Justizminister Buschmann hat im ersten deutschen Ermittlungsverfahren zu einem konkreten Kriegsverbrechen in der Ukraine einen Teilerfolg zu vermelden: Die Tatverdächtigen sind inzwischen bekannt.

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Im ersten deutschen Ermittlungsverfahren zu einem konkreten Kriegsverbrechen in der Ukraine sind die Tatverdächtigen inzwischen bekannt. "Die mutmaßlichen Schützen und verantwortlichen Offiziere konnten bereits identifiziert werden", sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) der Deutschen Presse-Agentur. In dem Verfahren, das Mitte Juli eingeleitet wurde, geht es um gezielte Schüsse von Angehörigen der russischen Streitkräfte auf flüchtende Zivilisten.

"Wenn wir der Täter habhaft werden, werden wir Anklage erheben", sagte Buschmann. "Und wenn die Ukraine oder ein anderes Land, mit dem wir kooperieren, dieser Leute habhaft werden, dann werden wir das Beweismaterial so zur Verfügung zu stellen, dass dort erfolgreich Anklage erhoben werden kann." Verurteilungen in Abwesenheit kämen bei Kriegsverbrechen und anderen schweren Straftaten nach deutschem Strafprozessrecht generell nicht in Betracht.

Ähnliches Vorgehen wie bei Kriegsverbrechen in Syrien

Vor der Eröffnung dieses konkreten Ermittlungsverfahrens hatte die Bundesanwaltschaft im März 2022 bereits ein sogenanntes Strukturermittlungsverfahren zu mutmaßlichen Kriegsverbrechen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eingeleitet. Dabei geht es darum, zunächst ohne konkrete Beschuldigte Beweise zu sichern, etwa indem Zeugen befragt werden, die in Deutschland Zuflucht gesucht haben. Ähnlich war man auch in Bezug auf Kriegsverbrechen in Syrien vorgegangen, wo es inzwischen mehrere Verurteilungen gibt.

Weltstrafgericht erlässt Haftbefehl gegen Wladimir Putin

In der Ukraine wurden vermutlich zahlreiche Kriegsverbrechen begangen. Die Ermittler waren schnell zur Stelle. Nun erlässt das Weltstrafgericht erste Haftbefehle. Doch die Aussicht auf einen Prozess ist gering.

"Für Menschen, die Opfer oder Zeugen von traumatisierenden Erlebnissen geworden sind, ist es jedoch oft eine große Überwindung, sich noch einmal mit ihren Erfahrungen zu konfrontieren und darüber zu sprechen", sagte Buschmann. Die deutschen Behörden hätten Aufrufe in ukrainischer, russischer und englischer Sprache gestartet, um Menschen davon zu überzeugen, ihre Erfahrungen mit der Polizei zu teilen. Es gebe auch Personal, das ausgebildet sei, auch traumatisierte Menschen in angemessener Art und Weise zu vernehmen.

"Wir haben auch schon überlegt, mit dem Generalstaatsanwalt der Ukraine Andrij Kostin, ein Video zu drehen, in dem er sich an seine Landsleute richtet", berichtete Buschmann. Es gehe darum, die Hürden zu senken. Es gelte, das Vertrauen in deutsche Behörden zu stärken, "dass man sich ihnen öffnen kann, auch wenn man etwas sehr Schlimmes erlebt hat, was man am liebsten schnell vergessen würde".

Buschmann: Ermittlungen sind "aufwendig und herausfordernd"

Der Vorfall, um den es bei dem ersten deutschen Ermittlungsverfahren geht, hatte sich in dem Kiewer Vorort Hostomel zugetragen. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft von September geht es um den Vorwurf, dass Zivilisten - darunter eine Person mit deutscher Staatsangehörigkeit - in dem ukrainischen Ort von russischen Streitkräften beschossen und verletzt wurden. Es besteht ein Anfangsverdacht der Begehung von Kriegsverbrechen. Buschmann sagte: "Die Ermittlungen zu den in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen sind sehr aufwendig und herausfordernd."

Da in diesem Fall ein Opfer deutscher Staatsangehöriger ist, gibt es ohnehin einen Bezug zu Deutschland. Nach dem Weltrechtsprinzip ist nationales Strafrecht aber auch auf Verbrechen anwendbar, bei denen weder der Tatort im Inland liegt, noch Täter oder Opfer aus diesem Land stammen. (dpa/mcf)

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