Boris Palmer neigt zur Polarisierung. Seinen Facebook-Post zu einer Werbung der Deutschen Bahn bereut er allerdings inzwischen. Dennoch legen ihm Parteifreunde nahe, bei den Grünen auszutreten.
Nach seiner Kritik an einer Werbekampagne der Bahn hat der Tübinger Oberbürgermeister
"Das Ganze war ein Schnellschuss. Ich habe keine zwei Minuten, nachdem ich die Werbung eher zufällig im Internet entdeckt hatte, drei Sätze dazu auf Facebook gepostet", sagte Palmer der Wochenzeitung "Die Zeit" (Donnerstag). "Das war fahrlässig, ich hätte mein Anliegen besser begründen müssen." Das Ergebnis sei "Bockmist".
Inhaltlich hält Palmer an seiner Kritik an der Kampagne aber fest. "Die Mehrheitsgesellschaft kommt praktisch nicht vor", sagte Palmer. Das spalte die Gesellschaft. "Bei den Menschen, die ohnehin fürchten, dass sie übergangen werden (...), löst die Kampagne Abwehrreflexe aus."
Boris Palmer versteht Kriterien der Deutschen Bahn nicht
Die Bahn wirbt auf ihrer Internetseite mit Bildern von Reisenden mit unterschiedlichen Hautfarben, unter anderem mit dem dunkelhäutigen TV-Koch Nelson Müller und der türkisch-stämmigen Moderatorin Nazan Eckes. Palmer hatte dazu am 23. April auf Facebook geschrieben: "Ich finde es nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die "Deutsche Bahn" die Personen auf dieser Eingangsseite ausgewählt hat." Er fragte: "Welche Gesellschaft soll das abbilden?"
Die Grünen-Chefs Robert Habeck und Annalena Baerbock hatten Palmer für diese Äußerungen scharf kritisiert, die Bahn hatte sich verteidigt.
Claudia Roth rät Palmer zum Parteiaustritt
Auch die frühere Grünen-Chefin Claudia Roth wandte sich gegen Palmer und riet ihm zu einen Parteiwechsel. "So leid es mir tut: Das ist eindeutig rassistisch und Rassismus ist keine Meinung, sondern Rassismus", sagte die Bundestagsvizepräsidentin der "Augsburger Allgemeinen" (Donnerstagausgabe). "Niemand wird ihn davon abhalten, sich einen Ort zu suchen, an dem er sich politisch wohler fühlt - auch jenseits der Grünen."
Palmer wandte sich laut "Zeit" inzwischen an den Vorstand der Bahn. "Ich habe einen Brief an Bahnvorstand Ronald Pofalla geschrieben. Solche Kampagnen werden in einem Großunternehmen nach meiner Erfahrung intensiv geplant und diskutiert. Ich will wissen, ob der Vorstand mit der Entscheidung befasst war und ob man sich ihrer möglichen Konsequenzen bewusst ist", sagte Palmer der Wochenzeitung.
Der Tübinger Oberbürgermeister hatte nach den empörten Reaktionen auf seine Äußerungen angekündigt, seine Facebook-Aktivitäten bis zur Europawahl am 26. Mai ruhen zu lassen. © dpa
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