Die Profiklubs haben sich gegen den umstrittenen Einstieg eines Investors bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) ausgesprochen. Der Deal sollte zwei Milliarden Euro bringen.
Der geplante Einstieg eines Investors bei einer neuen Tochtergesellschaft der Deutschen Fußball Liga ist vom Tisch. Ein entsprechender Antrag erhielt bei der mit Spannung erwarteten außerordentlichen Mitgliederversammlung am Mittwoch in Frankfurt am Main nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit unter den 36 Erst- und Zweitligisten, wie Teilnehmer nach dem Ende der Sitzung berichteten. Demnach habe es elf Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen gegeben.
Das Abstimmungsergebnis ist eine krachende Niederlage für die DFL-Führung um Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke und die zum 30. Juni scheidenden Interims-Geschäftsführer Axel Hellmann und Oliver Leki, die im Vorfeld für eine breite Zustimmung geworben hatten.
Die DFL hatte sich von dem Deal frisches Kapital in Höhe von rund zwei Milliarden Euro versprochen. In der organisierten Fanszene gab es seit Monaten großen Widerstand gegen die Pläne.
Investoren-Deal geplatzt: Kein neues Geld für die Bundesliga
Mit dem Geld sollte insbesondere die Gesamtvermarktung der Bundesliga, vorrangig im Ausland, gestärkt werden. Ein fester Betrag war ferner zur Finanzierung lokaler Infrastrukturprojekte der 36 Profivereine vorgesehen. Zudem sollten die Klubs rund 300 Millionen Euro zur freien Verfügung erhalten.
Der DFL-Plan sah vor, dass die nationalen und internationalen Medienrechte in eine Tochtergesellschaft namens DFL MediaCo GmbH & Co. KGaA ausgelagert werden sollten. Ein möglicher Investor, zuletzt waren von ursprünglich sechs Interessenten noch drei übrig geblieben, sollte dann 12,5 Prozent für eine Laufzeit von 20 Jahren an dem neuen Unternehmen erwerben.
Dieser Plan ist nun hinfällig, weil er bei dem Treffen in einem Frankfurter Flughafenhotel nicht genügend Befürworter fand. Bereits in den Wochen vor der Mitgliederversammlung hatte sich unter den Vereinen Widerstand gerührt.
"Der Prozess ist mit dem heutigen Tage zu Ende", betonte Watzke. "Wenn sich allerdings irgendwann die Meinung breitmachen sollte, dass wir uns hemmungslos verschulden sollten, um Wachstum anzuhäufen - viel Spaß. Ich mache das dann nicht mit", betonte der 63-Jährige.
Hans-Joachim Watzke erwartet Vorschläge der Gegner des Investoren-Deals
Das Thema Wettbewerbsfähigkeit sei "offensichtlich einigen nicht so wichtig, sonst hätte man die Barriere für die nächste Phase weggeräumt. Wir werden von denen, die nicht zugestimmt haben, in den nächsten Wochen konstruktive Vorschläge erhalten. Davon bin ich sehr, sehr überzeugt", führte der BVB-Boss sichtlich beleidigt und mit einer gehörigen Portion Galgenhumor aus.
Auch Hellmann kritisierte die Gegner direkt. Er habe in den Ligen "absoluten Konsens festgestellt, dass Investitionsbedarf besteht." Deshalb sei das Abstimmungsverhalten "erstaunlich". Mit "jedem Jahr, das vergeht, mit jeder Investition, die andere Ligen tätigen, wird es für uns immer schwieriger", führte der Interimsboss aus. Es sei nun an denjenigen, "die laut dagegen waren, die Frage zu beantworten, wo in Zukunft Sicherheit und Stabilität für die Bundesliga herkommt".
Die Tragweite des geplatzten Milliardendeals sei schon "zu erahnen", ergänzte Leki, werde aber vielen Klubs wahrscheinlich erst im Nachgang richtig bewusst.
Die Führungsetage zeigte dabei trotz geheimer Abstimmung mit dem Finger vor allem in Richtung der Zweitligisten. Es seien bei den Diskussionen "klare Unterschiede" zwischen 1. und 2. Liga deutlich geworden, betonte Watzke. Von "eigenem Baby" oder "persönlicher Niederlage" wollten weder der BVB-Boss noch Hellmann etwas wissen, doch ihr Unmut über den geplatzten Investoren-Deal war auf der Pressekonferenz im Raum Skyloft in jeder Sekunde zu spüren.
Kritiker hatten zu bedenken gegeben, dass sich ein möglicher Partner mit der Rolle des Zuschauers nicht begnügen werde. So warnte der Vorstand des 1. FC Köln in einem offenen Brief vor einem Deal mit einer Beteiligungsgesellschaft: "Ein Private-Equity-Investor wird immer auch bestimmte Mitbestimmungsrechte einfordern, um so die Rendite seines Investments zu schützen und aktiv zu steigern." Zudem wurde bemängelt, dass die DFL auf Zukunftserlöse zugreife, die den Vereinen in zehn bis 20 Jahren fehlen würden.
Der Präsident des FC St. Pauli fordert mehr Zeit
"Es ist von zentraler Bedeutung, alle Klubs in die Lage zu versetzen, die Tragweite eines solchen Deals nachvollziehen zu können", wurde Oke Göttlich in einer Pressemitteilung zitiert. "Dafür fehlte bei dem bisherigen Vorgehen die Zeit und der Raum", gab der Präsident des FC St. Pauli zu bedenken. Der 47-Jährige sitzt als Vertreter der Zweiten Bundesliga auch im DFL-Präsidium.
Göttlich sieht im gescheiterten Einstieg eines Investors die Chance für neue Wege. "Wir müssen erst eine klare Strategie entwickeln, gemeinsam und konstruktiv - und dann können wir diese gezielt finanzieren, um unsere klar definierten Ziele zu erreichen. Das Ergebnis und die kontroversen Debatten zeigen, dass es noch viel Klärungsbedarf und zu viele offene Fragen gab."
Bürgerbewegung feiert die Entscheidung der Mitglieder der DFL
Die Bürgerbewegung "Finanzwende" begrüßt den gescheiterten Investoren-Einstieg als "sehr gute Nachricht". Die DFL-Mitglieder hätten sich "für die Interessen der Fans" entschieden, wie Jorim Gerrard, Finanzmarktexperte der Gruppierung, in einem Statement schrieb: "Die Kommerzialisierung des Fußballs wird damit zwar nicht zurückgedreht, aber eine neue Dimension der Profitorientierung ist damit erfolgreich verhindert." Vor Beginn der Veranstaltung hatte "Finanzwende" Hellmann ein Protestdokument mit mehr als 9.000 Unterschriften überreicht.
"Der Erfolg zeigt außerdem, dass ein Vordringen der Finanzmarkt-Logik in alle Lebensbereiche kein Naturgesetz ist – mit genug Widerstand aus der Zivilgesellschaft lässt sich auch das ganz große Geld aufhalten", erklärte Gerrard nach der Entscheidung weiter.
Vorläufiges Ende der Solidarität zwischen den Vereinen
Von der viel gepriesenen Solidarität im deutschen Fußball dürfte nach dem 24. Mai 2023 jedenfalls nicht mehr viel übrig sein. Die Fronten scheinen endgültig verhärtet - die kommenden Monate versprechen extrem viel Spannung. Das machte Watzke deutlich: "Es soll uns keiner in der nächsten Zeit mit Solidar-Themen kommen." (dpa/sid/the/hau)
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