- Sprengt Russland möglicherweise einen Staudamm, um die ukrainische Gegenoffensive in Cherson zu bremsen?
- In der Ukraine befürchtet man genau dieses Szenario.
- Präsident Wolodymyr Selenskyj warnt davor, dass dadurch hunderttausende Menschen in der Region in Gefahr wären.
Die Ukraine wirft Russland vor, einen Staudamm in der südukrainischen Region Cherson zerstören zu wollen. Nach Angaben der Regierung in Kiew haben russische Truppen den Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka vermint, um mit einer Flutwelle eine ukrainische Gegenoffensive in Cherson zu stoppen.
"Russland bereitet eine menschengemachte Katastrophe vor", sagte Selenskyjs Berater Mychailo Podoljak. Russland vermine den Damm und Transformatoren des Kraftwerks, um einen Dammbruch und eine Flutwelle zu verursachen. Das Ziel sei, den ukrainischen Vormarsch zu stoppen.
Ukraine wirft Russland "Deportation" von Zivilisten vor
In einer Videoansprache sagte Selenskyj, eine Unterbrechung der Wasserversorgung in der Südukraine würde auch das Kühlsystem des Atomkraftwerks Saporischschja beeinträchtigen. Im Falle einer Zerstörung des Staudamms würde zudem "der Nord-Krim-Kanal einfach verschwinden", welcher die 2014 von Russland annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim mit Wasser versorgt.
Der Staudamm des Wasserkraftwerks Kachowka liegt am Dnipro in der Region Cherson, die derzeit von russischen Truppen kontrolliert wird und von Moskau annektiert wurde. Angesichts der vorrückenden ukrainischen Truppen hatte die Besatzungsverwaltung am Mittwoch mit ihrem Rückzug aus der Stadt Cherson und der "Evakuierung" von Zivilisten begonnen.
Inzwischen seien 15.000 Menschen ans linke Ufer des Dnipro gebracht worden, erklärte der Verwaltungsvertreter Kirill Stremussow. Kiew verurteilt das Vorgehen als "Deportation" von Zivilisten nach Russland.
Selenskyj: Russland macht ukrainische Energie-Infrastruktur zum "Schlachtfeld"
Nach zahlreichen russischen Angriffen auf die Strom-Infrastruktur im Land sind die Ukrainer seit Donnerstag zum Stromsparen aufgerufen. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko bat die Bewohner der Hauptstadt, zwischen 07.00 und 23.00 Uhr keine größeren Elektrogeräte zu nutzen. Selbst eine kleine Energieeinsparung in jedem Haushalt werde dabei helfen, den Betrieb des ukrainischen Energiesystems zu stabilisieren, erklärte er.
Olexij Arestowytsch, Berater im Präsidialamt in Kiew erklärte, dass die Ukraine in die Situation geraten könne in der man, "Wochen oder sogar Monate ohne Wasser, ohne Licht und Wärme oder mit großen Einschränkungen sitzen" könnte.
In einer Videoansprache beim EU-Gipfel in Brüssel warf Selenskyj Russland vor, die Energie-Infrastruktur seines Landes in ein "Schlachtfeld" verwandelt zu haben. Russland löse dadurch eine neue Flüchtlingswelle in die EU-Länder aus.
Moskau verfolge damit die Absicht, der Ukraine im Herbst und Winter Strom- und Heizprobleme zu bescheren und "so viele Ukrainer wie möglich in Ihre Länder zu schicken", sagte Selenskyj an die EU-Staaten gerichtet. (afp/dpa/thp)
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