Die unabhängige russische Wahlbeobachterorganisation Golos befürchtet einen wachsenden Druck auf Wähler und Wählerinnen zur Teilnahme an der Präsidentenwahl am 17. März. Vor allem durch die Stimmabgabe von Menschen, die vom Staat abhängig sind, solle die Wahlbeteiligung hochgetrieben werden, schrieb die Organisation am Donnerstag auf ihrem Telegram-Kanal. Dies betreffe Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Behörden und anderen staatlichen Einrichtungen, die Belegschaft staatlicher Unternehmen oder großer kremlnaher Firmen.
Als einen Beleg nannte Golos ein System zur elektronischen Kontrolle der Stimmabgabe, das angeblich von der Kremlpartei Geeintes Russland in ihren Gliederungen verbreitet werde. Dabei erhielten Wähler auf ihr Handy eine SMS mit einem Link, um die Wahlteilnahme zu bestätigen. Dieser Link funktioniere aber nur, wenn die Standortbestimmung des Telefons eingeschaltet sei und das Gerät direkt im Wahllokal genutzt werde. Die Wahlbeobachter stuften diese Art der Datensammlung als Verletzung des Wahlgeheimnisses ein.
Kremlchef
Die Nichtteilnahme ist dabei für Wähler eine der wenigen Möglichkeiten, sich dem System zu entziehen und Unzufriedenheit auszudrücken. Nach Berichten des exilrussischen Internetportals "Meduza" werden Mitglieder von Geeintes Russland angehalten, mindestens zehn andere Menschen zur Wahl zu bringen. Angestellte von Staatsunternehmen soll drei Menschen mitbringen.
Kremlgegner haben dazu aufgerufen, als Zeichen des Protests am Wahltag genau um 12.00 Uhr zur Wahl zu gehen. An den erwarteten Schlangen vor den Wahllokalen werde sich ablesen lassen, wie hoch die Unzufriedenheit tatsächlich sei. Diese Aktion wird auch von Julia Nawalnaja unterstützt, der Witwe des im Februar in russischer Haft gestorbenen Regimekritikers Alexej Nawalny.
Die russische Justiz übt seit langem Druck auf Golos aus, um die Arbeit der Wahlbeobachter zu behindern. © dpa
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