Israel hat dem neuen Chef der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, Jahja Sinwar, mit dem Tod gedroht. Israels Armeechef Herzi Halevi kündigte am Mittwoch an, Israel werde den Nachfolger des im Iran getöteten Ismail Hanija finden und ihn eliminieren.
In einer Erklärung Halevis hieß es mit Blick auf Sinwar: "Wir werden unsere Anstrengungen verstärken, um ihn zu finden, ihn anzugreifen und sie (die Hamas-Führung) dazu zwingen, den Leiter des politischen Büros" der Hamas ein weiteres Mal zu ersetzen. Derweil gingen die internationalen Bemühungen weiter, einen erwarteten Vergeltungsangriff des Iran und seiner Verbündeten auf Israel abzuwenden.
Zuvor hatte sich Israels Außenminister Israel Katz bereits ähnlich geäußert: Die Ernennung von Sinwar zum Nachfolger von Hanija als Hamas-Chef sei "ein weiterer zwingender Grund, ihn schnell zu eliminieren". Diese "abscheuliche Organisation", an deren Spitze Sinwar nun stehe, müsse von der Landkarte verschwinden.
Die Hamas hatte Sinwar am Dienstag, rund eine Woche nach der Tötung ihres Politbüro-Chefs Hanija in Teheran, zu dessen Nachfolger ernannt. Der Anführer der Palästinenserorganisation im Gazastreifen werde nun "Leiter des Politbüros", erklärte die Hamas.
Jahja Sinwar gilt als Drahtzieher des Großangriffs der Hamas auf Israel
Sinwar gilt als Drahtzieher des Großangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober, was ihn zu einem der meistgesuchten Köpfe der Palästinenserorganisation macht. Seitdem ist er nicht mehr öffentlich aufgetreten und wird im Tunnelsystem unter dem Gazastreifen vermutet.
Bei dem Angriff waren israelischen Angaben zufolge 1.198 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden. Israel geht seither massiv militärisch gegen Ziele im Gazastreifen vor. Nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, wurden dabei bislang mehr als 39.600 Menschen getötet.
Israels Regierungschef
Sinwars Vorgänger Hanija war in der Nacht zum vergangenen Mittwoch in Teheran getötet worden. Die Hamas und der Iran machten Israel verantwortlich, Irans geistlicher Führer Ayatollah Ali Chamenei drohte mit einer "Bestrafung". Israel hat die Tötung von Hanija nicht weiter kommentiert. Wenige Stunden zuvor hatte Israel Fuad Schukr, den ranghöchsten Kommandeur der von Teheran unterstützten Hisbollah-Miliz, im Libanon getötet. Deren Chef Hassan Nasrallah drohte ebenfalls mit Vergeltung.
Vor fast fünf Monaten hatte der Iran Israel erstmals direkt von seinem Staatsgebiet aus mit mehr als 300 Raketen und Drohnen attackiert. Teheran spricht Israel seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 das Existenzrecht ab und unterstützt verschiedene verbündete Milizen, darunter die Hamas im Gazastreifen, die Hisbollah im Libanon, die Huthis im Jemen und Gruppierungen im Irak und Syrien.
Mit einem erneuten Angriff des Iran und seiner Verbündeten wird nun seit Tagen gerechnet. International laufen die diplomatischen Bemühungen um eine Deeskalation auf Hochtouren.
Macron: "Flächenbrand vermeiden"
Frankreichs Präsident
Der französische Präsident rief seinen iranischen Kollegen dazu auf, einen "Zyklus der Vergeltung" zu vermeiden - eine Forderung, die er nach Angaben aus Paris später auch in einem Telefonat gegenüber Israels Regierungschef Netanjahu wiederholte.
Der iranische Präsident Peseschkian forderte unterdessen ein Ende der westlichen Unterstützung für Israel. "Wenn die USA und die westlichen Länder Krieg und Unsicherheit in der Region verhindern wollen, sollten sie sofort aufhören, Waffen zu verkaufen und das zionistische Regime zu unterstützen", sagte Peseschkian in dem Telefonat mit Macron laut seiner Website.
Die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) erklärte, Israel sei voll verantwortlich für die Tötung von Hanija. Die "abscheuliche Tat" diene nur dazu, die Spannungen zu verschärfen und könne zu einem größeren Konflikt führen, der "die gesamte Region" betreffen könnte, erklärte Mamadou Tangara, Außenminister von Gambia, das derzeit den Vorsitz der OIC innehat.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, zeigte sich indes mit Blick auf eine Waffenruhe und eine Freilassung der von der Hamas festgehaltenen Geiseln trotz der derzeitigen Zuspitzung des Konflikts zuversichtlich. Eine Einigung sei "so nahe wie nie zuvor", erklärte er am Mittwoch. Die USA seien nach wie vor um "intensive Diplomatie" bemüht, um eine Eskalation zu vermeiden. (AFP/pak)
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