Der iranische Angriff auf Israel sorgt weltweit für Verunsicherung. Bei "Markus Lanz" warnte Militärexperte Carlo Masala vor weiteren Eskalationen. Der Iran sei zu nuklearen Angriffen in der Lage, die für Israel eine existenzielle Bedrohung darstellen könnten.
Am Dienstagabend stellte
Das ist das Thema bei "Markus Lanz"
In der Nacht zum Sonntag attackierte der Iran Israel und feuerte rund 300 ballistische Raketen und Drohnen ab. Als Grund für den Angriff nannte das Regime in Teheran die israelische Attacke auf ein iranisches Konsulat im syrischen Damaskus. Weniger als eine Handvoll der Geschosse konnten tatsächlich ihr Ziel erreichen. Somit blieb die Attacke, an der unter anderem auch die libanesische Hisbollah-Miliz beteiligt war, fast ohne größere Schäden.
Markus Lanz blickte auf die Möglichkeit einer weiteren Eskalation im Nahen Osten und hakte bei seinen Gästen konkret nach, wie ein Gegenschlag Israels aussehen könnte.
Das sind die Gäste
Kevin Kühnert , SPD-Generalsekretär: "Natürlich gibt es keinen Willen in der Politik, dieses Regime zu stärken."- Michael Bewerunge, ZDF-Korrespondent: "Dieser Angriff ist nicht einfach nur so aus dem hohlen Bauch erfolgt."
- Guido Steinberg, Islamwissenschaftler: "Israel und Iran führen einen Schattenkrieg."
- Carlo Masala, Militärexperte: "Es wird einen Gegenschlag auf iranischem Territorium geben. Das diktiert eigentlich die strategische Logik."
- Daniela Sepehri, Iran-Aktivistin: "Die Mehrheit der Menschen im Iran ist gegen dieses Regime."
Das ist der Moment des Abends bei "Markus Lanz"
In den vergangenen Monaten war der internationale Blick auf den Konflikt im Gazastreifen gerichtet. ZDF-Korrespondent Michael Bewerunge erklärte, dass die iranische Attacke auf Israel dennoch für viele nicht überraschend kam: "Dieser Angriff ist nicht einfach nur so aus dem hohlen Bauch erfolgt." Nun werde laut Bewerunge befürchtet, dass Israel einen Gegenschlag auf iranischem Boden plane.
"Wie kann sowas aussehen?", wollte Markus Lanz wissen. Laut Bewerunge gibt es unter anderem "ausgeklügelte Szenarien" für einen Angriff auf die Nuklearanlagen. "Das wäre (...) der 'worst case', weil das natürlich garantiert wiederum eine Reaktion des Iran provozieren würde", so der Journalist. Militärexperte Carlo Masala nickte zustimmend: "Es wird einen Gegenschlag auf iranischem Territorium geben. Das diktiert eigentlich die strategische Logik." Er fügte jedoch hinzu, dass die Atomanlagen "das schwierigste" Ziel für das israelische Militär seien. Einfacher wäre es dagegen, die iranischen Drohnenfabriken anzugreifen, was auch in "europäischem Interesse" wäre.
Wie brisant die Lage im Nahen Osten seit dem iranischen Angriff auf Israel ist, machte Michael Bewerunge nur allzu deutlich. "Das iranische Raketenarsenal ist schon etwas anderes als die Raketen der Hamas und auch die bisher abgefeuerten Raketen der Hisbollah." Die Bedrohung durch den Iran werde in Israel "schon deutlich ernster genommen (...) als die anderen Bedrohungen durch die Nachbarn", da es sich um "eine hochgerüstete Macht" handle.
Besonders gefährlich sei die mögliche nukleare Stärke des Iran. "Wenn der Iran in der Lage wäre, (...) seine ballistischen Raketen mit Atomsprengkörpern zu bestücken, dann ist diese Bedrohung tatsächlich eine existenzielle", stellte der ZDF-Korrespondent mit ernster Miene klar. Carlo Masala ergänzte, dass es "relativ schnell" gehen könne, dass "einige dieser Raketen (...) Nuklearsprengköpfe tragen".
Als Markus Lanz nach einem ungefähren Zeitraum fragte, schätzte Islamwissenschaftler Guido Steinberg diesen auf knapp ein Jahr. "Dazu kommt dann allerdings noch die Zeit, bis man das beherrscht, Sprengköpfe tatsächlich auf Raketen zu montieren. Das würde sicherlich etwas länger dauern", so Steinberg weiter. Militärexperte Masala warnte jedoch vor falschem Optimismus: "Das Wissen ist da, die Technik ist da. (...) Sie werden von Nordkorea unterstützt." Das Nuklear-Programm des Iran könne zwar verzögert werden, aber "der Geist ist aus der Flasche raus und das Wissen ist da".
Das ist das Rede-Duell des Abends
Iran-Aktivistin Daniela Sepehri, deren Eltern in den 90er-Jahren nach Deutschland geflüchtet sind, stellte im Gespräch mit Markus Lanz zunächst klar: "Die Menschen im Iran sind super wütend." Der Grund: der Westen verallgemeinere die Attacke des iranischen Regimes und verurteile den gesamten Staat dafür. "Es sind nicht die Iraner, die die Waffen haben. Es sind nicht die Iraner, die Israel angreifen. (...) Die Iraner sind auf den Straßen und protestieren gegen das Regime und sitzen in den Gefängnissen", so Sepehri wütend.
Markus Lanz hakte skeptisch nach: "Sind wirklich die Iraner alle auf den Straßen und demonstrieren?" Daniela Sepehri ruderte zurück: "Nicht alle." Gleichzeitig ergänzte sie: "Die Mehrheit der Menschen im Iran ist gegen dieses Regime." Lanz reagierte versöhnlich: "Wenn Sie sagen 'die Mehrheit', das akzeptiere ich."
Dennoch stichelte Daniela Sepehri weiter und echauffierte sich über "diese Formulierung 'der Iran'". Lanz konterte unbeeindruckt: "Wir reden über einen Staat in dem Fall." Die Iran-Aktivistin schoss prompt zurück: "Dann heißt es 'Islamische Republik Iran' (...). Dann müssten wir uns die zwei Silben noch gönnen." Sichtlich genervt antwortete Lanz: "Okay, dann haben wir das rein Begriffliche geklärt."
Der ZDF-Moderator fokussierte sich als Nächstes auf die politische Beziehung zwischen Deutschland und richtete sich an SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert: "Hält Deutschland das Regime mit stabil?" Kühnert schüttelte mit dem Kopf: "Natürlich gibt es keinen Willen in der Politik, (...) dieses Regime zu stärken."
Lanz fragte weiter nach: "Aber gibt es den Willen, dieses Regime wirklich zu schwächen?" Kühnert beteuerte: "Diesen Willen gibt es durchaus. Die Frage ist, ob die Maßnahmen dafür ausreichend stark bisher gewesen sind." Die SPD stehe "an der Seite der Protestierenden", verkündete der Politiker. Eine Steilvorlage für Lanz: "Wollen Sie als SPD die Revolutionsgarden auf der Sanktionsliste?", fragte er kritisch. Kühnert reagierte schwammig: "Wir hielten nach allem, was wir wissen, die Revolutionsgarden dort für richtig aufgehoben. (...) Das ist unsere Position."
Der ZDF-Moderator reagierte fassungslos: "Was ist das für eine verquaste Formulierung?" Kühnert antwortete ruhig: "Das war eine sehr eindeutige Antwort. Das war ein Ja." Daniela Sepehri war das nicht genug: "Ich würde mir wünschen, dass auch vom Kanzler deutliche Worte kommen. Weil den scheint das ganze Thema Iran (...) überhaupt nicht zu interessieren."
Guido Steinberg stellte sich gegen Kühnerts Positionierung. Es wäre "problematisch" und "falsch", die Revolutionsgarden auf die Terrorliste der EU zu setzen, schließlich sei sie "ein staatlicher Akteur." "Wenn die Revolutionsgarde nicht auf eine EU-Terrorliste gehört, dann weiß ich nicht, wofür wir diese EU-Terrorliste brauchen!", konterte die Aktivistin prompt.
So hat sich Markus Lanz geschlagen
Markus Lanz gelang eine informative Sendung, die die Brisanz des iranischen Angriffs auf Israel gut darstellte. Der ZDF-Moderator nahm sich ausreichend Zeit und versuchte, SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert konkrete Aussagen zu entlocken - allerdings nur mit mäßigem Erfolg.
Das ist das Fazit bei "Markus Lanz"
Iran-Aktivistin Daniela Sepehri kritisierte bei "Markus Lanz" die deutsche Position hinsichtlich des Iran. "Wir haben keine Strategie, mit diesem Regime umzugehen, lassen uns immer wieder erpressen." Zeitgleich habe Europa eine "arrogante Sichtweise" und glaube, "es immer besser zu wissen als die Menschen im Iran".
Dem stimmte Guido Steinberg teilweise zu und ergänzte: "Wenn man europäischer und deutscher Politik einen Vorwurf machen kann, dann vielleicht, dass sie zu lange an einem Atomabkommen festgehalten haben, das 2018 gescheitert ist." Kevin Kühnert versuchte dennoch, einen gemeinsamen Nenner zu finden und erklärte abschließend: "Wir haben eine identische Auffassung (...) über die Gefährlichkeit des Regimes, für welche Zwecke es seine militärischen Mittel (...) einsetzt, was seine Bestrebungen sind." © 1&1 Mail & Media/teleschau
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