Ausgerechnet im Endspiel des Confed Cups zwischen Chile und Deutschland kam es trotz des Videobeweises zu einer Fehlentscheidung des Unparteiischen: Obwohl die Bilder die Tätlichkeit des Chilenen Gonzalo Jara zeigten, gab es nur die Gelbe Karte. Wie konnte das geschehen? Und war das überhaupt zulässig?

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Meine Meinung
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Das Finale des Confed Cups zwischen Chile und Deutschland (0:1) war etwas mehr als eine Stunde alt, da kam es an der Seitenlinie zu einem heftigen Zweikampf zwischen Gonzalo Jara und Timo Werner.

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Der Chilene fuhr dabei plötzlich den Ellenbogen aus und traf den Leipziger voll im Gesicht. Mit einem Einsatz um den Ball hatte diese Aktion erkennbar nichts zu tun. Schiedsrichter Milorad Mažić übersah sie allerdings - er entschied lediglich auf Einwurf.

Deshalb schaltete sich über Funk der Video-Assistent ein, wie es die Regularien vorsehen, wenn der Verdacht besteht, dass dem Unparteiischen ein platzverweiswürdiges Vergehen entgangen ist.

Keine Tätlichkeit, sondern nur rücksichtslos?

Nach einem kurzen Gespräch über das Headset lief der Referee an den Spielfeldrand, um sich die Szene noch einmal selbst anzuschauen. Als er auf den Platz zurückkehrte, rechneten wohl alle, die in der Zwischenzeit die Zeitlupen gesehen hatten, mit einer Roten Karte für Jara.

Zur allgemeinen Überraschung zeigte der serbische Schiedsrichter aber nur Gelb. Offenbar hatte er keinen bewussten Schlag erkannt, also keine Tätlichkeit und auch kein brutales Spiel. Sondern regeltechnisch betrachtet bloß einen rücksichtslosen Körpereinsatz, der lediglich eine Verwarnung nach sich zieht.

Ein mehr als zweifelhaftes Urteil, denn eine solche Entscheidung gaben die Bilder nicht her. Ein Fehler also trotz der Sichtung des Videomaterials.

War Gelb für Jara überhaupt möglich?

Viele Betrachter wunderten sich zudem darüber, dass beim Videobeweis in einer rotverdächtigen Situation überhaupt eine nachträgliche Gelbe Karte herauskommen kann.

Denn hieß es nicht, nach der Prüfung einer solchen Szene gebe es nur zwei Möglichkeiten, nämlich entweder den Feldverweis oder den Fortbestand der ursprünglichen Entscheidung?

Sollte Milorad Mažić also über seine fragwürdige Wahrnehmung hinaus auch die Anweisungen falsch verstanden oder falsch angewendet haben?

Ein Hinweis findet sich im Protokoll des International Football Association Board (Ifab), also der obersten Regelhüter, zum Einsatz des Videobeweises. Dort heißt es: "Am Ende des Prüfungsvorganges fällt der Schiedsrichter die endgültige Entscheidung und zeigt das Ergebnis der Prüfung eindeutig an, trifft/ändert/widerruft jegliche Disziplinarmaßnahme (falls zutreffend) und stellt die korrekte Fortsetzung des Spiels sicher."

Wie die Regularien zu verstehen sind

Das Wort "jegliche" ist dabei eigentlich nur so zu verstehen, dass bei der Sichtung einer platzverweisverdächtigen Situation auch eine Gelbe Karte das Ergebnis sein kann, wenn sich der Rotverdacht nicht erhärtet.

Das würde also bedeuten: Eine Verwarnung wird nur dann überprüft, wenn eine noch härtere Strafe im Raum steht, nicht aber, wenn sie möglicherweise zu Unrecht ausgesprochen wurde.

Umgekehrt kann es demnach aber passieren, dass ein Spieler, der ursprünglich ungeschoren davonkam, nach der Prüfung, ob er ein rotwürdiges Vergehen begangen hat, (nur) eine Gelbe Karte erhält.

Dem Referee entglitt die Kontrolle

Nach der fragwürdigen Interpretation der Videobilder und der daraus resultierenden zu milden Strafe für Jara glitt dem Schiedsrichter die Partie allmählich aus den Händen. Bis dahin hatte er die umkämpfte und manchmal hitzige Begegnung gut unter Kontrolle.

Auch das Scharmützel zwischen den beiden Bayern-Spielern Joshua Kimmich und Arturo Vidal löste er mit einer Gelben Karte für beide vertretbar auf. Milorad Mažić bemühte sich um Ruhe und bewahrte lange Zeit die Übersicht.

Nach dem Videobeweis schwand seine Souveränität jedoch zusehends. Die Partie wurde immer hektischer und giftiger, es mangelte zunehmend an Respekt gegenüber dem Schiedsrichter.

Mažić versuchte, die Begegnung mit Gelben Karten wieder in den Griff zu bekommen, doch er wirkte verunsichert. Es schien, als hätten ihn die Differenzen mit dem Video-Assistenten aus dem Konzept und der Konzentration gebracht.

Ein Argument gegen den Videobeweis als solchen ist das jedoch nicht. Sondern nur ein Zeichen dafür, dass seine Anwendung in der Praxis noch etwas unausgereift ist. Das aber sollte sich ändern lassen. Der Confed Cup war ja nur ein Testlauf.

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