Unterhaltsam und turbulent geht es am Mittwochabend bei Sandra Maischberger zu. Die zentrale Frage lautet, was die neue GroKo den sozial Schwachen bringt. Richtig hitzig wird es, als Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckart gegen einen AfD-Politiker wettert.

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Diese Konstellation verspricht Spannung: Am Tag, an dem Angela Merkel zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt wurde, diskutiert Sandra Maischberger mit ihren Gästen über die Frage, was die neue Große Koalition dem "kleinen Mann" zu bieten hat.

In der Runde sitzen zwei Vorsitzende von Jugendorganisationen, die sich als Kritiker der eigenen Parteiführung profiliert haben. Dazu zwei Politiker und zwei Journalisten mit jeweils ziemlich unterschiedlichen Auffassungen.

Wer turbulente Diskussionen erwartet, wird nicht enttäuscht.

"Merkel hat die Agenda 2020 verschlafen"

Zunächst geht es noch um Angela Merkel. Wobei die "Wünsche" zum Start ihrer vierten Amtszeit sehr unterschiedlich ausfallen. "Ich kann Ihnen nach zwölf Jahren nicht sagen, wofür diese Kanzlerin steht", schimpft der konservative und gerne provozierende SAT.1-Journalist Claus Strunz.

Merkel wirft er vor, sich nicht genug um die "Einheimischen" zu kümmern – und ganz generell zu untätig zu sein: "Gerhard Schröder hat die Agenda 2010 gemacht, Angela Merkel hat die Agenda 2020 verschlafen. Jetzt wäre es Zeit für die Agenda 2030."

Ferdos Forudastan, Innenpolitik-Chefin der Süddeutschen Zeitung, sieht viele Ansätze im Vertrag der Großen Koalition, die sozial Schwachen zugute kommen könnten. Aber auch sie vermisst Vorschläge zu wichtigen Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung.

Vor allem kritisiert die frühere Sprecherin von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, dass kein Minister mit Migrationshintergrund im neuen Kabinett sitzt. "Ich halte das wirklich für ein fatales Signal."

Blasser Kevin Kühnert

Nicht zuletzt die Essener Tafel hat auch das Thema Armut in den vergangenen Wochen wieder auf die politische Tagesordnung gebracht. Dem Vorsitzenden der Jungen Union, Paul Ziemiak, kommt die undankbare Aufgabe zu, seinen Parteifreund Jens Spahn zu verteidigen: Der neue CDU-Gesundheitsminister hatte schließlich behauptet, in Deutschland müsse niemand hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe.

Ziemiak teilt diese Sicht nicht: Die Tafeln würden es Hartz-IV-Empfängern ermöglichen, sich von ihrem schmalen Einkommen etwas zu kaufen, das sie sich sonst nicht leisten könnten. Der Jung-Politiker stellt aber auch klar: "Wir machen Politik nicht nur für Hartz-IV-Empfänger."

Eigentlich wäre das ein gefundenes Fressen für Kevin Kühnert. Kaum ein Politiker hat in den vergangenen Wochen so häufig von sich reden gemacht wie der Juso-Vorsitzende und GroKo-Kritiker.

Er bezeichnet bei Sandra Maischberger seine SPD zwar als die "spannendste und diskussionsfreudigste Partei Deutschlands", er selber wird dem Anspruch - zumindest in dieser Runde - aber nicht gerecht. Kühnert bleibt seltsam blass, sagt nur etwas, wenn er gefragt wird.

Aufhorchen lässt er lediglich, als er gegen die AfD austeilt und deren sozialpolitische Vorschläge kritisiert: "Sie wollen die Vertreter der Ärmsten in der Gesellschaft sein? Das Allerletzte sind Sie in dieser Hinsicht", fährt er den AfD-Politiker Bernd Baumann an.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD ist nach den Äußerungen seiner Parteifreunde über "Halb-Neger" oder "Kümmeltürken" sichtlich bemüht, sich nicht auf dünnes Eis zu bewegen. Er kommt zwar immer wieder auf das Flüchtlingsthema zu sprechen, lobt aber die Spieler mit Migrationshintergrund in der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und will mit Rassismus nichts zu tun haben.

Göring-Eckardt fährt aus der Haut

Eine Spur zu hitzig wird es, als AfD-Mann Baumann und die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt – wie zu erwarten – aneinanderrasseln.

Baumann nimmt für seine Partei in Anspruch, sie vertrete die Meinung der Bürger. Das lässt Göring-Eckardt aus der Haut fahren: "Die größte Unverschämtheit, die sich Ihre Partei herausnimmt, ist die, dass Sie sich hinstellen und sagen: Wir sind das Volk."

Er könne sich ja nicht einmal richtig benehmen, sagt die Grünen-Politikerin, als ihr Baumann ins Wort fällt. Dieser Vorwurf müsste dann aber auch für andere Gäste gelten.

Am Ende bleibt die Erkenntnis: Die Gäste sind der Erwartung gerecht geworden, haben eine unterhaltsame und facettenreiche Diskussion abgeliefert – meistens sachlich, manchmal emotional.

Um den so oft bemühten "kleinen Mann" ging es aber dann doch nur zum Teil.

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