Die Stadt Bachmut in der Ukraine gehört zu den Schauplätzen des Krieges, an denen besonders erbittert gekämpft wird. Die ukrainischen Soldaten harren in Kellern aus, die russische Armee kontrolliert inzwischen etwa 80 Prozent der Stadt.
Der Keller erbebt unter dem Granathagel, draußen vor dem Haus taumelt ein blutender Soldat vor einem Krankenwagen. Einige Soldaten kommen den Sanitätern zur Hilfe – müssen sich aber gleich wieder in Sicherheit bringen, als eine weitere russische Rakete in einem Hof in der Nähe einschlägt. In Bachmut im Osten der Ukraine liefern sich ukrainische und russische Truppen seit zehn Monaten erbitterte Kämpfe. AFP-Reporter haben jetzt das Kriegsgeschehen vor Ort verfolgt.
Die Höfe zwischen den zerschossenen Gebäuden sind bedeckt mit verbogenen Metallgerüsten von Spielplätzen, Glasscherben und improvisierten Kreuzen auf Gräbern von eilig beigesetzten Zivilisten. Sie zeugen von der längsten und blutigsten Schlacht des Kriegs in der Ukraine in einer Stadt von ehemals 70.000 Einwohnern, in der früher Salzbergbau und Weinbau betrieben wurden. Die russische Armee kontrolliert inzwischen rund 80 Prozent von Bachmut. Die ukrainischen Truppen harren im Westen der Stadt in miteinander verbundenen Kellern aus, die kaum beleuchtet sind.
"Sie hören nicht auf anzugreifen, weder tagsüber noch nachts. Nur wenn wir einen Angriff landen, müssen sie erst ihre Verwundeten und Toten in Sicherheit bringen", sagt der Vize-Befehlshaber eines Bataillons, der sich "Philosoph" nennt, in seinem Posten unter der Erde. Über ihm dröhnt der Kugelhagel.
"Wir sind müde, die Leute sind erschöpft", sagt der "Philosoph". "Aber jeder Tag, den wir Widerstand leisten, gibt anderen Einheiten die Chance, einen Gegenangriff vorzubereiten." Ihm zufolge zerstören die Russen systematisch alles, während die Ukrainer auf genau definierte Ziele schießen. "Unser Schwachpunkt ist, dass uns die Munition fehlt."
Die ukrainischen Soldaten verteidigen Bachmut Straße um Straße – unter großen Verlusten. Die Führung in Kiew erklärt derweil, russische Einheiten würden reihenweise vernichtet, der Feind werde zermürbt, bevor es zum großangelegten Gegenangriff kommen werde.
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Ukrainer verteidigen Zufahrtsstraße: "Du kannst es Straße des Lebens oder Straße des Todes nennen"
Die Verteidigung Bachmuts ist für die Ukrainer umso schwieriger, da sie nur eine Zufahrtsstraße kontrollieren, über welche sie die Truppen versorgen können. Sie nennen sie "die Straße des Lebens" – aber die ausgebrannten Fahrzeuge am Straßenrand zeugen von tödlichen Kämpfen. "Du kannst es Straße des Lebens oder Straße des Todes nennen", sagt die 22-jährige Amina, die seit einigen Monaten in der Armee kämpft. Auch sie hält sich in einem Keller auf, am Stadtrand von Bachmut.
Hinter einer dünnen Reihe von Birken in einem matschigen Feld sitzt der 26-jährige Andrij mit seiner Kanone aus den Zeiten der Sowjetunion und versucht, die Zufahrtsstraße zu verteidigen. Ihm ist klar, was auf dem Spiel steht. "Wenn du die Straße abschneidest, sind alle in Bachmut tot. Keine Versorgung, keine Munition, kein Essen. Nichts. Es wäre total abgeschnitten", sagt er, während seine Leute die neu eingetroffene Munition aufschichten.
An einer Stelle sind die russischen Truppen der Straße bereits gefährlich nahe gekommen. Im westlichen Vorort Ivanivske, wo Kirschbäume in voller Blüte stehen, griffen sie dabei ständig an, um die Straße unter ihre Kontrolle zu bringen.
Ukrainischer Kämpfer: "Die Russen gehen volle Kante auf uns los"
"Wir graben uns ein und die Russen gehen volle Kante auf uns los, mit allem, was sie haben. Alles wird beschossen mit Raketen, Mörsern und von Panzern aus", sagt ein 38 Jahre alter ukrainischer Kämpfer. "Wir können uns nirgendwo verstecken."
Einige ukrainische Soldaten vom Aidar-Angriffsbataillon, die gegen die russische Einkreisung kämpfen, betonen, sie bräuchten moderne Artillerie und Munition, um den russischen Streitkräften die Stirn bieten zu können.
Nach Ansicht von Experten hat Bachmut wenig strategischen Wert, dafür aber extreme symbolische Bedeutung gewonnen. "Wenn Russland Bachmut erobert, wird es ein Pyrrhus-Sieg sein", sagt Mykola Bjeljeskow vom Nationalen Institut für Strategische Studien in Kiew. "Es ist offensichtlich, dass ihr Generalangriff seinen Höhepunkt erreicht hat, mit enormen Verlusten", fügt er hinzu. "Kriege werden durch schnelle offensive Operationen gewonnen. Das ist nicht das, was die Russen in Bachmut getan haben." (AFP/tas)
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