Ein guter Espresso ist für viele nach dem Essen ein Muss. Forscher haben nun versucht, dem perfekten Gebräu mit mathematischen Formeln näher zu kommen: Wie viel Kaffee gehört in eine Tasse Espresso?
In jeder Bar in Rom kommt das Nationalgetränk der Italiener zwar serienweise auf den Bartresen, doch es wird oft mit großer Geste wie etwas Einzigartiges zelebriert.
Der braunschwarze Espresso duftet fein-herb und beim ersten, schnellen Schluck schmeckt der Kaffeetrinker, ob der Mix der Aromen die eigenen Vorlieben trifft. Angesichts von so viel Emotion mutet es seltsam an, dass Forscher in einer neuen Studie dem Geheimnis der Espresso-Zubereitung mit mathematischen Modellen näher kommen wollen.
Forschung nach dem perfekten Espresso
Eine Gruppe Wissenschaftler, unter anderem aus den USA, Großbritannien und Australien, startete damit 2015. Ihr Ziel: Die Entwicklung eines Standard für das Espresso-Machen in Maschinen. Das Getränk sollte stets gleich schmecken. Die Forscher um den Chemiker Christopher Hendon von der Universiy of Oregon (USA) hatten vor allem die Kaffeebranche im Blick. Sie wollten unter anderem herausfinden, wie Rohstoffe gespart und Abfall reduziert werden kann.
"Wir möchten Wege finden, wie die Industrie Geld sparen kann und zugleich der Espresso noch beliebter wird und mehr Menschen ihn trinken", sagt der 31-jährige Hendon.
Dazu rechnete das Team mit Modellen aus, wie sich das Wasser durchs Kaffeebett bewegt, wenn die Bohnen fein oder grob gemahlen sind. Und welche Menge der Aroma-Fülle das Produkt wie schnell aufnehmen kann. Dann verglichen sie bei Tests im australischen Brisbane Modelle und Wirklichkeit.
Als Ergebnis, vorgestellt im Fachblatt "Matter", kam der Rat heraus, die Bohnen etwas gröber zu mahlen, als es für Espresso üblich ist. Weiter sollte die Zeit des Durchlaufs gekürzt werden. "Wir präsentieren eine Methode, um Abweichungen zu reduzieren", sagt Hendon. "Wir sind uns darüber im Klaren, dass wir nicht versuchen, den Geschmack des Espressos zu verbessern."
Espresseo-Regelwerke aus Italien
Für das Geheimnis des Aromas des Espressos existieren Regelwerke. In erster Linie gibt es diese aus Italien, etwa vom Konsortium zum Schutz des Traditionellen Italienischen Espressos, kurz CTCEIT. Die dunkle Röstung der Bohnen und die ersten kommerziellen Wasserdampfdruck-Maschinen sollen ihren Ursprung in dem Mittelmeerland haben. Genau wie der Name Espresso, was oft mit "ausgedrückt" übersetzt wird. Wobei die Italiener selbst beim Bestellen des kleinen Schwarzen einfach "un caffè" sagen.
Er glaube, die Italiener würden die Wirtschaftlichkeit klasse finden, auch wenn der Kaffee nach seiner Methode anders schmecke, so Hedon: "Statt zwei Portionen pro Minute kann man dann vier herstellen."
Zeit als zentrale Größe
Giorgio Caballini di Sassoferrato, der Präsident der Vereinigung CTCEIT, wird sehr deutlich, wenn es um einen schnellen Durchlauf geht: "Die Zeit ist eine zentrale Größe für den guten Espresso", erklärt er. "Für Qualität braucht der Auszug der Aromen um die 25 Sekunden, vielleicht ein paar Sekunden mehr oder weniger." Ein Zehn-Sekunden-Drink? "Das ist kein Espresso."
So viel Kaffee sollte in eine Tasse
Seine Vereinigung hat weitere Standards aufgeschrieben: Für eine Tasse werden 7 bis 9 Gramm Kaffee empfohlen - wobei es zwischen Nord- und Süditalien Unterschiede gibt, wie dick oder dünn die meisten ihren koffeinhaltigen Wachmacher lieben. Als Temperatur gelten 90 bis 96 Grad als optimal. Und: die Crema. Ein Espresso gilt als perfekt, wenn der feinporige Schaum zwei Minuten stehen bleibt.
Auch auf den Mensch kommt es an
Genuss-Richtlinien haben auch in Deutschland ihre Anhänger. Der Italiener Giovanni Burgarella leitet in München die hiesige Schulungsstätte der Kaffeefirma Illy, die sich "Università del Caffè" nennt. Die neue Studie kennt er nicht und kann dazu nichts sagen. Aber Burgarella beschreibt mit Leidenschaft die Espresso-Kultur.
"Die Grundsäulen beim Zubereiten eines guten Espressos sind traditionell die vier großen M: Mischung des Kaffees, Mühle, Maschine und Mensch." Der Mensch muss die Siebe der Maschine sorgsam reinigen, sonst können sich Durchlauf und Geschmack ändern. Der Mensch, im Lokal der Barista, passt die Einstellungen an, wenn der Kaffee zu säuerlich oder bitter gerät.
Und der Mensch achte auf die Crema: "Wenn der Espresso aus der Maschine fließt, soll er so aussehen wie ein Mäuse-Schwänzchen, wie eine coda del topolino, so sagt man in Italien", erläutert Burgarella. "Dann ist es richtig, dann wird die Crema haselnussbraun und fein." Auch ein langanhaltender Geschmack stehe für den perfekten Espresso: "Ein wirklich guter Espresso, dessen Aromen schmeckt man noch 30 Minuten danach im Mund." (dpa/sob)
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