Bei Sandra Maischberger geht es am Mittwochabend um die Lage der SPD, den Brexit und Menschen mit Down-Syndrom. Eine unterhaltsame Sendung, der wie gewohnt nur manchmal die Tiefe fehlt.

Eine Kritik

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Das ist wohl der Preis der Bekanntheit: Kevin Kühnert ist am Mittwochabend gar nicht in Sandra Maischbergers Talkshow zu Gast, um sich verteidigen zu können. Trotzdem wird über ihn geredet und geurteilt.

Fernsehmoderator Jörg Thadeusz ist jedenfalls kein Fan des jungen SPD-Politikers: "Er hat auch schon viel Unsinn erzählt", findet er. Und Finanzexpertin und SPD-Mitglied Susanne Schmidt will trotz mehrerer Nachfragen der Moderatorin gar nicht verraten, was sie von Kühnert hält – offenbar aber nicht allzu viel.

Der Juso-Vorsitzende ist nur eines von vielen Themen, die Sandra Maischberger in ihrer Sendung auftischt. Es geht natürlich um die SPD und den Brexit, dazu auch noch um Russland und den Umgang mit Menschen mit dem Down-Syndrom.

Wer sind die Gäste bei "Maischberger. Die Woche"?

Als Kommentatoren nehmen Bestseller-Autorin Amelie Fried und der schon erwähnte Moderator Jörg Thadeusz das Geschehen der Woche unter die Lupe – außerdem der Talkshow-Dauergast und frühere stellvertretende "Bild"-Chefredakteur Nikolaus Blome.

Zum Einzelgespräch setzt sich Sandra Maischberger zu Susanne Schmidt, eine Frau mit vielen Rollen und Eigenschaften: Sie ist die Tochter des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt und wie er SPD-Mitglied, außerdem Finanzfachfrau, Wahl-Britin und damit automatisch auch Brexit-Expertin.

Um ein ganz anderes Thema geht es dann mit Michaela Dedreux und ihrer Tochter Natalie, die das Down Syndrom hat und sich gegen die Spätabtreibung von behinderten Kindern einsetzt.

Was ist das Rede-Duell des Abends?

Im Format mit unterschiedlichen Themen und Gesprächskonstellationen ist Streit eher die Ausnahme. Deutlich unterschiedlicher Meinung sind aber Amelie Fried und Jörg Thadeusz, wenn es um die SPD geht.

Dass Thadeusz nicht viel von Kevin Kühnert hält, wurde bereits erwähnt: Thadeusz schwärmt lieber von der neuen, jungen finnischen Regierungschefin Sanna Marin – deren Format spricht er "unserem Kevin" offensichtlich ab.

Dass der 30-Jährige als Hoffnungsträger der Sozialdemokratie gilt, ist für ihn ein "Krisensymptom". Amelie Fried nimmt Kühnert dagegen in Schutz: "Er hat sich in der vergangenen Woche ungeheuer intelligent, eloquent und politikfähig gezeigt", findet sie.

Falsch findet die Autorin auch das eher skeptische Medienecho auf die Wahl der neuen SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans: "Es geht um Respekt – dass man Politiker erstmal etwas machen lässt, bevor man auf sie einschlägt."

Jörg Thadeusz dagegen findet, die beiden Neuen hätten keinen Opferstatus verdient – er hätte lieber Olaf Scholz an der SPD-Spitze gesehen: "Wo ist denn der Respekt der Parteimitglieder für Olaf Scholz?"

Was ist der Moment des Abends?

Im Gedächtnis bleibt vor allem Amelie Frieds Appell zu einem Thema, das nur kurz angeschnitten wird: Sie zeigt sich beeindruckt vom Besuch Angela Merkels im Vernichtungslager Auschwitz in der vergangenen Woche.

Die Kanzlerin habe dort die richtigen Worte gefunden, findet Fried, deren Großtante und Großonkel dort ebenfalls gestorben sind. "Menschen, die den Holocaust leugnen, möchte man eigentlich gerne an den Haaren dorthin schleifen", sagt sie.

Was ist das Ergebnis beim Maischberger-Talk?

Das Talk-Konzept mit dem thematischen Gemischtwarenladen hat Licht- und Schattenseiten, es ist verwirrend und kurzweilig zugleich: Vor allem in der ersten Hälfte gelingt es Maischberger, elegant und ohne harte Brüche von Thema zu Thema zu leiten.

Die drei Kommentatoren sind zudem Medien-Profis und verstehen es, ihre Redezeit unterhaltsam zu füllen. So richtig in die Tiefe geht es dafür aber auch nicht.

Dabei hätte man sich eben diese Tiefe an manchen Stellen gewünscht. Vor allem beim letzten Gespräch mit Down-Syndrom-Aktivistin Natalie Dedreux und ihrer Mutter Michaela.

Beide sind gegen Tests in der Schwangerschaft, die Aufschluss darüber geben, ob ein Kind zum Beispiel eine Behinderung haben könnte: "Irgendwann haben wir nur noch den vermeintlich perfekten Menschen – und das wünsche ich mir für unsere Gesellschaft nicht", sagte Michaela Dedreux.

Wie aber sieht die rechtliche Lage in Deutschland genau aus? Wie verteidigen Befürworter die Spät-Abtreibungen, wenn sie einem Menschen wie Natalie Dedreux direkt gegenüber sitzen? Auch diese Fragen wären interessant gewesen – bleiben aber unbeantwortet.

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