Der DFB als größter nationaler Sportverband der Welt stellt mit 4.000 Frauen auch die meisten Trainerinnen in den UEFA-Nationalverbänden. Doch in der Spitze sind Frauen dennoch zu selten vertreten. Das soll sich ändern, finden auch die Herren.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Im Fußball heißt es ja gern mal: Elf Freunde sollt ihr sein. Aber wie sieht es mit elf Freundinnen aus? Geht es um die Absolventinnen der UEFA-Pro-Lizenz (früher Fußball-Lehrer-Lizenz) so kommen beim DFB in den letzten zehn Jahren lediglich neun weibliche Teilnehmende zusammen.

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Jana Menzel, Inka Grings, Katja Greulich, Ailien Poese, Theresa Merk, Imke Wübbenhorst, Sabrina Eckhoff, Kim Kulig und Marie-Louise Eta. Das sind die neun Absolventinnen seit 2015, die – mal als einzige Frau, mal im Duo – die Lizenz erworben haben. Seit der Umstrukturierung der Ausbildung 2022, mit der eine von 25 auf 16 verkleinerte Gruppengröße einherging, war mit Marie-Louise Eta, letzte Saison zeitweise Co-Trainerin bei Union Berlin, bislang lediglich eine Frau dabei.

Eben jene Marie-Louise Eta gehörte nun beim ersten UEFA-Trainerinnen-Karriereforum am Campus des DFB zu jenen, die als Vorbild auf der Bühne saß, gemeinsam mit Sabrina Wittmann. Sie trainiert ab dieser Saison die Männer des 1. FC Ingolstadt, als erste Cheftrainerin im Profifußball der Männer. Beide haben mit ihrer Arbeit im Fußball der Männer Schlagzeilen gemacht und sind damit ungefragt in eine Rolle gekommen, die durchaus auch neue Verantwortung mit sich bringt.

Die Rolle als Vorbild angenommen

Dass der Zusatz "der Männer" beim Karriereforum unter den Tisch fiel und Eta als "erste Trainerin in der Champions League" betitelt wurde, geschenkt. Es ist dem DFB durchaus zugute zu halten, dass er die Veranstaltung mit der UEFA aus der Taufe gehoben hat. Trotzdem spricht es schon Bände, wenn DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig erzählt, in seinen 30 Jahren "im Fußball der Herren" habe er den "Frauenmarkt" nie "durchdrungen", sprich: Nie nach Frauen geschaut.

Es habe, scherzt und entschuldigt er sich gleichzeitig, "Zeit und Muße" gefehlt. Dietmar Beiersdorfer, Geschäftsführer in Ingolstadt, beteuert: "Man hat keine Frauen oder Mädels groß vorgefunden. Die waren einfach nicht da." Beide unterstreichen dazu immer wieder: Frauen müssten sich nur trauen. Eine, die sich definitiv traut, ist UEFA-Frauenfußball-Direktorin Nadine Keßler: "Ich glaube nicht, dass es am Mut liegt, ganz ehrlich", hält sie den Herren entgegen. "Ich glaube, es liegt daran, dass wir es nicht ganzheitlich angehen." Stipendien nutzten nichts, wenn am Ende die Jobs fehlten.

Es geht nur mit gegenseitiger Unterstützung

Nach dem Offiziellen-Trio teilten sich Eta, Wittmann und Nadine Nurasyid, einst erste Trainerin der German Foofball League, die Bühne. Allen Dreien ist die Leidenschaft für ihre Jobs anzumerken, die sie letztlich genauso selbstverständlich ausüben möchten wie die männlichen Kollegen. Anzumerken ist ihnen aber auch, dass sie ihre Rolle als Vorbilder inzwischen mehr und mehr annehmen, weil die Sichtbarkeit, die sie aktuell erfahren, hilft, den Weg zu ebnen für eine größere Selbstverständlichkeit und mehr Frauen. Denn die braucht es im Fußball, auch dem der Männer, dringend – und zwar nicht, weil sie für eine "angenehme Atmosphäre" sorgen, wie Beiersdorfer noch beschreibt.

Am Ende schaltet sich aus dem Plenum Frederike Kromp ein, derzeit als TV-Expertin beim ZDF, um eine Teilnehmerfrage danach zu beantworten, was Eta und Wittmann ausgemacht habe auf ihrem Weg, wodurch sie sichtbar geworden seien: sogar für die männlichen Verantwortlichen. Sie erzählt, Wittmanns Leidenschaft habe alle hinweggefegt, betont aber auch etwas, was wohl alle Frauen im Raum an diesem Tag von Aussage zu Aussage spüren: Es geht für sie im Fußball in der momentanen Gemengelage nur, wenn sie sich gegenseitig unterstützen. Der Wunsch nach Selbstverständlichkeit ist groß, der Weg ist aber lang in Strukturen, die von Männern für Männer gedacht werden und für deren Veränderung es neben allen inhaltlichen Ansätzen wohl leider auch Geduld brauchen wird.

Was wieder zurückführt zu der Feststellung: Die Initiative für diese Veranstaltung war definitiv eine gute. Weil dabei am DFB-Campus Frauen einerseits auf Gleichgesinnte treffen, mit denen sie sich für die Zukunft vernetzen können. Und andererseits auf männliche Kollegen, die ausreichend Interesse am Thema haben, um ihm während der EM zwei Tage in Frankfurt zu widmen. Jeder Schritt zählt.

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