Hamburger SV - VfB Stuttgart
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Fans des Hamburger SV müssen hart im Nehmen sein. Aus dem Bundesliga-Gründungsmitglied ist seit dem Abstieg 2018 ein Dauergast in der 2. Bundesliga geworden. Die sportliche Talfahrt des HSV hat sich in Etappen und mehreren dramatischen Spielen vollzogen. Ein Rückblick.
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Die Bundesligasaison 2013/14 beschließt der Hamburger SV auf dem Relegationsplatz. Das Nachsitzen gegen den Zweitliga-Dritten Greuther Fürth wird zur Nervenprobe. In seinem Heimspiel gelingt dem HSV am 15. Mai 2014 kein Tor. Trotz Stars wie Hakan Calhanoglu (r.) ...
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... und Rafael van der Vaart. Mit einem 0:0 geht es für den Bundesligisten nach Mittelfranken. Fürth muss nur noch zuschlagen.
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Am 18. Mai 2014 steht der Hamburger SV zu Spielbeginn sportlich am Abgrund und mit einem Bein in der Zweitklassigkeit. Doch schon nach 14 Spielminuten keimt Hoffnung auf. Torjäger Pierre-Michel Lasogga ist per Kopf zur Stelle. Nach diesem tollen Start benötigt nun Fürth zwei Tore, um ein Jahr nach dem Abstieg in die Bundesliga zurückzukehren.
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Mehr als der 1:1-Ausgleich durch Kapitän Stephan Fürstner in der 59. Minute aber gelingt den Platzherren nicht mehr. HSV-Trainer Mirko Slomka, der die Verantwortung erst nach dem 21. Spieltag anstelle Bert van Marwijks übernommen hat, darf sich als Retter feiern lassen.
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Slomka ist auf der Bank des HSV längst wieder Geschichte, als der Renommierklub ein Jahr später schon wieder in der Relegation ums sportliche Überleben kämpft. Gegner ist nun der Karlsruher SC. Die Hoffnungen ruhen unter anderem wieder auf Lasogga (M.).
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Der aber trifft nicht, und wieder, wie schon gegen Fürth zwölf Monate zuvor, springt für den Favoriten daheim nur ein Unentschieden heraus. Das sichert nach einem frühen Rückstand durch Rouwen Hennings (4.) mit seinem Tor zum 1:1 in der 73. Minute Ivo Ilicevic (M.).
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An Dramatik ist das Rückspiel im Karlsruher Wildparkstadion am 1. Juni 2015 kaum zu überbieten. Nach Reinhold Yabos Tor in der 78. Minute ist der KSC Erstligist - bis in die Nachspielzeit. Dann versenkt Marcelo Diaz für den HSV einen Freistoß zum 1:1. In der anschließenden Verlängerung schlägt in der 115. Minute Nicolai Müller (M.) zu. Müller ist wie Yabo eingewechselt worden. Es bleibt beim 2:1 für die Gäste.
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Bruno Labbadia (r.), selbst einst als Stürmer für den KSC aktiv, heißt diesmal der Retter der Hamburger. Er ist nach Slomka, Josef Zinnbauer und Peter Knäbel bereits der vierte Cheftrainer in der Saison 2014/15 - und er weiß, wem er zu danken hat: dem Chilenen Diaz.
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In der Saison 2015/16 erhält der Hamburger SV als Tabellenzehnter vergleichsweise komfortabel seine Bundesliga-Zugehörigkeit. Der Vorsprung auf den Relegationsplatz beträgt am Ende fünf Punkte. 2016/17 aber steht dem Klub das Wasser bis zum letzten Spieltag wieder bis zum Hals - und dies fast bis zum Schlusspfiff. Dann ist gegen den VfL Wolfsburg Luca Waldschmidt zur Stelle.
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Mit zwei Punkten Vorsprung kreuzt am 20. Mai 2017 Nord-Rivale Wolfsburg in Hamburg auf. Der HSV nimmt den Relegationsplatz ein, hat aber die beiden Partien davor schon nicht verloren. Jetzt muss ein Heimsieg her. Wolfsburg aber gelingt in der 23. Minute durch Robin Knoche die Führung. Neun Minuten später stellt Filip Kostic für die Gastgeber auf 1:1. Dieser Spielstand gilt noch, als Waldschmidt (M.) in der 86. Minute Lewis Holtby (Fünfter v.l.) ersetzt.
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Markus Gisdols (r.) Einwechslung zahlt sich aus. Gisdol ist seit dem sechsten Spieltag für Labbadia im Amt. Die kommende Saison 2017/18 jedoch übersteht auch Gisdol in Hamburg nicht. Der Schleudersitz wirft nach 19 Bundesliga-Partien und einem 0:2 daheim gegen den Tabellenletzten 1. FC Köln den nächsten Coach des Tabellenvorletzten HSV ab.
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Bernd Hollerbach, als einstiger HSV-Verteidiger ein Mann mit dem berühmten "Stallgeruch", bekommt die bedrohliche Situation auch nicht in den Griff. Nach sieben sieglosen Begegnungen muss auch Hollerbach gehen. Unter Nachfolger Christian Titz ist die Rettung am 34. Spieltag gegen Mönchengladbach aus eigener Kraft nicht mehr möglich. Wieder hat Wolfsburg - diesmal auf dem Relegationsplatz - zwei Punkte Vorsprung. Und der Klub behält sie auch. Lewis Holtbys Siegtor (im Bild) gegen Gladbach nutzt nichts.
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Titz (M.) verliert mit dem HSV nur drei der ihm verbleibenden neun Spiele, doch die aufgekeimte Hoffnung stirbt am 12. Mai 2018 durch Wolfsburgs 4:1 über den 1. FC Köln. Die Wolfsburger, am 32. Spieltag dem HSV noch mit 1:3 daheim unterlegen, erhalten die Klasse zum zweiten Mal nacheinander auf den letzten Metern in der Relegation.
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Für den HSV endet eine Strecke von 35 Bundesligajahren am Stück. Der Klub verschwindet als letztes Gründungsmitglied in der 2. Bundesliga. Für einen Teil der Fans ist diese Enttäuschung nicht zu ertragen. Es kommt zu unwürdigem Verhalten. Leuchtraketen fliegen von den Rängen in den Innenraum. Die Polizei versucht, die Ordnung wieder herzustellen.
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Doch nicht alle Fans brauchen die Überwachung durch die Sicherheitskräfte. Sie trauern, ohne unangenehm auf- oder aus der Rolle zu fallen.
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Das Unternehmen direkter Wiederaufstieg lässt sich für den Hamburger SV prima an. Der Abstieg soll ein Betriebsunfall bleiben. Die Hinrunde beschließt der HSV als Herbstmeister. Der Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz beträgt sechs Punkte. Der Einbruch in der Rückrunde sorgt schließlich für einen Punkt Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz. Ein 1:4 in Paderborn (im Bild) am 33. Spieltag ist das siebte Spiel nacheinander ohne Sieg und bedeutet die vierte Niederlage in Folge.
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Vor dem elften Spieltag hat mit Titz-Nachfolger Hannes Wolf wieder mal ein neuer Coach das Kommando beim HSV übernommen. Am Ende aber steht er trotz eines 3:0 über den MSV Duisburg am Saisonende mit leeren Händen da und hat das Ziel Aufstieg verfehlt.
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Der Hamburger SV muss in ein zweites Jahr Zweitklassigkeit gehen. Auch in der Saison 2019/20 passt es in der Hinrunde. Mit vier Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Arminia Bielefeld landet der HSV auf Rang zwei. Seit Saisonbeginn heißt der Trainer Dieter Hecking.
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Aber auch Hecking (l.) verhütet den Einbruch im Aufstiegsrennen nicht. Von den abschließenden neun Ligapartien gewinnen die Hamburger nur zwei, holen von 27 möglichen nur zehn Punkte. Trotzdem beträgt vor dem abschließenden Heimspiel gegen Sandhausen der Rückstand auf Heidenheim und den Relegationsplatz nur einen Punkt. Was folgt, ist eine 1:5-Blamage gegen Sandhausen. Kapitän Aaron Hunt (r.) ist fassungslos.
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2020/21 startet der Hamburger SV unter Trainer Daniel Thioune seinen dritten Versuch, in die Bundesliga zurückzukehren. Der HSV beginnt mit fünf Siegen, verliert erst am achten Spieltag erstmals. Am Ende der Hinserie steht Tabellenplatz eins, mit fünf Punkten Vorsprung auf den ersten Nichtaufstiegsplatz.
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Doch wie schon in den beiden Jahren davor hält die Mannschaft das Niveau nicht. Drei Spieltage vor Schluss kommt es zum beinahe schon obligatorischen Trainertausch. Legende Horst Hrubesch (r.) soll nach fünf sieglosen Matches das Ruder herumreißen. Der direkte Aufstieg ist in Gefahr geraten.
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Nach einem 2:3 beim VfL Osnabrück hat sich das Thema zum dritten Mal nacheinander erledigt. Zweimal gleicht der HSV einen Rückstand aus, zuletzt zum 2:2 in der 82. Minute, nur um zwei Minuten später den Knockout einzustecken - in diesem Spiel und im Bemühen um den Aufstieg. Simon Terodde, mit 24 Treffern am Saisonende zweitbester Angreifer der Liga hinter Darmstadts Serdar Dursun, geht an diesem Tag leer aus.
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Mit Tim Walter versucht sich ab der Saison 2021/22 bereits der sechste Übungsleiter am Wiederaufstieg des Hamburger SV. Diesmal bleibt ein Einbruch aus. Im Gegenteil: In der Rückrunde holt der HSV erstmals mehr Zähler als in der Hinrunde (31 zu 29). Der Klub gewinnt seine letzten fünf Ligaspiele. Lohn ist der Gang in die Relegation, nur aufgrund der besseren Tordifferenz gegenüber Darmstadt 98. Und nach dem 1:0-Hinspielsieg in Berlin bei der Hertha hängt der Hamburger Himmel voller Geigen.
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Der Zufall will es so, dass dem HSV mit Felix Magath eine Vereins-Legende die Suppe versalzen muss. Magath ist als sogenannter "Feuerwehrmann" das Kunststück gelungen, binnen acht Begegnungen Hertha BSC noch auf den Relegationsplatz zu führen. Vor dem Rückspiel am 23. Mai 2022 in Hamburg aber stehen er und sein Team mit dem Rücken zur Wand.
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Magath (M.) bezieht, was Aufstellung und Taktik für das entscheidende Spiel in Hamburg angeht, seinen Routinier Kevin-Prince Boateng (r.) nicht nur mit ein. Dem Vernehmen nach steckt Boateng praktisch alleine hinter Herthas 2:0-Coup, der den HSV einmal mehr brutal aus allen Erstliga-Träumen reißt.
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Walter ist außer sich: Wieder vergibt der Hamburger SV auf den letzten Metern die große Chance. Ein Eckball und ein Freistoß der Berliner brechen dem HSV sportlich das Genick.
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Die Spieler von Hertha BSC hingegen springen dem Abstieg, der den HSV nunmehr seit vier Jahren schwer belastet, dank einer effizienten Vorstellung von der Schippe.
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Dem Anhang des Hamburger SV bleiben nur Frust und der Blick ins Leere - und die Hoffnung, der nächste Anlauf möge gelingen.
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Diesmal bleibt der Trainer des Hamburger SV im Amt. Walter holt mit dem HSV 34 Punkte in der Hinrunde und 32 in der Rückrunde. Nach drei Siegen in Folge und dem 1:0 bei Absteiger Sandhausen wähnen sich Trainer und Klub endlich am Ziel. Doch Heidenheim trifft in der Nachspielzeit in Regensburg zweimal, macht aus einem 1:2 ein 3:2. Wieder nur Relegation für den HSV. Und die startet bei Walters Ex-Verein VfB Stuttgart mit dem Gegentor nach 45 Sekunden durch Konstantinos Mavropanos (l.).
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Der Abend geht für Walter (M.) und seine Jungs gebraucht weiter. Ein kurzes Hoch vor der Pause ersticken die Tore des Ex-Hamburgers Josha Vagnoman (51.) und von Serhou Guirassy (54.).
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Das Endergebnis von 3:0 für den VfB Stuttgart schmeichelt dem Hamburger SV, der ab der 69. Minute zudem in Unterzahl agiert. Der eingewechselte Anssi Suhonen sieht nach nur neun Minuten glatt Rot. Der VfB hat die Gäste fast in jeder Phase des Spiels im Griff und gibt ihnen für das Rückspiel am 5. Juni 2023 eine schwere Hypothek mit auf den Heimweg.
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In diesem Rückspiel macht sich der HSV schnell daran, diese Hypothek abzubauen. Mit Schwung und Aggressivität, mit einer sichtbar anderen Einstellung als in Stuttgart, setzen die Hamburger dem VfB vom Anpfiff weg zu. Lohn ist das 1:0, das bereits nach sechs Minuten fällt. Sonny Kittel jagt die Kugel ins lange Eck. Vom Innenpfosten prallt der Ball ins Tor des VfB.
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Bis zur Pause aber bleibt es bei der knappen Führung des HSV, der Glück hat, dass Stuttgarts vermeintlicher Ausgleich durch Serhou Guirassy in der 17. Minute wegen einer vorherigen Abseitsstellung des Stürmers in der Entwicklung des Angriffs annulliert wird. Der Jubel des VfB kommt also noch zu früh.
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Ihr Glück verlässt die Hamburger schon kurz nach dem Wechsel. Jetzt darf Stuttgart gleich zwei reguläre Tore feiern. In der 48. Minute und in der 64. Minute nutzt Enzo Millot Abwehrfehler des Gegners aus. Stuttgart führt plötzlich mit 2:1. Der HSV müsste nun mit 5:2 gewinnen, um wenigstens in die Verlängerung zu kommen.
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HSV-Coach Tim Walter verliert den Glauben an seine Jungs nicht, leidet aber mit jeder Minute, die verstreicht, und mit jeder Torchance, die ungenutzt bleibt, sichtbarer. Nach dem Spiel spricht ihm Sportvorstand Jonas Boldt trotz des abermaligen Scheiterns in der Relegation das Vertrauen aus.
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Für den Endstand von 3:1, der für das längst besiegelte Schicksal des HSV keine Bedeutung mehr hat, sorgt in der siebten Minute der Nachspielzeit Stuttgarts eingewechselter Angreifer Silas Katompa Mvumpa (2.v.r.).
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HSV-Kapitän Sebastian Schonlau (l.) und Kittel haben alles gegeben. Gereicht hat es jedoch abermals nicht, um in die Bundesliga zurückzukehren. Die Hamburger gehen ins sechste Zweitligajahr in Folge.
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Auch in der Niederlage stehen sie zusammen: Nach Spielende versammeln sich die Spieler, Trainer Tim Walter hält eine Ansprache.
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Für den neuerlichen Anlauf benötigen Spieler und Verantwortliche des Klubs die bedingungslose Unterstützung des Publikums. Dessen Anfeuerung hat zwar am Abend des 5. Juni 2023 unter dem Strich nicht zum gewünschten Ergebnis geführt, hält aber lange nach Spielschluss noch an. Und dies ist die beste Voraussetzung für den Zweitliga-Neustart in der Saison 2023/24.