefsitzende Ängste und seine Tochter Lilly.
Herr Morgenstern, welcher war der wichtigste Moment in Ihrer Karriere?
Thomas Morgenstern: Der wichtigste Moment war sicher der Zeitpunkt nach dem Sturz am Kulm, als feststand, dass ich keine bleibenden Schäden davontragen werde.
Wird man die Angst nach einem Sturz wieder los?
Das kommt ganz auf den Sturz an und auf die Auswirkungen, die der Sturz auf den Körper hat. Ich habe viele "normale" Stürze in meinem Leben gehabt, bei denen ich gleich danach wieder auf die Schanze gegangen bin. Bei meinem letzten Sturz ist das Wildeste passiert, was passieren kann. Ich habe hart daran gearbeitet, darüber hinweg zu kommen. Grundsätzlich wird man nach so einem Crash die Angst nie ganz los. Man kann nur versuchen, sie so gut wie möglich zu minimieren, sie anzunehmen und damit zu leben.
Dachten Sie schon früher, etwa nach dem Sturz bei der WM 2009, an Rücktritt?
Das erste Mal eigentlich nach der Saison 2010/11. Nach diesem Winter hatte ich sportlich alles erreicht, was ich mir erträumt habe. An so einem Punkt fängt man an,
sich Gedanken zu machen. Schlussendlich war Skispringen meine große Leidenschaft und deshalb habe ich damals gerne weitergemacht.
Was sagen denn Ihre ehemaligen Teamkollegen zu Ihrem Rücktritt?
Die Jungs haben zunächst einmal nicht damit gerechnet. Ihre erste Reaktion war, dass ich ihnen im Team abgehen werde. Sie können die Entscheidung aber nachvollziehen und glauben, dass es der richtige Schritt war.
Würden Sie nach Ihren beiden schweren Stürzen von 2013 und 2014 sagen, dass die Verantwortlichen noch mehr in die Sicherheit des Skisprung-Sports investieren könnten?
Bei diesen Stürzen hat man gesehen, wie gefährlich Skispringen sein kann, auch wenn sie rein gar nichts mit mangelnder Sicherheit zu tun hatten. Es gibt natürlich immer Verbesserungsmöglichkeiten. Am wichtigsten ist es, darauf zu achten, unter welchen Bedingungen ein Wettkampf durchgeführt wird.
Sind Sie insgesamt mit dem Weltcup, so wie Sie ihn verlassen, zufrieden?
Skispringen hat sich in vergangenen 10 bis 15 Jahren extrem weiterentwickelt. Man versucht, Chancengleichheit in einem Freiluftspurt zu gewährleisten und das ist prinzipiell eine gute Sache. So wie es früher einmal war, dass derjenige gewinnt, der am weitesten springt, das wird es nicht mehr geben.
Welche beruflichen Pläne stehen nun für Sie an?
Da ist noch nichts entschieden. Es gibt viele Möglichkeiten, viele Dinge, die mich interessieren, vor allem im Bereich Sport. Das Thema Fliegen reizt mich nach wie vor sehr.
Was war der bewegendste Moment in Ihrem Leben?
Die Geburt meiner Tochter Lilly.
Was wünschen Sie sich denn, das Ihre Tochter einmal sagt, wenn sie von ihrem Vater spricht?
"Er war für mich der beste Papa, den ich mir vorstellen kann."
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