Bei einem Angriff im Gazastreifen hat die israelische Armee nach eigenen Angaben einen Drahtzieher des Großangriffs auf Israel vom 7. Oktober getötet. Die Hamas hat daraufhin angekündigt, die Verhandlungen über eine Waffenruhe vorerst abzubrechen.
Israels Armee hat den Tod des Hamas-Brigadechefs Rafa Salama bestätigt. "Unter Nutzung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse hat die israelische Luftwaffe den Kommandanten der Chan-Junis-Brigade (der Hamas), Rafa Salama, in der Nähe von Chan Junis angegriffen und eliminiert", teilte die Armee mit.
Die Mitteilung machte keine Angaben darüber, ob auch der mächtige Militärchef der Hamas im Gazastreifen, Mohammed Deif, getötet wurde. Deif soll sich nach Angaben des Militärs an der Seite Salamas befunden haben, als die Luftwaffe am Samstag einen Hamas-Komplex bei Chan Junis bombardierte. Ministerpräsident
Salama verantwortlich für Raketenangriffe
Den getöteten Salama beschrieb die israelische Armee als einen der engsten Mitarbeiter Deifs. Seit 2016 habe er die Chan-Junis-Brigade befehligt, benannt nach der gleichnamigen Stadt im südlichen Gazastreifen. In dieser Eigenschaft sei er verantwortlich gewesen für die Raketenangriffe, die die Hamas in all den Jahren von Chan Junis aus auf Israel durchführte.
Seine Ausschaltung würde die militärischen Fähigkeiten der Hamas ernsthaft beeinträchtigen, so die Armee. Gegen Deif hatte das israelische Militär in den vergangenen Jahren mehrere Tötungsversuche unternommen, die dieser überlebte. Sowohl Deif als auch Salama gelten als Drahtzieher und Planer des Massakers vom 7. Oktober.
Tausende Extremisten der Hamas und anderer Organisationen hatten damals den Süden Israels überfallen. Dabei hatten sie mehr als 1200 Menschen getötet und weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das Massaker war Auslöser des Gaza-Kriegs.
Hamas bricht Verhandlungen ab
Als direkte Reaktion auf den Luftangriff Israels auf den Gazastreifen vom Samstag hat die radikalislamische Hamasi verkündet, die Verhandlungen über eine Feuerpause im Gazastreifen vorerst abzubrechen. Ein ranghoher Vertreter der Palästinenserorganisation erklärte am Sonntag, der Chef des Politbüros der Hamas, Ismail Hanija, habe internationale Vermittler über die Entscheidung informiert, dass die Verhandlungen "aufgrund der mangelnden Ernsthaftigkeit" Israels und der "Massaker an unbewaffneten Zivilisten" abgebrochen würden.
Palästinensischen Angaben zufolge sind bei dem Angriff mindestens 90 Menschen ums Leben gekommen und mindestens 300 weitere verletzt worden.
Militärführer Deif laut Hamas nach Anschlag Israels wohlauf
Während die israelische Armee nach eigenen Angaben noch prüft, ob Deif bei dem Luftschlag westlich von Chan Junis ums Leben gekommen sind, verlautbarte die Terrororganisation, dieser sei wohlauf. "Mohammed Deif geht es gut, und er befiehlt weiterhin den Widerstand gegen den israelischen Feind", sagte der Hamas-Funktionär Ali Barakeh der Deutschen Presse-Agentur in Beirut. "Ich sage (Israels Regierungschef Benjamin) Netanjahu, dass Muhammad Al-Deif dich jetzt hört und deine Lügen verhöhnt", wurde der Vize-Vorsitzende der Islamistenorganisation, Chalil al-Hajja, zitiert. Den Tod Salama hat die israelische Armee indes bestätigt.
Ein Vertreter des israelischen Militärs räumte in einem Online-Briefing ein, dass das getroffene Objekt in der von Israel so deklarierten humanitären Zone westlich der Stadt Chan Junis im Süden Gazas gelegen habe. "Es war aber eine abgezäunte, bewachte Hamas-Basis, besetzt mit Terroristen", fügte der Armeevertreter hinzu. Das Militär sei sich auch sehr sicher, dass sich zum Zeitpunkt des Angriffs keine israelischen Geiseln dort befunden hätten.
Familien der Geiseln machen Druck auf Netanjahu
In Israel demonstrierten derweil erneut Tausende Menschen für ein Abkommen, um die noch rund 120 Geiseln in der Gewalt der Hamas nach Hause zu bringen. Die Teilnehmer der Kundgebungen in Tel Aviv und Jerusalem warfen Regierungschef Netanjahu vor, die indirekten Verhandlungen zur Erzielung einer solchen Vereinbarung zu sabotieren. "Netanjahu macht die Geiseln fertig", stand auf einem riesigen Transparent, das Demonstranten in Tel Aviv vor sich hertrugen.
Ein ehemaliger Entführter sagte: "Ich mag nach außen okay wirken, aber der Schmerz belastet mich mehr, als irgendjemand sich vorstellen kann." Er sei noch einer der Glücklichen gewesen, der in einem Haus und nicht in einem Tunnel gefangen gehalten worden war. "Wenn also ich an brutalen Bedingungen und Misshandlungen gelitten habe, was ist dann mit den anderen 120 Geiseln?"
Israel reagiert auf Beschuss durch Hisbollah
Die israelische Luftwaffe attackierte unterdessen nach Beschuss durch die proiranische Hisbollah-Stellungen der Miliz in Südlibanon. Wie die israelische Armee am Abend mitteilte, sei die Anlage bombardiert worden, von der aus zuvor Geschosse auf den Norden Israels abgefeuert worden seien. Zudem seien eine Reihe weiterer "terroristischer Infrastrukturen" der Hisbollah angegriffen worden.
Israel und die libanesische Schiitenmiliz liefern sich seit dem Beginn des Gaza-Kriegs nahezu täglich Gefechte. Zuletzt nahm deren Intensität deutlich zu. Auf beiden Seiten gab es Tote. Die Hisbollah-Miliz handelt nach eigenen Aussagen aus Solidarität mit der islamistischen Hamas in Gaza. Seit langem wird befürchtet, dass sich der Konflikt ausweiten könnte. (afp/dpa/mcf/cgo)
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