Der rechtsradikale "Wolfsgruß" wurde zur Skandalgeste der Fußball-EM. Als Konsequenz wird nun offenbar ein vermeintlich harmloses Handzeichen aus den Bremer Klassenzimmern verbannt. Der Grund: die Verwechslungsgefahr.
Wenn die Kinder einmal zu laut werden, greifen Erzieherinnen und Lehrer so manches Mal zu einer simplen Geste: Während Zeigefinger und kleiner Finger wie Ohren aufgerichtet werden, formen die restlichen Finger zusammen ein spitzes Maul – den "Schweigefuchs". Doch damit soll in Bremen wohl künftig Schluss sein.
Die Stadt verbietet den Gebrauch des Handzeichens an Kitas und Schulen offenbar, wie zunächst der "Weser-Kurier" berichtete. Dahinter steckt die Sorge, dass der harmlose "Schweigefuchs" zu leicht mit dem rechtsextrem konnotierten "Wolfsgruß" verwechselt werden kann.
Das Thema werde demnach bereits seit Längerem diskutiert, sagte Patricia Brandt, Sprecherin der Bildungsbehörde. Die damit verbundene politische Bedeutung des Handzeichens sei mit den Werten der Stadt Bremen "absolut unvereinbar", sagte sie.
Wolfsgruß als Zeichen der "Grauen Wölfe"
Der Wolfsgruß ist eine Geste der "Grauen Wölfe" der nationalistischen "Ülkücü"-Bewegung, die vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextrem bezeichnet wird. Sie ist demnach von Elementen wie Rassismus, Antisemitismus und einer Überhöhung des Türkentums geprägt. Der türkische Nationalspieler Merih Demiral hatte den "Wolfsgruß" während der Fußball-EM nach einem Tortreffer im Achtelfinalspiel der Türkei gegen Österreich gezeigt. Die Uefa hatte den Innenverteidiger daraufhin für zwei Spiele gesperrt.
Vergangene Woche hatte bereits der Deutsche Lehrerverband Bedenken an der "Schweigefuchs"-Geste angemeldet und für eine Sensibilisierung an Schulen geworben. Besonders Lehrkräfte an Grundschulen müssten für die Verwechslungsgefahr von "Schweigefuchs" und "Wolfsgruß" sensibilisiert werden, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Stefan Düll, der "Zeit".
Missverständnissen vorbeugen
Fachkräfte müssten entsprechend auf die Problematik aufmerksam gemacht werden, um Missverständnissen vorbeugen und Fragen beantworten zu können, so Düll. Der Lehrerverband sprach sich in diesem Zusammenhang zwar nicht für ein Verbot des "Schweigefuchses" aus, es gebe jedoch Alternativen, um Kinder zur Ruhe zu bringen.
Bereits in der Vergangenheit war in der Politik laut über ein Verbot des Schweigefuchses nachgedacht worden. Wie genau die Stadt Bremen das Verbot nun durchsetzen will, ist unklar. "Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass der ›Schweigefuchs‹ noch vereinzelt verwendet wird", sagt Patricia Brandt. Man wolle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jedoch dafür sensibilisieren. © DER SPIEGEL
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