Unter Stefan Kuntz schwamm die U21-Auswahl des DFB über Jahre hinweg auf einer Erfolgswelle. Dreimal nacheinander erreichte die Mannschaft das Finale der EM. Dieses gewann sie 2017 und 2021. Zwei Jahre danach ist nach der Vorrunde Schluss. Kuntz benennt die Ursachen.

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Im Interview mit dem SID arbeitet der frühere Bundestrainer der U21, Stefan Kuntz, das blamable Abschneiden seiner ehemaligen Mannschaft bei der EM in Georgien und Rumänien auf. Angetreten als Titelverteidiger, belegte der Kader des DFB hinter England, Israel und Tschechien mit nur einem Punkt aus drei Begegnungen den letzten Platz in der Gruppe C.

Stefan Kuntz, machen Sie sich nach dem EM-Aus Sorgen?

Stefan Kuntz: "Ein bisschen. Das sind Entwicklungen, die man schon etwas länger im deutschen Fußball sieht. Es ist in Georgien nicht gelungen, zu zeigen, dass es nicht so ist. Es war eine Bestätigung des Trends."

Was war anders als 2021, als die Voraussetzungen ähnlich waren?

Ich glaube, es gab eine Idee mehr Verletzte. Antonio Di Salvo hatte nicht so viel Zeit, einen Stamm einzuspielen über all die Monate. Der größte Unterschied lag aber vielleicht nicht in der Spielzeit oder Qualität der Spieler, sondern in der Einstellung, in der Mentalität, im Charakter.

Irgendwann muss es Dir egal sein, was der Trainer sagt.

Was meinen Sie?

Irgendwann muss es dir egal sein, was der Trainer sagt. Wenn dich dein Gegner herspielt, musst du sagen: Pass mal auf, mit mir nicht. Niklas Dorsch, Salih Özcan und auch andere meiner Spieler haben damals irgendwann gezeigt, dass es so nicht geht, dass wir so ein Spiel gewinnen wollen. Das habe ich bei gar keinem gesehen, das hat mich ein bisschen überrascht.

Was können die Spieler trotzdem mitnehmen?

Die U21 ist beim Thema Leistungsfähigkeit der perfekte Spiegel. Es sind nur Gleichaltrige da, es gibt keine Ausreden. Dieser Spiegel zeigt, was ich kann und was nicht. Wenn jeder Spieler die Erkenntnisse aus dem Spiegel mitnimmt, dann war dieses Turnier schon für etwas gut, vor allem für die Selbsteinschätzung.

In Freiburg und bei Union Berlin ist Mentalität erkennbar.

Was muss der deutsche Fußball ändern?

Wer begeistert denn in der Bundesliga am meisten? Das sind der SC Freiburg und Union Berlin. Weil dort Mentalität erkennbar ist, oder wie auch immer man das nennen will - Einstellung, Charakter. Wir müssen dahin zurückkommen. Und es ist auch ein Speedproblem, da waren uns einige überlegen, nach wie vor. Wir müssen uns weiter im Eins gegen Eins verbessern, offensiv und defensiv.

Sind da die Nachwuchsleistungszentren gefordert?

Die NLZ's bilden für die Philosophie ihres Vereins aus. Ein wichtiger Gradmesser ist, wie viele Spieler am Ende Bundesliga oder 2. Bundesliga spielen. Dazu haben wir ein gesellschaftliches Problem, das ist das schwierigere. Wir nehmen den Kindern alles ab, jeden Konflikt. Je früher du anfangen musst, Konflikte zu lösen, umso eher bilden sich die Charaktere. Wenn dir das abgenommen wird, hinkst du in der Entwicklung hinterher."

Zum Abschluss: Ist Antonio Di Salvo der richtige Mann für die EM 2025?

Ja, absolut.

(sid/hau)


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