Hertha BSC ist stocksauer auf Schiedsrichter Patrick Ittrich. Der nämlich ließ in der Partie gegen den FC Bayern ungewöhnlich lange nachspielen, sodass der Rekordmeister doch noch zum späten Ausgleich kam. Für die Entscheidung des Referees gibt es aber gute Gründe.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Meine Meinung
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Pal Dardai bemühte sich gar nicht erst, seinen Ärger zu verbergen. "So viel Nachspielzeit, das ist der Bayern-Bonus", sagte der Trainer von Hertha BSC kurz nach dem Schlusspfiff der hitzigen Partie zwischen seiner Mannschaft und der des Rekordmeisters aus München.

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In seiner ersten Enttäuschung über den Ausgleichstreffer der Gäste nach sage und schreibe 96 (!) Minuten reihte sich der Berliner Coach in die Schar derjenigen ein, die schon länger glauben, dass die Schiedsrichter die Bayern begünstigen.

Dabei waren es die Herthaner selbst, die für die in der Tat ungewöhnlich lange Nachspielzeit gesorgt hatten. Denn schon Mitte der zweiten Halbzeit waren einige von ihnen mit Krämpfen liegen geblieben und auf dem Platz behandelt worden. Auch bei einigen Spielfortsetzungen hatten es die Hausherren recht gemächlich angehen lassen.

Schiedsrichter Patrick Ittrich ließ den Vierten Offiziellen deshalb einen Nachschlag von fünf Minuten anzeigen.

Unfaires Spiel soll nicht belohnt werden

Als diese fünf Minuten abgelaufen waren, bemühten sich die Bayern gerade vehement, noch einmal in den Hertha-Strafraum zu gelangen. Die Unparteiischen sind seit jeher gehalten, einen solchen Angriff noch ausspielen zu lassen und nicht mittendrin abzupfeifen. Herthas Peter Pekarik beendete den Spielzug abrupt mit einer Grätsche gegen den durchgebrochenen Kingsley Coman. Dafür sah er zu Recht die Gelbe Karte.

Theoretisch hätte der Schiedsrichter die Partie nun beenden können. Denn rein regeltechnisch gibt es nur eine einzige Spielfortsetzung, die zwingend auch dann noch ausgeführt werden muss, wenn die Spielzeit bereits beendet ist – und das ist der Strafstoß. Doch in der Praxis lässt nahezu jeder Referee auch einen Freistoß in Tornähe noch zu. Schließlich soll der Gegner für sein unfaires Spiel nicht belohnt werden.

In der Nachspielzeit verzögerte Hertha weiter

Hinzu kam: In der Nachspielzeit hatten die Berliner noch zweimal ausgewechselt – und sich dabei alles andere als beeilt. Zudem hatten sich die Spieler der "Alten Dame" auch bei der Ausführung von Abstößen und Freistößen reichlich Zeit gelassen. Sie wollten den knappen 1:0-Vorsprung mit allen Mitteln über die Runden bringen, zur Not auch durch Spielverzögerungen.

Deshalb verlängerte Patrick Ittrich die Spielzeit ein weiteres Mal. Laut der Fußballregel 7 durfte er das auch. Denn dort heißt es: "Die zusätzliche Zeit kann vom Schiedsrichter erhöht werden, nicht jedoch gesenkt.“ Nach exakt 95 Minuten und 59 Sekunden traf Robert Lewandowski zum 1:1 für die Bayern. Es war das späteste Bundesligator seit dem Beginn der detaillierten Datenerfassung in der Saison 2004/05.

Bei der Pressekonferenz hatte sich Pal Dardai schon wieder beruhigt. Von einem "Bayern-Bonus" sprach er nun nicht mehr, sondern nur noch davon, dass der späte Punktverlust "schon sehr weh tut". Übrigens profitierte auch die Hertha in dieser Saison schon einmal von einer ungewöhnlich langen Nachspielzeit, und zwar gleich am ersten Spieltag: Da erzielte Julian Schieber den 2:1-Siegtreffer gegen den SC Freiburg in der 95. Minute.

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