- Die chinesische Regierung steht seit Jahren in der Kritik wegen ihres Umgangs mit der muslimischen Minderheit der Uiguren.
- Neue Leaks zeigen einmal mehr die Unterdrückung der Volksgruppe, China weist die Vorwürfe zurück.
- Aktuell ist die UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet zu Gast in der nordwestlichen Region Xinjiang, in der vor allem Uiguren leben.
Masseninternierungen, Zwangsarbeit, Zwangssterilisationen und "kulturelle Vernichtung": Mit diesen Mitteln geht China Menschenrechtsaktivisten zufolge in der Region Xinjiang gegen muslimische Minderheiten vor. In diesen Tagen besucht die UN-Menschenrechtskommissarin
Die kommunistische Führung des Landes hat seit Jahren religiöse und kulturelle Praktiken sowie die Sprache der Uiguren im Visier. Die Regierung rechtfertigt das harte Vorgehen damit, Terrorismus bekämpfen und die Wirtschaft der armen Region ankurbeln zu wollen. Uiguren geben an, staatlichem Druck ausgesetzt zu sein, ihre eigene Sprache nicht zu sprechen und islamische Bräuche aufzugeben. Dazu gehört etwa das Beten oder das Tragen langer Bärte.
Die USA bezichtigen China des Völkermords an der Volksgruppe, haben Sanktionen verhängt und zuletzt die Olympischen Winterspiele in dem Land auf diplomatischer Ebene boykottiert. Peking weist die Vorwürfe von sich und nennt sie die "Lüge des Jahrhunderts". Die Uiguren stellen mit rund zwölf Millionen Menschen etwa die Hälfte der Einwohner Xinjiangs. Recherchen zufolge haben staatliche Behörden mehr als eine Million von ihnen sowie andere, meist muslimische Minderheiten in Gefangenenlagern interniert. Peking behauptet, es handele sich dabei um berufliche Fortbildungsstätten, deren Besuch freiwillig erfolge.
#XinjiangPoliceFiles und andere Leaks zeigen Lage in China
Ehemalige Häftlinge berichten jedoch von Vergewaltigungen, Folter und politischer Indoktrinierung. Wachleute kontrollieren die Lager mithilfe von Tränengas, Elektroschockpistolen und mit Nägeln versehenen Knüppeln, wie aus Regierungsdokumenten hervorgeht, welche die Nachrichtenagentur AFP im Jahr 2018 einsehen konnte. Demnach werden zudem Stacheldraht und Infrarotkameras eingesetzt.
Von verschiedenen Stellen veröffentlichte interne Regierungsdaten gewährten in den vergangenen Jahren Einsichten in die Strategie des Staates. So führt etwa ein von David Tobin von der Sheffield University erlangtes Handbuch für Regierungsmitarbeiter in der Region aus dem Jahr 2016 detailliert Verhörmethoden auf. Unmittelbar vor Bachelets Besuch veröffentlichten mehrere Medien, darunter der "Spiegel" und der Bayerische Rundfunk, außerdem unter dem Stichwort "#XinjiangPoliceFiles" Fotos, Reden und Behördenanweisungen, welche die Behauptungen der Regierung widerlegen sollen, es handele sich nur um berufliche Fortbildungseinrichtungen.
Vorwurf: Bekannte Marken nutzen Uiguren-Zwangsarbeit
China wird des Weiteren vorgeworfen, mithilfe von "Arbeitstransfer"-Programmen Uiguren für die Herstellung von Textilien und anderen für den Export bestimmten Gütern auszunutzen. Die Regierung behauptet, die Initiativen würden mit gut bezahlten Jobs für die ländliche Bevölkerung helfen, die Armut zu bekämpfen. Recherchen deuten jedoch darauf hin, dass die Behörden im Zusammenhang mit den Internierungslagern zehntausende Menschen systematisch zur Arbeit auf Feldern und in Fabriken genötigt haben.
Laut einem Bericht des Australischen Instituts für Strategische Studien (ASPI) von 2020 ist Zwangsarbeit bereits in Schlüsselindustrien wie Autobau, Smartphone- und Solarzellenproduktion angekommen. Darunter seien auch bekannte Weltmarken. Entsprechende Hinweise fand kürzlich auch das zum Jugendprogramm von ARD und ZDF gehörende NDR-Format "STRG_F".
Mutmaßliche Zwangsmaßnahmen zur Geburtenkontrolle
Zu Pekings Strategie in Xinjiang gehören nach Angaben von Wissenschaftlern und Menschenrechtsanwälten auch harte Zwangsmaßnahmen zur Geburtenkontrolle. Demnach wird seit 2017 mit Sterilisierungen und dem Einsetzen von Spiralen versucht, die Geburtenrate ethnischer Minderheiten drastisch zu reduzieren. China hingegen führt den Rückgang der Geburten auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Veränderung sozialer Werte in der Region zurück.
In einigen Fällen ist Pekings Vorgehen in Xinjiang deutlich sichtbar. Dem ASPI zufolge wurden infolge von Regierungsmaßnahmen seit 2017 rund 16.000 und damit etwa zwei Drittel aller Moscheen in der Region zerstört oder beschädigt. Bei einer Reise in die Region im Jahr 2019 besuchten AFP-Reporter mehrere heilige Stätten, die abgerissen oder umfunktioniert worden waren. Städte waren übersät von Kameras und Kontrollpunkten der Polizei. (AFP/okb)
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