- Vor fünf Jahren einigte sich die Europäische Union mit der Türkei auf ein Flüchtlingsabkommen.
- Die Zahl der Flüchtlinge ist seitdem zwar stark zurückgegangen, die Situation auf den griechischen Inseln wurde hingegen immer prekärer.
- Migrationsexpertin Karoline Popp erklärt, wo der entscheidende Konstruktionsfehler liegt - und warum sich dieser womöglich bei der europäischen Asylreform wiederholt.
Das mit der EU-Türkei-Erklärung vor fünf Jahren etablierte Aufnahmesystem für Migranten auf den griechischen Inseln ist nach einer aktuellen Analyse "weitgehend dysfunktional". "Das "System Hotspot" ist im Kern darauf ausgelegt, Schutzsuchende an einem Ort festzuhalten, und es enthält bislang keinen verbindlichen Mechanismus, um diese Orte zu entlasten", schreibt die Autorin Karoline Popp, eine wissenschaftliche Mitarbeiterin des Sachverständigenrats für Integration und Migration in dem am Dienstag veröffentlichten Papier.
Entgegen der 2016 mit der Türkei geschlossenen Vereinbarung gibt es in den Lagern keine schnellen Asylverfahren und Rückführungen. Auch leide das griechische Asylsystem unter Personalknappheit und Ineffizienz, so die Expertin. Die Lager auf den Ägäis-Inseln sind seit Jahren überfüllt, die Menschen leben dort unter schlechten hygienischen und medizinischen Bedingungen und sind im Winter nur unzureichend vor Kälte und schlechtem Wetter geschützt.
Europäischen Asylreform könnte auf gleiche Probleme stoßen
Eigentlich hatte Ankara sich im EU-Türkei-Abkommen von 2016 unter anderem dazu verpflichtet, gegen unerlaubte Migration in die EU vorzugehen. Außerdem sieht der Deal vor, dass Griechenland illegal auf die Ägäis-Inseln gelangte Migranten zurück in die Türkei schicken kann. Im Gegenzug übernimmt die EU für jeden Zurückgeschickten einen syrischen Flüchtling aus der Türkei und unterstützt das Land finanziell bei der Versorgung der Flüchtlinge.
Die Lage auf den griechischen Inseln wirft aus Sicht Popps auch grundsätzlichere Fragen auf. Die im Rahmen der europäischen Asylreform diskutierten Aufnahmelager für Schutzsuchende an den europäischen Außengrenzen könnten am Ende ähnliche Probleme aufwerfen. Als Ende vergangenen Jahres mehr Migranten auf die kanarischen Inseln übersetzten, habe auch dort eine Überlastung gedroht. "Die Fragen, wie funktionierende Verfahren an den Außengrenzen grundsätzlich sichergestellt werden können und wie mit plötzlich steigenden Ankünften umzugehen ist, sind nicht nur auf den griechischen Inseln ungelöst", heißt es in dem Papier.
Die derzeit niedrigeren Ankunftszahlen auf den griechischen Inseln sollten genutzt werden, um die Aufnahmekapazitäten zu erhöhen und Möglichkeiten zur Entlastung zu schaffen, so die Expertin. "Sollte der Zuzug auf die Inseln wieder steigen, ohne dass dies geschehen ist, werden sich die bekannten Probleme weiter verschärfen." © dpa
Joko & Klaas: A Short Story of Moria
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