Als erste Mannschaft in der Geschichte der umstrittenen Relegation zwischen dem Sechzehnten der Bundesliga und dem Dritten der 2. Liga hat sich eine Mannschaft durchgesetzt, ohne eines der beiden Spiele zu gewinnen. Das ist symptomatisch für die Saison des Hamburger SV.
Die schlimmste Saison der Vereinsgeschichte endet mit der Punktlandung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Die letzten sieben Spiele hat der Hamburger SV nicht mehr gewonnen und darf sich trotzdem auch im 52. Jahr in Folge Bundesligist nennen - der ebenfalls umstrittenen Auswärtstorregelung sei Dank.
Die Erleichterung nach Wochen der Qual war verständlicherweise riesengroß - mit ihr schwimmt aber noch am Abend der Rettung die Befürchtung mit, dass die Hamburger nun im selben Trott weiter vor sich hin werkeln wie bisher. Denn wenn diese Spielzeit etwas nochmals mit Nachdruck bewiesen hat, dann, dass es dem Klub an Leitlinien, einer vernünftigen Werteskala und einem grundsätzlichen Leistungsgedanken fehlt.
Ein Schuss vor dem Bug
Diese gebrauchte Saison muss in sportlicher, aber auch struktureller und finanzieller Hinsicht als allerletzter Schuss vor den Bug realisiert werden. Der HSV muss sich verändern: Der wild zusammengestellte Kader muss entschlackt, die Satzung überarbeitet und neue Gelder generiert werden. Zuletzt häufte der HSV in drei Jahren über 20 Millionen Euro neue Verluste an. Insgesamt bewegen sich die Verbindlichkeiten im dreistelligen Millionenbereich.
Es genügt längst nicht mehr, sich einen Präsidenten wie Carl-Edgar Jarchow als eine Art Frühstücksdirektor zu leisten und dazu einen Aufsichtsrat, der sich am liebsten selbst inszeniert. Dafür ist das Geschäft zu schnelllebig geworden, es hat den Dino längst überholt.
Es braucht unpopuläre Entscheidungen
Das Schlimmste wäre nun, die Erkenntnisse dieser Saison nicht penibel und schonungslos aufzuarbeiten und gegebenenfalls auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Am kommenden Sonntag entscheidet eine außerordentliche Mitgliederversammlung über das Wohl und Wehe der Initiative "HSV Plus" und damit, welcher Zukunft der Klub entgegensteuert.
Der eben noch verhinderte Frontalaufprall muss jetzt als Chance begriffen werden, auf allen Ebenen eine Neuausrichtung anzustreben, sich zu professionalisieren und auch die eine oder andere Personalentscheidung zu überdenken. Ansonsten ist das mit dem Abstieg allerhöchstens aufgeschoben.
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