Einwanderer sollen es künftig einfacher haben. Dafür hat sich eine klare Mehrheit der Deutschen ausgesprochen, wie aktuelle Umfrageergebnisse belegen. Doch wie lässt sich dann die Pegida-Bewegung erklären?

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Auf den ersten Blick überraschen die Zahlen: 82 Prozent von 2.024 Befragten sprechen sich für weiterreichende Hilfestellungen für Einwanderer etwa durch das Arbeitsamt aus, damit Deutschland für Einwanderer attraktiver wird. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue repräsentative Studie der wirtschaftsliberalen Bertelsmann-Stiftung.

Darin befürworten weiter 56 Prozent erleichterte Einbürgerungsbestimmungen. 76 Prozent der Befragten sind wiederum der Ansicht, die Anerkennung erworbener Schul- und Berufsabschlüsse solle vereinfacht werden. Auch unter Migranten mausert sich Deutschland immer mehr zum vorbildhaften Zuwanderungsland. So sind 68 Prozent der Meinung, dass Behörden Einwanderer offen willkommen heißen – immerhin elf Prozent mehr als bei der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2012.

Deutschland, einig Einwanderungsland?

Die neue, offenere Haltung wirft angesichts zahlreicher Demonstrationen von Pegida-Anhängern allerdings Fragen auf. Gibt es wirklich in ganz Deutschland eine positive Grundeinstellung gegenüber Zuwanderern? Tatsächlich zeigt die Studie: In Westdeutschland glaubt lediglich ein Drittel der Befragten, Einwanderer seien hierzulande nicht willkommen. Im Osten, wo deutlich weniger Migranten wohnen, sieht das fast jeder Zweite so.

Die unterschiedlichen Teilnehmerzahlen bei "zuwanderungskritischen Demonstrationen" seien "sichtbarer Ausdruck gegenläufiger gesellschaftlicher Strömungen in Ost und West", erklärte Jörg Dräger, Vorstandsmitglied der Bertelsmann-Stiftung. Offen lässt die Stiftung hingegen, welche Ursachen dafür verantwortlich sind.

Der Osten fühlt sich vernachlässigt

"Ostdeutsche differenzieren zwischen Einwanderern und Asylbewerben", sagt Klaus Schroeder. Einwanderern stehe die Mehrheit durchaus positiv gegenüber. Asylbewerber würden hingegen als Konkurrenten wahrgenommen. "Pegida speist sich deshalb vor allem aus Sozialneid", glaubt der Berliner Politikprofessor. "Das Gefühl, zu kurz zu kommen, ist im Osten stark verbreitet. Und führt dazu, dass eine lautstarke Minderheit Asylbewerbern gegenüber eine ablehnende Haltung hat."

Auch mehr als 25 Jahre nach der Wende lösen Migranten insbesondere bei vielen älteren Ostdeutschen offenbar Fremdheitsgefühle aus. "Die Selbstverständlichkeit im Umgang mit Migranten, wie sie im Westen vorherrscht," sagt Schroeder, "ist da nicht vorhanden."

Daneben benennt er einen weiteren Grund für die vor allem in Ostdeutschland vorherrschende Unzufriedenheit. "Man hat Asylbewerber und Einwanderer zu lange als Gleiche behandelt." Kritik geübt werde deshalb vor allem, seitdem die Menschen den Mangel an Ehrlichkeit bemerkt hätten. "Das ist für mich Politikversagen", resümiert Schroeder.

Gesucht: Eine gelungene Zuwanderungspolitik

Warum sich die Politik lange damit zurück gehalten hat, klar und deutlich Position zu beziehen, kann indes kaum verwundern. Wer sich für eine konsequente Abschiebepraxis einsetzt, gilt schnell als rassistisch. Umgekehrt wird auch ein zu laxer Umgang mit Asylbewerbern nicht gutgeheißen.

Die SPD hat sich am Dienstag mit ihrem Positionspapier aus der Deckung gewagt – zumindest in der Zuwanderungsdebatte. Auch künftig sollen qualifizierte Einwanderer aus Nicht-EU-Ländern zunächst befristet ins Land kommen. Die bislang dafür vorgesehene sogenannte

Blaue Karte wurde jedoch kaum in Anspruch genommen. Ein Punktesystem nach dem Vorbild Kanadas könnte den dringend benötigten Fachkräftemangel besorgen, hofft die SPD. Als Mittel zum Zweck sollen unter anderem Bewerberdatenbanken und Quotensysteme dienen, um Arbeitgeber und -nehmer besser zueinander zu führen.

Dass es an der Zeit ist, der Zuwanderungspolitik mehr Aufmerksamkeit zu widmen, zeigt der Migrationsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2013. Über 1,2 Millionen Menschen sind in jenem Jahr nach Deutschland gezogen. So viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Gewachsen ist die Bevölkerung aber nur um etwa 430.000 Menschen. Der Grund: Etwa 800.000 haben das Land 2013 auch verlassen.

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