Zusammen mit dem Tierschutzverein "Notpfote" rettet Tierschützer und Content Creator Malte Zierden regelmäßig Tiere aus lebensgefährlichen Situationen. Wir haben mit ihm über sein Herzensprojekt, die Tierschutzarbeit in Kriegs- und Krisengebieten im Ausland, gesprochen.
Seit über einem Jahr ist Malte Zierden aktiv im Tierschutz unterwegs. Hautnah nimmt er seine insgesamt mehr als eine Million Follower auf Instagram und TikTok mit auf seine Reisen an die gefährlichsten Orte: direkt in Kriegs- und Krisengebiete.
Ob nach dem Staudammbruch im ukrainischen Cherson, nach dem verheerenden Erdbeben in Marokko oder beim Waldbrand im Erdbebengebiet der südtürkischen Provinz Hatay nahe der Grenze zu Syrien – zusammen mit dem Verein "Notpfote Animal Rescue" ist Zierden vor Ort. Genau da, wo Hilfe gerade am nötigsten gebraucht wird.
Über seine Einsätze berichten wir regelmäßig. In unserem Podcast "Tierschutz-Update" haben wir mit Malte Zierden gesprochen und wollten von ihm wissen, wie er seinen Weg zur intensiven Tierschutzarbeit gefunden hat und was sie mit ihm macht.
Tiere hatte er schon immer gerne um sich: Ob Hengst-Buddy ßamma, seinen ehemaligen Mitbewohner Kater "Knopperß" Norbert oder jetzt seinen besten Tauben-Kumpel Oßkar.
Aber schon zuvor kannte vielleicht der ein oder die andere Malte Zierden durch seine humorvollen Videos, in denen er sich und sein Umfeld nicht so ernst nimmt. So dokumentierte er ungeschönt seine Gaumenspaltung oder seine Bahnfahrten zur Uni in Delmenhorst. Auch sein älterer Bruder ist vielen Menschen sicherlich ein Begriff: Zusammen mit dem liebenswerten Choleriker Udo Tesch macht Wilke Zierden den heimischen Bolzplatz in Ostfriesland unsicher und verwirklichte sich in der Reality-Doku-Soap "Wilkes Welt – Ohne Plan zum Traumhaus" auf "VOX".
Sinnsuchend im Social-Media-Wahnsinn
Vielfältig hat sich auch Malte Zierden ausgelebt. Er konnte von seiner Indie-Rock-Band "Hurricane Dean" leben, studierte dann etwas Soziales. Nebenbei tobte er sich kreativ auf Social Media aus, was ihm viel Spaß bereitete. Doch irgendetwas fehlte. Etwas Erfüllendes. "Ich war sehr sinnsuchend in dieser Zeit", erinnert sich der gebürtige Ostfriese zurück.
Herzensprojekt Tierschutz
Über Social Media sei er schließlich zum Tierschutz gekommen. Vor dreieinhalb Jahren vereinte ihn das Schicksal der Gaumenspaltung mit der ehemaligen "Germany’s Next Topmodel"-Kandidatin Vanessa Tamkan. Sie machte nämlich eine ähnliche Leidensgeschichte durch. Aber vor allem engagierte sie sich im Tierschutz, insbesondere für den Verein "Hundesgarten Sérres" und holte ihn mit ins Boot. Damit der Verein im gleichnamigen griechischen Ort ein Tierheim bauen konnte, sammelte die Influencerin unter anderem mit Malte Zierdens Unterstützung 250.000 Euro. In Sérres packte Zierden mit an und fand so seine Aufgabe: Tieren zu helfen. "Jetzt habe ich das allererste mal wieder das Gefühl, dass ich was gefunden habe, das mir total am Herzen liegt", sagt er im Interview mit DeineTierwelt.
Im vergangenen Jahr lernte der 31-Jährige dann die "Notpfote"-Vorsitzende Babette Terveer bei "YouTopia" kennen. Er stellte beim YouTube-Live-Event zur Vermittlung stehende Hunde des Vereins vor. So kam er mit Terveer ins Gespräch, die ihn Kurzerhand gebeten habe, mit zu einem Hilfseinsatz ins ukrainische Kriegsgebiet zu kommen.
So kam Malte Zierden zum Auslandstierschutz
"Ich habe etwas Bammel bekommen, aber habe es dann doch gemacht", schildert Zierden im Podcast. So sei er wieder in den aktiven Auslandstierschutz "reingerutscht" und habe angefangen, seine Erfahrungen auf Social Media zu teilen. Damit schließt sich der Kreis. "Ich denke, ich habe das Richtige gefunden, was ich ewig machen möchte", ist er sich heute sicher – auch, wenn das gar nicht so einfach ist.
"Was ich so toll finde an ‚Notpfote‘: Die versuchen, Ersthilfe zu leisten in Krisengebieten", sagt Zierden. "Also, ein Erdbeben und ein Waldbrand brechen aus oder eine Überschwemmung kommt. In erster Linie findet humanitäre Hilfe statt, aber Tiere stehen meist an zweiter Stelle. Wir haben uns den Tieren verpflichtet", sagt er und verdeutlicht: "Auch wir sind noch Lernende in Krisengebieten und keine ausgebildeten Vollprofis. Auch wir machen Fehler und wachsen daran." Trotz noch so guter Vorbereitung kommt es im Eifer des Gefechts oft anders als erwartet. Dann ist Adaptieren und schnelles Handeln angesagt.
Unterstützung und Sicherheitskurse bekommt das "Notpfote"-Team von "leavenoonebehind". Trotz schutzsicheren Westen bleibt immer die Gefahr nahe der Frontlinie. Deshalb möchte Zierden seine Fans nicht einfach dazu anregen, unvorbereitet, blauäugig und auf eigene Faust dorthin zu fahren. "Die Gefahr wird einem erst bewusst, wenn man mittendrin steckt", sagt er.
"Wir sind Helfeshelfer"
Was in den Videos oft sehr spontan aussieht, fordert eine intensive Vorbereitung, Recherche und enge Abstimmung mit den Locals. Es sei ein Rattenschwanz an struktureller Arbeit und ein weiter finanzieller Weg. Das übergeordnete Ziel: Mit den Helfenden und Vereinen vor Ort etwas nachhaltig Bleibendes aufzubauen – wie das ukrainische Tierheim, das gerade gebaut wird.
Zierden wird nicht müde zu betonen: "Wir sind ein bis zwei Wochen vor Ort und agieren als Helfeshelfer, aber wir fahren danach auch wieder nach Hause, wo wir uns erholen können. Dieses Privileg haben die Menschen in Krisengebieten nicht. Das sind für mich die wahren Helden." Menschen wie Ludmilla, die unter ständigem Beschuss ein notdürftiges Tierheim in Cherson betreibt und die zurückgelassenen Tiere nicht im Stich lässt.
Schwere Entscheidungen
Was ihn besonders mitnimmt sind die verlorenen Seelen: Tiere, die trotz Hilfe sterben, Tiere, die sie zurücklassen müssen, weil andere Tiere die Hilfe noch nötiger brauchen. "Das passiert total häufig und es ist eine richtig beschissene Scheißsituation", sagt Zierden.
Angst, abzustumpfen
Zuhause, mit etwas räumlichem und zeitlichen Abstand zu den überwältigenden Ereignissen, hole Zierden das Erlebte oft umso heftiger ein. Dann falle er in ein emotionales Loch. "Ich hab mir den Tierschutz am Anfang so unfassbar romantisch vorgestellt", erinnert er sich. "Es ist unfassbar viel Trauer, es sterben unfassbar viele Tiere. Zuhause kommt es wie eine Bombe und haut Dich komplett aus dem Leben."
Dann sei er reizbar und unfair seiner Freundin Phia Quantius gegenüber. Es ist die Angst, nicht genug zu tun. Nur der "Typ mit dem Handy" zu sein. Die Kritik im Netz. Aber vor allem die Befürchtung, abzustumpfen. "Das will ich nicht."
"Was mache ich hier eigentlich?"
Kurz nach unserem Interview ging es für Zierden und die "Notpfote" Mitte November zurück ins ukrainische Kriegsgebiet. Sein Lebenszeichen auf Instagram: Er liegt in einem Kofferraum und versucht, zu schlafen, während in kurzer Entfernung Lichter am Nachthimmel aufblitzen. Russische Raketen. "Was mache ich hier eigentlich?", fragt er in die Dunkelheit. Zeit für ein paar Therapiestunden nach seiner Rückkehr, beschließt er.
Seine Tierschutz-Verbündete Victoria Müller, Vereinsvorsitzende von "ddao Tierschutz", thematisierte kürzlich auf Instagram, dass sie am sogenannten "Activism Burnout" leide. Burnout – soweit sei es bei Zierden noch nicht, sagt er in unserem Interview. Aber er könne es gut verstehen. Auch er fühle sich nach seinen Einsätzen jedes Mal extrem überladen.
Dennoch habe er das Privileg, in seinem sicheren Zuhause das Handy wegzulegen und wieder Energie zu tanken. "Man muss erst auf sich selbst aufpassen und für sich selbst sorgen, damit man anderen helfen kann", ist er sich sicher. Wichtig sei es, die eigenen Erfahrung mit seinem engsten Kreis und falls möglich mit einem Psychologen zu teilen und die Gefühle nicht in sich hineinzufressen.
Auftanken mit Hündin Ma
Halt gibt ihm dabei auch seine ukrainische Hündin Ma, die Malte mit seiner Freundin über "Notpfote" adoptiert hat. Ma mache sich großartig in ihrem neuen Zuhause in Hamburg. Er würde nichts im Leben gegen sie eintauschen wollen. Wenn er Zeit mit ihr verbringt und ihr dabei zuschauen kann, wie sie über eine Wiese rennt – das sei der Moment, wo Zierden seine Batterie wieder nachladen könne. "Das sind diese kleinen Nichtigkeiten, die das Leben so schön machen. Daran merkt man, dass man sich selber so unfassbar verkopft", sagt er.
Sein Appell: Setzt Euch neben der Arbeit von "Notpfote" auch mit anderen Vereinen auseinander. Denn Unterstützung können sie alle gebrauchen. Und Zierden möchte vor allem Bewusstsein schaffen: "Du brauchst keine riesige Reichweite, um Dinge im kleinen Maß zu verändern. Dafür brauchen wir oftmals keinen Cent, sondern nur ein bisschen Interesse, Zeit und Leidenschaft." © Deine Tierwelt
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