Jetzt gibt es keine Ausrede mehr: Deutschland muss sich bei der WM 2014 den Titel holen. Zauberfußball gegen Brasilien (7:1) und Portugal (4:0) sowie hart erkämpfte Siege wie gegen Algerien (2:1 nach Verlängerung) - die DFB-Elf hat alles im Repertoire. Fünf Gründe, warum Deutschland 2014 nun endlich Weltmeister wird.
1. Das deutsche Team ging aus Niederlagen gestärkt hervor
Was für bittere Momente die deutsche Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren verkraften musste. Bei drei Weltmeisterschaften in Folge (2002 bis 2010) ist sie mindestens ins Halbfinale eingezogen. 2002 stand sie im Finale gegen Brasilien und verlor, bei den beiden WMs danach war jeweils im Halbfinale Schluss. Bei der EM 2012 war ebenfalls im Semifinale Endstation. Bei der EM 2008 scheiterte sie sogar erst im Finale an Spanien. Wie oft haben wir unsere Elf mit hängenden Köpfen und Tränen in den Augen den Platz verlassen sehen? Zu oft.
Doch diese Zeiten sind vorbei. Diese bitteren Erfahrungen haben die deutsche Nationalmannschaft nur stärker gemacht. Das war bereits beim Anstoß im Spiel gegen Brasilien zu sehen. Spieler wie Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger standen im Gegensatz zu ihren Gegnern mit einem Lächeln auf dem Platz. Von Nervosität war nichts zu sehen, die Vorfreude überwiegte. Ihr Auftreten, ihre Körpersprache zeigte: Diese Mannschaft ist reif und abgezockt. Die DFB-Elf kennt diese Alles-oder-nichts-Situationen - und weiß endlich, wie sie damit umgehen muss.
Großen Anteil daran haben auch die Finalniederlagen des FC Bayern München in der Champions League. 2010 und noch bitterer beim "Finale dahoam" 2012 verloren die FCB-Spieler das Endspiel – und gingen aus diesen Rückschlägen ebenfalls gestärkt hervor. Die Belohnung: der Champions-League-Triumph 2013. Auch diese Erfahrungen der Bayern-Spieler, die das Grundgerüst der deutschen Nationalmannschaft bilden, fließen mit ein.
2. Jogi Löw hat nicht nur einen Plan A
Jogi Löw hat das Amt als Bundestrainer 2006 nach dem "Sommermärchen" übernommen. Er hatte acht Jahre Zeit, das deutsche Team zu formen, das richtige System und die richtigen Spieler dafür zu finden. Oft wurde ihm nachgesagt, dass er keinen Alternativplan habe, wenn es mal nicht läuft. Diesen Kritikern hat er bei dieser WM das Gegenteil bewiesen.
Der Bundestrainer presst seine Spieler nicht in ein vorgegebenes System. Für jeden Gegner hat er ein anderes Rezept. Mal spielte Löw mit einem echten Stoßstürmer wie Miroslav Klose, mal spielte Thomas Müller als falsche Neun. Diese Systemumstellungen zahlten sich aus.
Außerdem hat er auch beim Einsatzgebiet seiner Spieler einen Plan B. Wenn Löw das Gefühl hatte, Philipp Lahm im defensiven Mittelfeld zu brauchen, ließ er ihn dort spielen. Gegen Mannschaften wie Frankreich und Brasilien, die deutlich offensiver agieren wie Algerien, verfrachtete er seinen Kapitän auf die Rechtsverteidiger-Position. Löw schob dazu Jerome Boateng zwischen der Innen- und Außenverteidiger-Position hin- und her. Auch wenn das eine oder andere Spiel wie das 2:2 gegen Ghana oder das 2:1 gegen Algerien nach Verlängerung knapp ausging: Der Erfolg gibt Löw Recht.
3. Deutschland hat die stärkste Bank
Jogi Löw betonte während der WM immer wieder, dass er in jedem Spiel "alle 14 Spieler" brauche, um zu gewinnen. Damit lag er bisher richtig. Bestes Beispiel dafür ist Andre Schürrle. Er hat sich die Bezeichnung Edeljoker redlich verdient. Immer wenn er von der Bank ins Spiel kam, sorgte er in der gegnerischen Defensive für Alarm. Drei Jokertore bei dieser WM sprechen für sich.
Auch Per Mertesacker, der zu Beginn der WM noch einen Stammplatz als Innenverteidiger hatte, ist solch ein Beispiel. Deutschland hat in Mats Hummels, Jerome Boateng und Mertesacker drei Top-Innenverteidiger im Kader. Dadurch kann sich Löw sogar erlauben, auf dieser Position munter umzubauen. Wenn ein kopfballstarker, ballsicherer Spieler gebraucht wird, spielt Mertesacker. Wenn die deutsche Mannschaft mit flinken Gegenspielern wie den Franzosen Karim Benzema rechnen muss, spielt der beweglichere Jerome Boateng.
Außerdem sitzen unter anderem noch Top-Spieler wie Mario Götze oder Lukas Podolski auf der Bank, die wohl bei fast jeder anderen Nationalmannschaft Stammspieler wären. Aus diesem Kader auszuwählen, ist einfach nur Luxus.
4. Diese deutsche Mannschaft ist ein Team
"11 Freunde müsst ihr sein", lautet der Titel eines berühmten Fußballromans. Die DFB-Elf toppt diese Anforderung sogar. Selten präsentierte sich eine deutsche Nationalmannschaft so geschlossen. Viele Spieler kicken seit Jahren zusammen in der Nationalelf, viele sogar in demselben Verein. Dieses Team hat zusammen Höhen und Tiefen erlebt. Diese Erfahrungen hat die Elf zusammengeschweißt.
Der personalisierte Teamgeist ist Per Mertesacker. Trotz verlorenem Stammplatz fiebert und jubelt er auf der Bank mit, reicht seinen ausgelaugten Mitspielern die Trinkflaschen und hebt in Interviews den Teamgeist hervor. Die Spieler schätzen diesen Einsatz für das Team. Bastian Schweinsteiger betonte noch vor dem Halbfinalspiel gegen Brasilien: "Es geht hier nicht um eine Person, auch bei Per nicht. Es geht darum, dass Deutschland Weltmeister wird, deshalb sollte das Kollektiv und nicht der Einzelne im Mittelpunkt stehen."
Auch Ersatzspieler wie Roman Weidenfeller oder Kevin Großkreutz, die bei dieser WM noch nicht zum Einsatz kamen, ordnen sich dem Teamgedanken unter. Keiner mault, dass er nur auf der Bank sitzt. In sozialen Netzwerken posten die DFB-Spieler regelmäßig Bilder, auf denen auch Weidenfeller und Großkreutz zu sehen sind. Sie grinsen, albern rum und jubeln. Die Ersatzspieler gehören zum Team dazu.
5. Spanien ist raus, deswegen wird Deutschland Weltmeister
Dieser Grund klingt erst einmal irritierend. Doch das Scheitern des Weltmeisters in der Vorrunde ist für Deutschland die Chance, Spaniens Platz einzunehmen. Deutschland hatte in den Jahren zuvor das Pech, dass seine "goldene Generation" zeitgleich mit der spanischen heranwuchs. Doch der entthronte Weltmeister hat seinen Zenit überschritten, das deutsche Team hingegen ist dort noch nicht angelangt.
Spanien krönte sich 2010 zum Weltmeister, 2008 und 2012 zum Europameister. Deutschland hatte zweimal das Pech (2008 im Finale und 2010 im Halbfinale) auf starke Spanier zu treffen – und an ihnen zu scheitern. Bei der WM 2014 kann das dem deutschen Team nicht mehr passieren.
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