Der Landkreis Gütersloh hat nach einem Corona-Ausbruch in der Fleischfabrik Tönnies seine Schulen und Kitas geschlossen. Der Schlachtbetrieb wurde mittlerweile eingestellt. Abgesehen von diesem und wenigen weiteren lokalen Infektionsherden bleibt die Lage weitgehend ruhig.
Nach einem Corona-Ausbruch beim Schlachtereibetrieb Tönnies schließt der Kreis Gütersloh alle Schulen und Kitas bis zu den Sommerferien. Durch diesen Schritt solle eine Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung vermieden werden, sagte eine Sprecherin des Kreises am Mittwoch.
Unter den Tönnies-Beschäftigten seien zahlreiche Mütter und Väter mit schulpflichtigen Kindern. Die Schließung von Schulen, Kitas und bei der Tagesbetreuung im gesamten Kreisgebiet gelte ab Donnerstag und bis zum Beginn der Sommerferien in NRW am 29. Juni. Zuvor hatten mehrere lokale Medien berichtet.
400 Neuinfizierten seit Anfang der Woche
Mit 400 Neuinfizierten allein seit Anfang der Woche nimmt der Corona-Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück immer größere Ausmaße an. Von den bislang 500 am Mittwoch vorliegenden Testergebnissen der Mitarbeiter in dem Schlachthof und Fleisch-Zerlegebetrieb im Kreis Gütersloh seien 400 positiv, sagte eine Kreis-Sprecherin. Weitere Ergebnisse stünden aber auch noch aus.
Am Dienstagnachmittag hatte das Unternehmen noch von 128 positiv auf das Virus getesteten Mitarbeitern gesprochen und Maßnahmen zugesagt, um die Ausbreitung einzudämmen.
7.000 Menschen wurden unter Quarantäne gestellt. Betroffen seien alle Personen, die auf dem Werksgelände gearbeitet hätten, sagte Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU) am Mittwoch. Einen allgemeinen Lockdown für den Kreis werde es nicht geben, obwohl die wichtige Marke von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen deutlich überschritten sei.
Der Schlachtbetrieb bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück wurde bereits am Mittwochmittag eingestellt, teilte das Unternehmen mit. Nun würden weitere Bereiche nach und nach heruntergefahren. Wie lange der Produktionsbereich geschlossen bleibe, müssten die Behörden nach Lage entscheiden. Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU), sagte am Mittwoch bei einer Pressekonferenz, er habe die Schließung verfügt.
Tönnies: Heimaturlauber könnten Virus aus Osteuropa mitgebracht haben
Als mutmaßliche Gründe für die zahlreichen Infektionen nannte das Unternehmen die Rückkehr von Arbeitern nach Heimaturlauben sowie die Kühlung in Bereichen der Firma. Gekühlte Räume beförderten offenbar das Übertragen des Virus auf viele Personen, so Tönnies-Vertreter Gereon Schulze Althoff.
Laut Adenauer wurden 1.050 Tests gemacht, wobei von bisher gut 500 ausgewerteten rund 400 positiv ausgefallen seien. Weitere Befunde stünden noch aus. Der Test besage nicht, dass die 400 Betroffenen aktuell noch erkrankt und ansteckend seien, so die Verantwortlichen. Er schlage auch später noch an.
"Wir können uns nur entschuldigen", sagte Tönnies-Sprecher Andre Vielstädte. Man habe "intensiv" daran gearbeitet, das Virus "aus dem Betrieb zu halten". Dem Unternehmen zufolge ist noch nicht ganz klar, ob es einen oder mehrere Infektionsherde gebe. Der oder die Herde müssten in den vergangenen Wochen in den Betrieb herein getragen worden sein, da die behördlich verordneten Tests vor drei bis vier Wochen bei den betroffenen Mitarbeitern noch negativ gewesen seien.
Kein Landkreis überschreitet kritische Marke
Abgesehen von einzelnen lokalen Ausbrüchen entwickelt sich das Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland weiterhin auf einem niedrigen Niveau. 156 von 412 Landkreisen haben dem Robert Koch-Institut (RKI) in den vergangenen sieben Tagen keine Neuinfektionen gemeldet. Kein Landkreis überschreitet derzeit den von Bund und Ländern vereinbarten Grenzwert von 50 Corona-Neuinfektionen. Wird diese Obergrenze gerechnet auf 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen überschritten, sollten gewöhnlich Beschränkungskonzepte erlassen werden.
Vergleichsweise viele Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner haben in den vergangenen sieben Tagen Aichach-Friedberg, Greiz, Gütersloh, Verden, Sonneberg und der Berliner Bezirk Neukölln registriert.
Deutschlandweit haben die Gesundheitsämter in Deutschland dem RKI zuletzt 345 neue Infektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Damit haben sich seit Beginn der Coronakrise 187.184 Menschen in Deutschland nachweislich mit SARS-CoV-2 angesteckt, wie das RKI am Mittwochmorgen meldete (Datenstand 17.6., 0.00 Uhr).
8.830 mit dem Virus infizierte Menschen starben nach RKI-Angaben in Deutschland - das bedeutet ein Plus von 30 im Vergleich zum Vortag. Etwa 173.600 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden. Das sind 500 mehr als noch einen Tag zuvor.
Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, sank nach RKI-Schätzungen mit Datenstand 16.6., 0.00 Uhr, auf die kritische Marke von 1,0. Das bedeutet, dass ein Infizierter im Mittel einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab. Am Vortag hatte er bei 1,19 gelegen.
Seit Mitte Mai gibt das RKI zudem ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Es bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert mit Datenstand 16.6., 0.00 Uhr, bei 0,86 (Vortag: 0,95). Er zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen. (awa/jwo/dpa) © dpa
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