Das Last-Minute-K.o. von Union Berlin gegen Sporting Braga lässt nicht nur die Fans in einem Schockzustand zurück. Auch Spieler und Trainer hadern mit dem vermeintlichen Pleiten-Fluch. Lange können sich die Unioner damit jedoch nicht aufhalten

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Robin Gosens schimpfte und hämmerte sich unter den aufmunternden Gesängen der über 70.000 Fans im Olympiastadion immer wieder mit den Handflächen gegen die Stirn. "Haben wir irgendwie was falsch gemacht? Haben wir den Fußball-Gott irgendwie beleidigt, dass wir aktuell so behandelt werden?", fragte der ernüchterte Nationalspieler nach der dramatischen 2:3 (2:1)-Niederlage beim Champions-League-Heimdebüt gegen Sporting Braga.

Nach dem nächsten Nackenschlag droht den einstigen Überfliegern von Union Berlin das frühe Königsklassen-Aus, die nicht enden wollende Ergebniskrise lastet auf der Mannschaft wie ein antiker Fluch. "Ich bin schon ein paar Jahre dabei. Sowas wie aktuell habe ich noch nicht mitgemacht", sagte Star-Neuzugang Gosens im ZDF. Sechs Niederlagen (!) aus den vergangenen sechs Pflichtspielen, zwei Auftaktpleiten auf Europas größter Bühne: Selbst Trainer Urs Fischer lässt so eine Serie nicht kalt.

Fischer versucht, das Positive zu sehen

"Man fragt sich schon: Wie viele Schläge kann man einstecken?", so der Schweizer, den Bragas Siegtreffer durch Andre Castro in der vierten Minute der Nachspielzeit mitten ins Herz getroffen hatte. In der Champions-League-Gruppe C, in der als nächstes die SSC Neapel wartet, wird es mit dem Achtelfinale schon jetzt ganz schwer. Denn Union hatte schon die Premiere bei Real Madrid mit 0:1 verloren - ebenfalls durch ein Tor jenseits der regulären Spielzeit.

Können solche Traumata selbst die eisernen Unioner brechen? "Logisch ist die Sorge da, weil die Resultate den Leistungen nicht entsprechend sind. Aber das ist ja auch das Positive", sagte Fischer, der merklich versuchte, dem kollektiven Union-Blues entgegenzuwirken. Schließlich geht es schon am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in der Liga zum Vize-Meister. "Es gilt, so der Coach, "wieder aufzustehen, nach vorne zu blicken und zu versuchen, in Dortmund etwas mitzunehmen."

Union muss in Dortmund ran

Das Gastspiel beim BVB könnte in der Tat richtungweisend werden. Bei einer fünften Liga-Niederlage nacheinander wäre die Stimmung für die folgende Länderspielpause vollends am Boden, der Abstand zu den oberen Tabellenregionen, Union kommt aktuell auf sechs Zähler, würde immer größer. Forderte Geschäftsführer Oliver Ruhnert vor dem Braga-Spiel vom Team, endlich das nötige "Aha-Erlebnis" zu erzwingen, muss dies nun in Dortmund gelingen.

Neben der Verletzungen der wichtigen Stützpfeiler Rani Khedira und Robin Knoche, zudem fiel gegen Braga der belebende Dribbelkünstler David Fofana aus, ist die mangelnde Effizienz das Thema der vergangenen Wochen. Die Tor-Flaute beendete Sheraldo Becker (30./37.) zumindest mit seinem Doppelpack. Nachdem Sikou Niakate (41.) und der Ex-Leipziger Bruma (51.) die Portugiesen zurück ins Spiel gebracht hatten, rannte Union zwar toll an, vergab jedoch beste Torchancen auf den Sieg.

Mit Blick auf die kommenden Aufgaben war Gosens angesichts der Leistung zwischen Stolz und Enttäuschung hin- und hergerissen. "Sich dann wieder rauszukämpfen aus dem Sumpf, so viel Aufwand zu betreiben: Das ist groß, das ist stark", sagte der 29-Jährige, der damit die Reaktion nach dem Ausgleich lobte, am DAZN-Mikrofon - und wurde dann kritisch: "Da musst du dich einfach auch belohnen. Deswegen stehe ich hier mega angepisst." Der Union-Fluch dauert an. (sid/ska)



  © SID

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