Das Westjordanland ist einmal mehr Schauplatz des Nahostkonflikts: Mit Scharfschützen, Drohnen und Bulldozern geht Israel gegen militante Palästinenser vor. Mehrere Menschen sind bereits gestorben. Der Sender Al-Dschasira spricht vom größten Einsatz der israelischen Armee in der Region seit mehr als 20 Jahren.

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Israels Armee hat in der Nacht eine größere Operation im besetzten Westjordanland begonnen. Nach Angaben des Militärs laufen Anti-Terror-Einsätze in den nördlichen Städten Dschenin und Tulkarem, die als Hochburgen militanter Palästinenser gelten. Medienberichten zufolge setzte die Armee neben zahlreichen Infanteristen auch Drohnen und Scharfschützen ein, zerstörte Infrastruktur mit Bulldozern und sperrte sämtliche Zufahrtswege nach Dschenin.

In Dschenin seien zwei Menschen erschossen und mehrere weitere verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Später meldete die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa zwei weitere Tote bei einem Drohnenangriff des israelischen Militärs auf ein Flüchtlingslager nahe der Ortschaft Tubas und dann nochmals drei Tote bei einem anderen Drohnenangriff auf ein Fahrzeug südlich von Dschenin. Der Palästinensische Rote Halbmond sprach von zehn Toten. Ob es sich bei den Getöteten um militante Palästinenser handelt, blieb unklar.

Den Berichten zufolge handelt es sich um eine großangelegte Militäroperation, Al-Dschasira sprach gar vom größten derartigen Einsatz der israelischen Armee im Norden des Westjordanlands seit mehr als 20 Jahren. Dem arabischen Sender zufolge sollen Palästinenser die Soldaten unter anderem im Flüchtlingsviertel Nur Schams in Tulkarem mit Schusswaffen und Sprengsätzen attackiert haben. Zusammenstöße gab es demnach auch in anderen Ortschaften im Westjordanland. Nach Informationen der "Times of Israel" ist der Anti-Terror-Einsatz auf mehrere Tage angelegt, die Zeitung bezieht sich auf Quellen innerhalb der Armee.

Armee soll Krankenhäuser umstellt haben

Die Agentur Wafa meldete, eine große Anzahl an Militärfahrzeugen sei in die Stadt Dschenin gefahren. Al-Dschasira zufolge wurde die Stadt komplett abgeriegelt. Laut der israelischen Nachrichtenseite "ynet" sollten von den Sicherheitskräften gesuchte Personen in Flüchtlingsvierteln in Dschenin und Tulkarem festgenommen werden.

Israelischen und palästinensischen Medien zufolge umstellten die Einsatzkräfte auch Krankenhäuser in beiden Städten und blockierten Krankenwagen. Die Armee kontrolliere den Zutritt zu den Klinikgebäuden, um zu verhindern, dass sich Militante dort verschanzen, meldete "ynet".

Die ohnehin angespannte Lage im Westjordanland hat sich seit dem Hamas-Massaker mit 1.200 Toten am 7. Oktober 2023 und dem dadurch ausgelösten Beginn des Gaza-Kriegs deutlich verschärft. Seitdem wurden dort nach unabhängig kaum überprüfbaren Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah bei israelischen Militäreinsätzen, bewaffneten Auseinandersetzungen und Anschlägen von Extremisten mehr als 620 Palästinenser getötet.

Vor allem in Dschenin und Tulkarem gibt es immer wieder Razzien der israelischen Armee. Erst am Montag kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums bei einem israelischen Luftangriff in dem Flüchtlingsviertel Nur Schams in Tulkarem fünf Menschen ums Leben. Das Bombardement hatte nach Angaben der israelischen Armee militante Palästinenser zum Ziel.

Amnesty International fordert EU-Sanktionen gegen Israel

Auch Gewalttaten israelischer Siedler gegen Palästinenser haben seit dem Oktober-Massaker zugenommen. Amnesty International sieht die israelische Siedlungspolitik äußerst kritisch und fordert kurz vor neuen EU-Beratungen zum Nahost-Konflikt scharfe europäische Sanktionen.

In einem Brief an die Außenminister der 27 Mitgliedstaaten und den EU-Außenbeauftragten Josep Borrell spricht sich die Menschenrechtsorganisation für ein umfassendes Waffenembargo und ein Verbot von Investitionen in bestimmte israelische Unternehmen und Banken aus. Zudem gehöre der Handel mit Gütern aus israelischen Siedlungen in besetzten Gebieten EU-weit verboten. Die Besatzung der palästinensischen Gebiete sei illegal und müsse schnellstmöglich beendet werden – so stehe es in einem im Juli veröffentlichten Gutachten des Internationalen Gerichtshofs.

Bemühungen um Waffenruhe gehen weiter

Unterdessen gehen die Kämpfe im Gazastreifen ebenso weiter wie die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung der nach israelischer Zählung noch 108 in der Gewalt der Hamas verbliebenen Geiseln. Israelischen Medienberichten zufolge ist geplant, dass eine israelische Delegation zu weiteren Gesprächen über ein Abkommen mit der Hamas nach Doha reist. Die indirekten Verhandlungen, bei denen Katar sowie Ägypten und die USA zwischen den Konfliktparteien vermitteln, treten seit Monaten auf der Stelle. (dpa/afp/ bearbeitet von mcf)

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