Der frühere Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bereut seine Entscheidung vom September 2015 nicht, die deutsche Grenze für Hunderttausende von Asylbewerbern offen zu halten. "Das war so eine 51-Prozent-Entscheidung. Ich würde sie heute wieder so treffen, vielleicht ein bisschen anders kommunizieren", sagte er in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit RTL/ntv. "Mir war ganz klar, dass wir uns in einem ethischen Dilemma befinden", fügte er hinzu.

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Die Regierung habe sich damals in einer Zwickmühle gefühlt, sagte de Maizière. "Je mehr Menschen man rettet aus dem Mittelmeer oder je mehr Menschen man sagt, ihr könnt alle kommen nach Deutschland, umso mehr haben wir einen Sogeffekt nach Deutschland. Das kann nicht richtig sein."

Bilder von aufgereihten Särgen in einer Turnhalle auf der italienischen Insel Lampedusa und das Foto des ertrunkenen Flüchtlingsjungen Alan Kurdi hätten sich 2015 in seinem Kopf verfestigt, sagte der heutige Bundestagsabgeordnete. Eine Lehre, die er persönlich aus der Zeit der Flüchtlingskrise gezogen habe, sei, dass die politische Führung, vielleicht sogar die ganze Gesellschaft, sich damals zu sehr von Bildern und wechselnden Stimmungen habe leiten lassen.

Zahl der Schutzsuchenden seit 2017 wieder niedriger

In den Jahren 2015 und 2016 hatten insgesamt rund 1,16 Millionen Menschen in Deutschland zum ersten Mal einen Asylantrag gestellt. Viele von ihnen stammen aus Syrien, in dem 2011 ein Bürgerkrieg begonnen hatte.

2015 begann der russische Militäreinsatz in Syrien. Seit 2017 ist die Zahl der Schutzsuchenden, die nach Deutschland kommen, wieder deutlich niedriger. 2019 wurden 142.509 Asylerstanträge gestellt.  © dpa

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