Eltern erziehen ihre Kinder, die Kinder pflegen später ihre Eltern – das ist der unausgesprochene Generationenvertrag. Während der demografische Wandel voranschreitet, wird die Unterstützung älterer Menschen immer relevanter. Doch sehen Kinder sich in der Pflicht, später für ihre Eltern zu sorgen? Eine aktuelle Umfrage im Auftrag unserer Redaktion liefert Antworten.
Eltern kümmern sich jahrelang um ihre Kinder – sie erziehen sie, finanzieren ihre Ausbildung und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite. Doch was passiert, wenn sich die Rollen umkehren und die Eltern im Alter selbst Unterstützung brauchen? Ist es dann die "Pflicht" der Kinder, sich zu revanchieren?
Obwohl sich die Bevölkerung im letzten Jahrzehnt laut dem Statistischen Bundesamt durch mehr Zuwanderung und Geburten "etwas verjüngt" hat, besteht weiterhin ein Geburtendefizit in Deutschland. Der demografische Wandel schreitet weiter voran: So ist jede zweite Person in Deutschland heute älter als 45 und jede fünfte Person älter als 66 Jahre. Im Hinblick auf die steigende Zahl älterer Menschen stellt sich die Frage: Inwiefern haben Kinder eine Verantwortung gegenüber ihren Eltern im Alter?
Hilfe im Alter: Pflichtgefühl vs. individuelle Grenzen
Für viele Menschen ist klar, dass sie ihren Eltern im Alter helfen – sei es finanziell, emotional oder durch Pflege. Aber nicht jeder kann oder möchte diese Verantwortung übernehmen.
Wie Menschen in Deutschland tatsächlich darüber denken, hat eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion ermittelt. Rund 5.000 Deutsche wurden online gefragt: Fühlen Sie sich verpflichtet, Ihre Eltern im Alter zu unterstützen? Die Ergebnisse zeigen eine eindeutige Tendenz.
Deutliche Mehrheit fühlt sich verpflichtet
Etwa drei von vier Deutschen (72 Prozent) gaben an, dass sie sich verpflichtet fühlen, ihre Eltern im Alter zu unterstützen. Knapp jeder Fünfte (19 Prozent) empfindet hingegen keine Verpflichtung.
Die Auswertung nach Altersgruppen zeigt keine maßgeblichen Unterschiede: Alle Altersgruppen gaben mehrheitlich an, eine Verpflichtung gegenüber ihren Eltern zu empfinden. Mit 75 Prozent fühlt sich besonders die Altersgruppe der 40- bis 49-Jährigen verpflichtet.
Kinder im Haushalt und Familienstand: Was hat Einfluss?
Ob die Kinder selbst noch mit ihren eigenen Kindern in einem Haushalt leben, hat keinen besonderen Einfluss: 76 Prozent der Befragten mit Kindern im Haushalt fühlen sich ihren Eltern gegenüber verpflichtet, bei denjenigen ohne Kinder im Haushalt sind es 70 Prozent. Auch der Familienstand macht keinen großen Unterschied.
Dankbarkeit als freiwillige Geste
Die deutliche Mehrheit lässt darauf schließen, dass beidseitige Solidarität unter den Generationen für die meisten Menschen in Deutschland zum Familienleben dazugehört. Die Schweizer Philosophin Barbara Bleisch sieht das anders. In ihrem Buch zu diesem Thema gibt sie auf die Frage, was wir unseren Eltern schulden, eine klare Antwort: "Nichts."
Es sei die Pflicht der Eltern, sich um ihre Kinder zu kümmern, sagt sie im Gespräch mit "Psychologie Heute" über ihr Buch "Warum wir unseren Eltern nichts schulden". "Kinder haben um ihre Existenz und Pflege nicht gebeten. Von einem Tauschhandel kann also nicht die Rede sein", so die Philosophin. Wenn Kinder eine glückliche Kindheit hatten, wären sie ihren Eltern aber vielleicht dankbar und würden sich erkenntlich zeigen wollen – dies aber aus freien Stücken.
Informationen zur Methode
- Das Meinungsforschungsinstitut Civey hat vom 12. bis 19.3.2025 online rund 5.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger ab 18 Jahren befragt.
- Die Ergebnisse sind aufgrund von Quotierungen und Gewichtungen repräsentativ unter Berücksichtigung des statistischen Fehlers von 2,5 Prozentpunkten (Gesamtergebnis). Weitere Informationen zur Methodik finden Sie hier.
Verwendete Quellen
- Exklusive Civey-Umfrage
- Statistisches Bundesamt: Demografischer Wandel
- psychologie-heute.de: Was schulden wir unseren Eltern?