Gute Zeiten für Boris Johnson: Umfragen zufolge liegt er in der Wahl zum nächsten Premierminister weit vorne. Sollten sich die Parteimitglieder für den Ex-Außenminister entscheiden, dürften sich in London einige Posten ändern. Doch wer gehen und wer bekommt einen neuen Job?
Im Rennen um die Nachfolge von Premierministerin
Nach einer jüngsten Umfrage unter Tory-Mitgliedern könnte der umstrittene Politiker mehr als 70 Prozent der Stimmen bekommen. Seinem Konkurrenten, Außenminister Jeremy Hunt, werden nur geringe Chancen eingeräumt.
Das Wahlergebnis wird am Dienstag in London bekannt gegeben, am Mittwoch würde Johnson bereits zum neuen Premierminister ernannt.
Zwar sei die Befragung mit Unsicherheiten behaftet. Doch andere Umfragen seien zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, heißt es auf der konservativen Webseite "Conservative Home". Dies weise darauf hin, dass "Johnson mit überwältigender Mehrheit gewinnen wird".
Die etwa 160.000 Parteimitglieder - das sind nach Angaben der Zeitung "Independent" 0,34 Prozent aller Wahlberechtigten - konnten sich noch bis zum späten Montagnachmittag (18:00 Uhr MESZ) entscheiden, ob sie Johnson oder Hunt als neuen Chef und damit auch als Premierminister haben wollen.
Schwere Zeiten für den nächsten Premierminister
Dabei ist der Ex-Außenminister und frühere Londoner Bürgermeister sehr umstritten. Er nimmt es mit der Wahrheit oft nicht so genau. Als Außenminister trat er in viele Fettnäpfchen auf internationalem Parkett. Viele Parteimitglieder trauen dem exzentrischen Politiker aber zu, enttäuschte Brexit-Wähler wieder ins Boot zu holen.
Der neue Premierminister dürfte es wie May sehr schwer haben: Die Regierung verfügt nur über eine Mehrheit von drei Stimmen. Der Premier-Wechsel kommt zudem mitten im Konflikt mit dem Iran, der einen britischen Tanker in der Straße von Hormus festsetzte. Der Sender BBC sprach schon vom ersten "diplomatischen Test" für Johnson.
Wer bekommt welchen Posten?
Britische Medien gehen davon aus, dass Johnson im Falle seines Wahlsiegs viele Regierungsposten neu besetzen wird. Zeitungen spekulierten etwa über ein Comeback des früheren Brexit-Ministers Dominic Raab, der das Justizministerium übernehmen könnte. Angeblich plant Johnson dem "Telegraph" zufolge auch, Ex-Brexit-Minister David Davis zu reaktivieren und ihn zum Finanz- oder Außenminister zu machen. Kritiker halten Davis für inkompetent und faul.
Am Wochenende hatten bereits Finanzminister Philip Hammond und Justizminister David Gauke die Aufgabe ihrer Ämter angekündigt, sollte Johnson Regierungschef werden. Britische Medien rechnen mit weiteren Rücktritten von EU-freundlichen Ministern.
May tritt noch einmal vor die Abgeordneten
Johnson will Großbritannien an Halloween, am 31. Oktober, aus der Europäischen Union führen, "komme, was wolle". Dabei droht er Brüssel auch mit einem Austritt ohne Abkommen - das hätte erhebliche negative Folgen für die Wirtschaft und andere Lebensbereiche. May war drei Mal mit ihrem mit Brüssel ausgehandelten Deal im Parlament gescheitert. Johnson betonte am Montag, dass ein geregelter EU-Austritt Ende Oktober mit "Willen und Tatkraft" machbar sei.
Mays Nachfolger wird am Dienstag in einer ersten Rede möglicherweise Details seiner Brexit-Pläne darlegen. Am Mittwoch folgt dann die Amtsübergabe. May wird sich mittags ein letztes Mal den Fragen der Abgeordneten stellen. Anschließend wird sie vor dem Regierungssitz Downing Street eine Abschiedsrede halten und dann bei Königin Elizabeth II. im Buckingham-Palast ihren Rücktritt einreichen.
Die 93-jährige Queen wird direkt danach den neuen Premierminister ernennen und ihn mit der Regierungsbildung beauftragen. Auch von ihm wird dann eine Rede vor seinem Amtssitz erwartet.
Die Briten hatten sich vor drei Jahren, am 23. Juni 2016, in einem Referendum mit knapper Mehrheit für den EU-Austritt ausgesprochen. (dpa/awa)
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