Für Schiffe, die vom Atlantik kommen, ist die von Felsen und Sanddünen gesäumte Meerenge vor Tarifa das Tor zum Mittelmeer. Für Campingbus-Reisende ein Traumziel, das den Blick in die andere Richtung freigibt, auf noch größere Reisen: Drüben, zum Greifen nah, nur 14 Kilometer entfernt, liegt Afrika. Über tiefblauem, meist aufgewühltem Wasser schwebt das Rifgebirge mit dem 800 Meter hohen Jbel Musa. Im Westen die Konturen des alten Stadthügels von Tanger, der verlockenden, nördlichsten marokkanischen Metropole.

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Doch wir bleiben in Europa. Erkunden, was die Küsten zwischen Gibraltar und Cadiz zu bieten haben. Angenehm, dass hier andere Temperaturen vorherrschen als auf dem spanischen Festland. Selten ist es zu heiß, fast immer bläst der Wind von Westen. Bringt auch mal Nebel oder kurze Regenschauer, die Vegetation ist üppig, die Hügel meist grün. Und, für Campervan-Traveller besonders wichtig: Es gibt noch viele naturbelassene Strandabschnitte, wo man stundenlang am Meer entlang oder durch die Uferwälder wandert. Ohne von Zäunen, Mauern, Hotelburgen und Autobahnen vom Wasser ferngehalten zu werden.

Gegend für WassersportlerInnen

Beliebt ist die Region freilich auch bei allen, die Wassersport betreiben: Wegen der riesigen Sandstrände, der manchmal meterhohen Wellen und der beständigen Winde treffen sich hier Kiter und Surfer aus aller Welt. Es ist ein Genuss, durch die Gassen von Tarifa zu schlendern. Die Speisekarten der vielen, wunderhübschen Tapabars der Altstadt verraten, wie sehr Afrika in den südlichsten Teil Spaniens herüber wirkt: Couscous, Tajine und viele afrikanisch-arabische Gewürze zeugen vom Einfluss fremder Kultur: Dereinst von den Mauren herübergebracht – und heute in der hippen, international auftretenden Surfer- und Kiterszene wieder angesagt.

Auch die Musik in den Bars und Discos klingt danach. Zum Beispiel in der Surfbar Tomatito, Calle Cervantes 4. Hier wirbt man damit, den besten Mojito der Stadt zu servieren! "Du musst hierherkommen. Wir haben die besten Drinks und Vibes der Stadt", tönt es aus dem www. Und das Publikum scheint diesem Hype sehr recht zu geben. Der richtige Platz für den stimmungsvollen Imbiss am Mittag ist die Casa Babel, Calle Pedro Cortes 1. Dort sitzt ihr draußen, mit gutem Blick aufs Gassengeschiebe. Am besten bei einem Insalada Templada, angereichert mit Gambas, Thunfisch und schwarzem Sesam. Da schmeckt ihr Marokko und das nahe Meer.

Wer es ruhiger mag als im quirligen Tarifa, wer auch mal in abseitigen, einsamen Buchten zwischen den Felsen ohne Hüllen baden will, startet an der großen, beeindruckenden Sanddüne Valdevaqueros: Hier beginnt die Wanderung durch den Naturpark Punta Paloma bis zum großen Sandstrand vor Bolonia. Ab hier kommt nur noch wilde Natur, erst Felsen und kleine Buchten, vor Bolonia ein riesiger, einsamer Sandstrand, ohne jede Infrastruktur. Hier liegen vereinzelt und weit auseinander NudistInnen und andere NaturfreundInnen in der Sonne. Da und dort hat der fliegende Sand blaue, gescheiterte Flüchtlingsboote zugeweht. Sie ragen wie Mahnmale in den Himmel, werden von den Badenden gerne als Sonnenschutz genutzt. Kühe kommen von den nahen Weiden herunter bis an den Strand – manche suchen Abkühlung im Wasser.

Öko-Bauernhof in Bolonia

Was es mit der Landwirtschaft in dieser Region auf sich hat, erfahrt ihr bei den jungen Ökobauern Mario und Lorena, in der Quesería El Cabrero. Sie empfangen gerne Gäste auf ihrem kleinen Öko-Bauernhof in den Hügeln oberhalb von Bolonia. Der sympathische Betrieb bietet ökologische Produkte an. Sehr schmackhaften Joghurt und Bio-Käse. 150 Ziegen werden hier jeden Tag gemolken und versorgt. Solche, früher sehr zahlreichen Bauernhöfe, gibt es kaum noch in der Gegend, der Druck des Tourismus ist zu stark, erzählt Mario. Die meisten Kleinbauern haben ihre Grundstücke an Spekulanten verkauft. Die errichten Ferienhaus-Siedlungen auf dem kostbaren Boden. Und sorgen dafür, dass das Wasser noch knapper wird: Es gibt schon jetzt zu wenig für die Versorgung der Tiere. Aber er ist guter Dinge: Wenn noch ein wenig mehr Gäste zu ihm und Lorena heraufkommen, hat er eine Perspektive.

Barbate ist ein kleines Hafenstädtchen und liegt etwa 50 Kilometer nördlich von Tarifa. Über dem Wasser drängen sich schneeweiße, kubische, zwei- bis dreistöckige Häuser. Die Gemeinde ist Standort der letzten Thunfisch-Fangstation alter Art: Die betagten Fangboote liegen im Flussarm des Barbarte vor Anker. Im Thunfischmuseum La Chanca erfahrt ihr mehr über dieses uralte Handwerk.

Jedes Frühjahr errichten die Fischer ein System von Netzreusen vor Barbates Küste. Genau in der Wanderroute der Thune, in das sie leicht hinein, aber nicht mehr herauskommen. Jedes Mal, wenn genug Fische versammelt sind, wird der Fang in der Hauptkammer zusammengezogen, und die Fischer heben die schweren Tiere per Hand oder mit Hebemasten in die Fangboote. Seid ihr zur falschen Zeit da, um zuzuschauen, werdet ihr im berühmten El Campero entschädigt: Und lernt die besonderen Finessen der andalusischen Küche in der Zubereitung des Bluefin-Thunfisches kennen. In der Restaurantküche werkelt Julio Vazquez. Er weiß, wie man den Geschmack der verschiedenen Partien hervorhebt – und berät seine Gäste, wie man Morrillo, Ventresca, Tarantelo oder Churrasco unterscheidet.

Sehenswertes Gibraltar

Für alle Seefahrer ist Gibraltar eine wichtige Landmarke. Ein Besuch lohnt sich: Geografisch ist der Fels ein Unikat: 426 Meter ragt dieser Monolith vom Wasser zum Himmel. Senkrecht die Abbruchkante nach Afrika hin. Die Aussicht einfach umwerfend. Unten, am schmalen Kragen der Bastion, drängt sich eine komplette Stadt an die Felsen. Mit absurdem Flughafen, quer über die Landzunge nach Spanien gekeilt.

Dann ein Ensemble von Hafen, Dockyards, Bankhäusern, Convent Governors Residence, Kings-Palace, einer Mainroad für Luxusgeschäfte, Dutzenden Fish-and-Chips-Läden. Ein paar Etagen höher, in Höhlen und Tunnels eingelassen und auf Balkonen installiert, monströse Kanonen. Ganz oben hundert Affen im Dienste der englischen Krone. Um die Warterei an der Grenze zu vermeiden, könnt ihr Bus oder Van auf dem bewachten Parkplatz im spanischen La Linea abstellen und mit dem Bike zum Affenfelsen über die Grenze fahren. Hinauf geht es mit der Gondel, dem Sammeltaxi – oder, supersteil, mit Muskelkraft. Das lohnt sich, denn die Aussicht auf die Meerenge und nach Afrika ist nicht zu toppen.

Zwischendurch ein Ausflug an die nördliche Küste, nach Cadiz, Andalusiens prächtigster Stadt am Meer: eine strahlend weiße, uralte Schönheit, die sich elegant mit tiefblauem Wasser umgibt. Einzigartig, den Sonnenuntergang auf der Seemauer an der Avenida Duque de Najera am Castillo de Santa Catalina zu beobachten. Am besten mit einem Glas Freixenet Carta Nevada Seco in der Hand. Das ist der richtige Einstieg für einen Abend in den wunderbaren Gassen dieser Stadt. Man schlendert dann ganz langsam über die herrliche, dreieckige Plaza de las Flores, um schließlich in einer der vielen Tapa-Bars in der Calle Zorilla zu landen. Dort gilt es dann, ausgbiebig den Jamon Serran Iberica zu probieren. Denn die vielen von der Decke hängenden Schinkenkeulen lassen keine andere Wahl. Danach noch einen Happen von den Pescaito Frito (frittiertem Fisch) oder eine Makrele mit Pirinaca.

Wer vorher oder am nächsten Tag noch Zeit hat, besteigt dann unbedingt den Uhrturm in der Calle Marqués del Real Tesoro 10. Der Ausblick ist überwältigend.

Tarifa – Stadt der Fischerei

Zurück in Tarifa: Nicht alle leben hier vom Tourismus: Stets war die Stadt ein Zentrum der Fischerei. Täglich hinauszufahren ist für die vielen Seeleute kein Spaß, sondern ziemlich harter Alltag. Eine Welt, die den fremden Besuchern bislang verschlossen war. Heute nicht mehr, denn neuerdings nehmen die Leute von Mackintosh Touristen auf ihren Booten mit. Allerdings: eine interessante und spannende Sache nur für robuste Naturen.

Bei Mackintosh dreht sich alles um den atlantischen Thun. Auch Blauflossen-Thun, lateinisch Thunnus Thynnus. Der zieht hier im Frühsommer vorbei, auf seiner Reise zu den Laichgründen vor Sizilien und Sardinien. Im August und September ist er in Gegenrichtung unterwegs. Wegen der großen Nachfrage der Sushi-Restaurants ist der Fang ein sicheres Geschäft. Bei Mackintosh will man sich absetzen von der in Verruf geratenen, großindustriellen Fischerei. Die Männer fahren auf relativ kleinen Booten hinaus. Sechs Mann an Bord bringen mit Makrelen gespickte Leinen aus. Wenn der Thun gebissen hat, ziehen sie das Tier Hand über Hand ins Boot – und packen es in die Eiskiste. Die nachhaltigste und schonendste Art des Geschäfts mit dem Thunfisch. Daniel, der Schiffseigner, spricht Englisch und beantwortet geduldig alle Fragen an Bord. Wer mitfahren will, geht auf die Internetseite oder läuft zum neu eröffneten, edlen Shop im Zentrum von Tarifa.

Wollt ihr den Unterwasserbewohnern der Meerenge von Gibraltar mal von Nahem ins Auge schauen, bucht ihr eine Whale-Watching-Tour. Nirgendwo am Mittelmeer ist die Chance größer, Wale, Orcas und massenhaft Delfine aus der Nähe zu sehen. Um alles klarzumachen, lauft ihr zur Calle Alcalde Juan Núñez 10. Hier logiert das Office der Whale-Watching Cooperative firmm, foundation for information and research on marine mammals.

Das Tierleben der Region kennenlernen

Da sitzt Jörn Selling am Computer und wartet auf Leute, die ihn ausfragen zum Tierleben über und unter Wasser. Ein Biologe aus Deutschland, der sich bestens auskennt und sein Wissen gern mit Neugierigen teilt.

Richtig ruhig ist das Meer vor Tarifa recht selten. Das liegt am Tidenhub des Atlantik, erklärt uns Jörn: Bei jeder Flut schiebt er kälteres und salzärmeres Wasser durch den Engpass zwischen Europa und Afrika. Das schafft Bewegung im und auf dem Meer: Massenhaft Plankton wächst in den Tiefen, spornt die Nahrungskette an und ernährt kleine und sehr große Fische: Trotz des Motorenlärms der vielen, für die Tiere sehr gefährlichen Containerschiffe kommen Wale, Orcas und Millionen kleiner Exemplare.

Also aufs Meer mit firmm – Wale, Delfine, Tümmler und Orcas gucken! Beobachten, wie sie zwischen Frachtern und Container-Riesen vor der Kulisse der marokkanischen Berge ihre Bahn ziehen. Für die Fahrt übers Meer mit firmm sorgen wir gut vor: Denn wir wissen aus Erfahrung, dass es auf dem Meer selten ruhig ist. Die richtige Tablette gegen Seekrankheit tut da gute Dienste. Und dann schaukelt das kleine Schiff aus dem Hafen ins raue Wasser. Kaum hat das Boot die offene See erreicht, tauchen die ersten Flossen auf. Ganze Schulen von Delfinen und Walen spielen in unserer Bugwelle. Dass wir den Tieren so nahe kommen, hätten wir nicht gedacht: Schön, dass sie sich von uns Zuschauern anscheinend gar nicht stören lassen.

Tarifa – Tipps und Infos für Camper-Reisende

Anfahrt:
Eine Reise an die südwestliche Kante Europas bleibt nicht nur Langzeit-Travellern, Aussteigern und anderen Menschen mit sehr viel Zeit vorbehalten. Es geht auch schneller: Fähren starten von Genua und vom französischen Sète nach Tanger an der nordafrikanischen Küste. Von dortzur Costa de la Luz sind es nur wenige Seemeilen. Es gilt Preise zu kalkulieren:

  • Per Autobahn, Gebühren eingerechnet, kostet die Reise via Italien, Frankreich und Nordspanien leicht über 1.000€. Die Entfernung Brenner–Tarifa beträgt rund 2.500 Kilometer.
  • Per Schiff von Sète nach Tanger, Grandi Navi Veloci, 42 Stunden, kostete vor Corona ca. 500€ einfach.
  • Von Genua (über Barcelona) nach Tanger, 49 Stunden (ca. 500 € einfach).
  • Um nach Tarifa zu kommen, nehmt ihr die Fähre Tanger–Algeciras über die Straße von Gibraltar. Vorher den genauen Preis im www recherchieren. Die Beträge wechseln, 150€ einfach sind sicher fällig, je nach Saison.

Reisezeit:
Wer frei planen kann, besucht die Costa de la Luz nicht in der Hauptsaison. Im Juli und August ist es sehr voll und heiß. Beste Reisezeit im Sommer ist die Vor- und Nachsaison. Mittlerweile hat sich Tarifa als Hotspot fürs Überwintern etabliert.

In den Monaten Dezember, Januar und Februar 22/23, so berichten viele YoutuberInnen, war es offenbar so voll in der Nähe der Strände, dass auf Campingplätzen und an den Straßen kaum ein Standplatz mehr zu finden war. Das lag wohl auch an den strikten Restriktionen für Campervaner im Süden Portugals. Im Vergleich zur abschreckenden dortigen Lage geht es offenbar zu dieser Jahreszeit um Tarifa herum noch recht friedlich zu.

Dokumente:
Personalausweis reicht, wie überall, innerhalb Europas. Auch für den Sprung nach Tanger.

Sicherheit:
Auch an der Kante des Kontinents gilt: Keine Wertsachen im Fahrzeug lassen.

Die besten Tipps:

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Tarifa

  • Whale-Watching mit firmm, Calle Alcalde Juan Núñez 10, Tarifa.
  • Pescaturismo mit Mackintosh, Calle Batalla del Salado, 39, Tarifa.

Bolonia

  • Bio-Quesería El Cabrero, Mario und Lorena, Bolonia, N 36°06‘33.0" W 5°45‘57.0"
  • Klettern und Mountainbiken mit Chris: Er ist Kletterguide, spricht Deutsch und zeigt die Kletterwände über Punta Paloma. Hier könnt ihr auch Mountainbikes ausleihen. Girasol outdoor experience, Calle Colon 12.

Barbate

  • Restaurant El Campero, Avenida Constitución Nr. 5, per Web reservieren ist zu empfehlen.
  • Thunfischmuseum Nave La Chanca, Nave La Chanca, Parcela 12.

Gibraltar

  • Um die Warterei an der Grenze zu vermeiden, den Bus auf dem bewachten Parkplatz im spanischen La Linea abstellen (Parking Fo-Cona, Avenida Veinte de Abril, 20, La Linea) und mit dem Rad zum Affenfelsen fahren.

Ausflug nach Tanger

Den Camper stellt ihr in Tarifa auf bewachtem Parkplatz ab. Z.B. Tarifa Municipal Parking, C. Calzadilla de Téllez, 2. Die Fähren starten stündlich.

  • Petit Soko anschauen
  • Essen im Restaurant Saveur de Poisson, 2 Escalier Waller.
  • Vielleicht ein Pfeifchen Kif im Café Baba, Rue Zaitouni.
  • Kleine Wanderung zum berühmten Küsten-Café Hafa, bester Sunset-Point. Rue Hafa, N 35°47‘28.6" W 5°49‘17.5"

Standplätze für Camper um Tarifa

Mit dem Campervan an der Costa de la Luz im Sommer frei in der Landschaft zu stehen und zu übernachten ist etwas schwierig. Das Gebiet zwischen Tarifa und Bolonia ist Naturschutzgebiet: Im El Estrecho zu campen ist nicht ratsam, es drohen hohe Geldstrafen.

An den schönsten Stellen gibt es genug passable offizielle Stellplätze.

Tarifa

Bolonia

Barbate

Cadiz  © Promobil

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