• Mit Herbert Kickl als neuen Parteichef driftet die FPÖ in Österreich noch weiter nach rechts - zumindest verbal ist der 52-Jährige so scharf wie sonst keiner.
  • Sein aktueller Lieblingsgegner: Kanzler Sebastian Kurz.

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An der Spitze der rechten FPÖ in Österreich steht künftig der für seine scharfe Rhetorik bekannte Herbert Kickl. Der 52-Jährige erhielt bei der Wahl zum Parteichef auf einem außerordentlichen Bundesparteitag in Wiener Neustadt 88,2 Prozent der Stimmen der Delegierten. Der FPÖ-Fraktionschef gilt als langjähriger Chefdenker der Rechtspopulisten. Zuletzt stellte er sich an die Seite der Gegner der Corona-Maßnahmen und trug demonstrativ im Parlament keine Maske.

In seiner Rede verbreitete Kickl am Samstag Zuversicht: "Wir spielen auf Sieg", rief er den rund 760 Delegierten zu. Zugleich nannte der in einer Arbeitersiedlung in Kärnten aufgewachsene Kickl die Achtung einfacher Bürger eine zentrale Lebensweisheit. "Einfache Leute sind einfach, aber sie sind nicht dumm."

Kickl folgt Norbert Hofer nach. Hofer hatte versucht, zumindest durch moderateres Auftreten die Partei auch für Wechselwähler attraktiv zu machen, trat aber mit Blick auf wiederholte Auseinandersetzungen mit Kickl zurück. Auf dem Parteitag gab er sich versöhnlich und kündigte seine Unterstützung für den Extremsport treibenden Kickl an. In Umfragen kommt die FPÖ derzeit auf etwa 16 Prozent. Ein erster Stimmungstest wird die Landtagswahl in Oberösterreich im September.

Kickl auch innerhalb der FPÖ nicht unumstritten

Der neue FPÖ-Chef ist in seiner Partei jedoch nicht unumstritten. Vereinzelt traten Mitglieder nach der Nominierung des 52-Jährigen für das Spitzenamt aus der Partei aus. Sein Vorgänger Hofer war 2019 mit 98 Prozent der Stimmen gewählt worden. Mit seinen verbalen Attacken gegen Migranten und gegen den Islam spricht Kickl zwar die Kern-Klientel der FPÖ an, kann aber nach Meinung vieler Beobachter kaum Anhänger anderer Parteien für die Rechtspopulisten gewinnen.

Kickl erneuerte am Samstag seine scharfe Kritik am ehemaligen Koalitionspartner ÖVP und deren Chef, Kanzler Sebastian Kurz. Die ÖVP sei aufgrund des wachsenden Rumorens in den Bundesländern wegen der staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen Kurz und Finanzminister Gernot Blümel in einer bedrohlichen Lage. Auch der Kanzler selbst sei nicht mehr ungefährdet, meinte Kickl. Eine kleine Gemeinsamkeit mit dem 34-Jährigen sah er: "Wir sind beide Studienabbrecher." Umfragen zufolge ist die Regierungskoalition von ÖVP und Grünen in einem Stimmungstief und hätte bei Neuwahlen keine Mehrheit mehr.

Chance auf Regierungsbeteiligung auf Bundesebene schwindet mit Kickl

Mit Kickl als Parteichef scheinen zunächst jedoch alle auch Chancen der FPÖ auf eine Regierungsbeteiligung auf Bundesebene zu schwinden. Eine Neuauflage der ÖVP-FPÖ-Koalition gilt auch wegen der tiefen Kluft zwischen Kurz und Kickl als ausgeschlossen. Alle anderen Parteien wollen ohnehin nicht mit den Rechtspopulisten paktieren.

Die FPÖ war von 2017 bis 2019 in einer Koalition mit der konservativen ÖVP unter Kurz. Das Bündnis zerbrach an der Ibiza-Affäre, in der Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache anfällig für Korruption wirkte. Die FPÖ gehört seit Jahrzehnten zur politischen Landschaft in Österreich mit teils hoher Zustimmung bei Wahlen. International bekannt wurde sie vor allem durch die Auftritte des 2008 tödlich verunglückten Parteichefs Jörg Haider, der von 1986 bis 2000 an der Spitze der Partei stand.  © dpa

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