Salvador Illa steht kurz vor der Wahl zum neuen Regierungschef der spanischen Konfliktregion Katalonien. Zum Abschluss einer Konsultationsrunde wurde der 58-jährige Sozialist vom katalanischen Parlamentspräsidenten Josep Rull zum Kandidaten ernannt, weil er genug Unterstützung anderer Parteien habe. Die Debatte und Abstimmung über die Kandidatur von Illa soll am Donnerstag im Parlament in Barcelona stattfinden.
Falls er knapp drei Monate nach der Neuwahl tatsächlich zum Regierungschef gewählt werden sollte, wäre Illa der erste Politiker im Amt seit langem, der gegen die Unabhängigkeit Kataloniens ist. Wenn es aber bis zum 25. August keine neue Regierung gibt, muss neu gewählt werden.
Der Sozialist wird versuchen, mit den gemäßigteren Separatisten auszukommen
Illa hatte sich während der Pandemie in Madrid als spanischer Gesundheitsminister bewährt. In Barcelona wird er als Chef einer Koalitionsregierung mit der weiter links stehenden Partei Comuns sowie vor allem mit der linken Separatistenpartei ERC auskommen müssen.
Die ERC-Basis hatte am Freitag die umstrittene Vereinbarung zur Regierungsbildung mit den Sozialisten von Illa und des spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez gebilligt. Sánchez wertet das Abkommen als Erfolg seiner Appeasement-Politik. Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo bezeichnet die Zusammenarbeit mit Separatisten aber als "Schande".
Die ERC des noch amtierenden Regionalpräsidenten Pere Aragonès hatte bei der vorgezogenen Wahl am 12. Mai hinter den Sozialisten von Illa und der liberalen Junts des Separatistenführers Carles Puigdemont nur Platz drei belegt. Die Partei hätte auch eine Regierungsbildung mit Puigdemont versuchen können, der als radikaler als Aragonès gilt.
Das Koalitionsabkommen sieht unter anderem vor, dass Katalonien künftig ähnlich wie das Baskenland und Navarra Steuern selbst eintreibt und einen Teil an den Zentralstaat abführt. Bisher erhebt Madrid die Steuern und leitet einen Teil an Katalonien weiter, wie es in den meisten sogenannten Autonomen Gemeinschaften in Spanien geregelt ist.
Die Rückkehr von Separatisten-Führer Puigdemont könnte für Unruhe sorgen
Puigdemont, der Katalonien im Herbst 2017 mit einem als illegal erklärten Referendum in die Unabhängigkeit führen wollte, kann derweil trotz eines Amnestiegesetzes nicht aus dem Exil in Belgien in die Heimat zurückkehren, ohne eine Festnahme zu riskieren. Es wird trotzdem erwartet, dass er zur Parlamentsdebatte zurückkehrt, was für Unruhe sorgen könnte.
Die Amnestie hatte Sánchez den "Catalanistas" zugesagt, um sich die Stimmen der zwei separatistischen Parteien für seine Wiederwahl im November zu sichern. Aber die Justiz hat den Haftbefehl gegen Puigdemont bisher nicht aufgehoben. Dies und auch das Abkommen mit ERC könnte der Minderheitsregierung von Sánchez Probleme bereiten, da die Sozialisten im Parlament in Madrid auch auf die Junts-Stimmen angewiesen sind. © dpa
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