Der deutsche Amateursport gehört zu den Opfern des Teil-Lockdowns. Im Gegensatz zum Profisport, etwa im Fußball, ruht der Spielbetrieb bei den Amateuren. Die Vereine kämpfen um ihre Existenz.

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Beim VfB Auerbach liegt die Hoffnung auf der Gemeinde. Der Verein aus dem beschaulichen Vogtland hat aktuell 400 Mitglieder. Geht es nach dem sportlichen Leiter Volkhardt Kramer soll sich diese Zahl am besten verdoppeln. "Wir intensivieren die Mitgliederwerbung", erzählt er im Gespräch. "Bambinis sollen Anmeldezettel mit nach Hause nehmen, an Oma, Opa, Uroma, Uropa geben."

Die Rechnung ist einfach: 400 neue Mitglieder würden bei einem Monatsbeitrag von fünf Euro insgesamt 2.000 Euro in die Kassen spülen. Für den Regionalligisten wäre das schon ein nicht zu unterschätzender Betrag im Etat. Der Spielbetrieb ruht aktuell in Auerbach wie auch bei den meisten anderen Regionalligisten in Deutschland. Zuletzt spielte der VfB am 28. Oktober. Das Ausbleiben von Spieltagseinnahmen wird unweigerlich an der finanziellen Substanz zehren.

Gespräche mit den Ministerien laufen

In Auerbach wie andernorts wird deshalb nicht nur auf die Unterstützung aus der Gemeinde, sondern auch aus der großen Politik gehofft. Im Freistaat Sachsen ziehen die fünf Regionalligisten, darunter Auerbach, an einem Strang. Gespräche mit den Ministerien laufen, erste positive Signale sind gesendet. "Wir gehen davon aus, dass die Förderung konkretisiert wird", erzählt Kramer.

Seine Hoffnung ist, dass die Regionalligisten als Profis oder zumindest Semi-Profis anerkannt werden und damit eine Behandlung wie in der Bundesliga erfahren. Während in Auerbach die Spieler noch anderen Tätigkeiten nachgehen, ist der Profistatus beispielsweise beim Nachbarn aus Chemnitz unbestritten. Auch dort versuchen die Verantwortlichen momentan, neue Einnahmequellen zu erschließen.

"Gemeinsam mit unseren Fans haben wir die Aktion 'Soli-Ticket' initiiert. Diese verkaufen wir über den Fanshop in verschiedenen Preiskategorien", erzählt die Vorstandsvorsitzende Romy Polster. "Darüber hinaus planen wir weitere kleine Aktionen rund um die Weihnachtszeit. Auch sind wir im permanenten Austausch mit unseren treuen Sponsoren und der Stadt, um die einnahmenlose Zeit zu überbrücken."

Geisterspiele sind keine langfristige Lösung

In Gesprächen mit Verantwortlichen betonen nahezu alle, dass sie die Belange des Fußballs nicht über das Wohlergehen der Gesellschaft stellen. Trotzdem wünschen sie sich natürlich eine Rückkehr auf den Rasen. "Es plagt uns die Sorge um die Weiterführung der aktuellen Spielzeit und es stehen natürlich auch Begegnungen im Pokalwettbewerb an, die jetzt nicht gespielt werden können. Sollte sich an den Lockdown ein Winter mit Eis und Schnee anschließen, wird es schwierig, alle Spiele nachzuholen", erklärt Thoralf Höntze, Vorstand vom SV Babelsberg. "Es wird in jedem Fall eine extrem große Belastung für unsere Spieler und das medizinische Personal."

Doch auch eine baldige Rückkehr auf den Rasen wäre unter den gegebenen Umständen mit Problemen verbunden. "Selbst Heimspiele mit einer stark begrenzten Zuschauerzahl sind unwirtschaftlich, da spieltagsbezogene Kosten, wie für Sicherheit und Hygienemaßnahmen, somit nur zum Teil gedeckt werden können", sagt Polster.

Die Regionalligisten finanzieren sich zu einem großen Teil aus den Einnahmen durch Ticket- und Merchandise-Verkäufe. Die Fernsehgelder hingegen sind keine allzu signifikante Größe. Auerbachs Kramer berichtet von rund 10.000 Euro, die pro Jahr in die Kasse kommen. In der 3. Liga, der nächsthöheren Spielklasse, belaufen sich die Gelder hingegen auf eine Million Euro. Diese Diskrepanz war auch schon vor der Pandemie ein heiß diskutiertes Thema.

Im Westen rollt der Ball

Es ist nur logisch, dass die Regionalligisten neidisch auf die 3. Liga schauen. Aber auch innerhalb der vierten Spielklasse herrschen keine gleichen Verhältnisse. Während in den Staffeln Nord, Nordost, Südwest und Bayern der Ball nicht rollt, wird in der Regionalliga West weiterhin gespielt. Nach Rücksprache mit der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen wurde Anfang des Monats festgelegt, dass die Liga als Spielklasse mit professionellen Strukturen anzusehen sei und nicht in den Amateurbereich falle.

Zudem stellt das Land NRW einen 15-Millionen-Euro-Fonds zur Unterstützung seiner Vereine zur Verfügung. "Dass es finanzielle Hilfe durch das Land gibt, ist eine großartige Nachricht für uns, dafür hat unser Verband lange gekämpft", sagt Marcus Uhlig, Vorstand von Rot-Weiß Essen.

"Bis Ende November können die Vereine nun ihre Zahlen einreichen. Nach der Prüfung werden die Unterstützungsleistungen dann ausgezahlt. In welchem Umfang und wann dies genau der Fall sein wird, ist noch unklar. Wir gehen aber davon aus, dass wir einen mittleren, sechsstelligen Betrag erhalten werden."

Dieser Betrag wird benötigt, denn die Fortsetzung des Spielbetriebs deckt bei weitem nicht alle Kosten beim Traditionsverein. "Unser Geschäftsmodell, von dem wir leben, sind zahlende Zuschauer, die im Stadion Speisen und Getränke konsumieren oder Fanartikel kaufen. Und genau das können wir momentan leider nicht anbieten", erklärt Uhlig.

Ob nun beim bekannten RWE oder beim kleinen VfB aus Auerbach, die Situation in Deutschlands vierthöchster Fußballklasse bleibt angespannt, genau wie auch im restlichen Amateursport der Bundesrepublik.

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