Vor einem halben Jahr wurde Kassels Regierungspräsident Walter Lübcke ermordet. Der Hauptverdächtige Stephan E. hatte ein erstes Geständnis widerrufen. Nun will er sich erneut äußern. Gab es einen zweiten Täter?
Der Verdächtige im Mordfall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke will ein neues Geständnis ablegen. Das sagte sein Verteidiger Frank Hannig dem ARD-Politikmagazin "Panorama", das am Donnerstag ausgestrahlt wird.
Über den genauen Inhalt wollte er noch nichts mitteilen. Bereits vor einer Woche hatte Hannig dem "Spiegel" gesagt, er prüfe Hinweise auf einen möglichen zweiten Mann am Tatort.
Mord an Walter Lübcke: Stephan E. widerrief erstes Geständnis
Lübcke war in der Nacht zum 2. Juni tot auf der Terrasse seines Wohnhauses im nordhessischen Wolfhagen-Istha gefunden worden. Laut Obduktion wurde der 65-Jährige mit einer Kurzwaffe aus nächster Nähe erschossen.
Die Ermittler gehen von einem rechtsextremen Hintergrund der Tat aus. Ein erstes Geständnis hatte der Hauptverdächtige Stephan E. widerrufen. Er hatte die Ermittler zuvor zum Versteck der Mordwaffe geführt.
"Man wird kaum davon ausgehen können, dass Herr E. gar nichts mit der Tat zu tun hat", sagte Hannig nun dem Magazin "Panorama". "Das heißt, die Erwartung, er würde jetzt plötzlich sagen, er war überhaupt nirgendwo dabei, dürfte unrealistisch sein."
Tatverdächtiger deutet Motiv an
Einen Fragenkatalog des Magazins hat E. aus dem Gefängnis heraus in Teilen schriftlich beantwortet. Zur Tat selbst und ihren Umständen schweigt sich der Verdächtige aus.
Jedoch deutet er ein Motiv an. E. war 2015 bei der Rede Lübckes anwesend, in der der Regierungspräsident deutliche Worte für die Gegner einer geplanten Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge gefunden hatte.
"Ich war empört. Ich konnte es nicht fassen, dass ein Politiker weiten Teilen der Bevölkerung nahelegt, das Land zu verlassen, weil sie anderer Meinung sind zu dieser Thematik", zitiert "Panorama" eine der schriftlichen Antworten von Stephan E.
Kontakt zu Neonazi Markus H. "war entscheidendes Verhängnis"
Wegen Beihilfe zum Mord sitzen auch Markus H. und Elmar J. in Untersuchungshaft. Über seinen Kontakt zu Neonazi Markus H., der die Mordwaffe vermittelt haben soll, sagt der Hauptverdächtige: "Das war ein entscheidendes Verhängnis. Er brachte die Waffen ins Spiel, er verknüpfte sie ständig mit politischen Themen. Markus hat sein Umfeld immer aufgestachelt."
Den Verdächtigen wird voraussichtlich gemeinsam der Prozess gemacht. Zuständig ist das Oberlandesgericht Frankfurt. Ein halbes Jahr nach dem Mord steht die Anklage gegen die drei Tatverdächtigen kurz bevor. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll sie um den Jahreswechsel herum erhoben werden. (hub/afp/dpa)
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