Der Attentäter, der am Freitag nahe der London Bridge zwei Menschen tötete, war ein verurteilter Terrorist, der vorzeitig auf Bewährung freigekommen war. Nun fragen sich die Briten, wie das geschehen konnte. Das Thema fällt mitten in den Wahlkampf.
Nach dem Anschlag mit zwei Toten in London ist in Großbritannien eine Debatte über die routinemäßige vorzeitige Entlassung von Häftlingen entbrannt. Zuvor war bekannt geworden, dass der Attentäter Usman Khan, der am Freitag eine Frau und einen Mann nahe der London Bridge tötete, ein verurteilter Terrorist war, der vorzeitig auf freien Fuß gekommen war.
Die Entlassung war Medienberichten zufolge routinemäßig erfolgt. Die zuständige Kommission (Parole Board) teilte am Samstag mit, sie sei nicht an der Entscheidung beteiligt gewesen.
Terror-Attacke könnte Auswirkungen auf Wahlkampf haben
"Ich habe seit Langem argumentiert, dass es ein Fehler ist, Schwer- und Gewaltverbrecher vorzeitig aus dem Gefängnis zu entlassen", sagte Premierminister
Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan von der oppositionellen Labour-Partei hinterfragte, ob die zuständigen Behörden ausreichend Mittel zur Verfügung hätten, um gefährliche Personen zu überwachen.
Unklar ist, wie das Thema den laufenden Wahlkampf beeinflussen wird. Am 12. Dezember wählen die Briten ein neues Parlament. Für Samstag wurden mehrere Wahlkampfveranstaltungen abgesagt.
Der 28 Jahre alte Usman Khan hatte der Tageszeitung "The Times" zufolge einen Anschlag auf die Londoner Börse geplant, bevor er 2012 zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde. Außerdem wollte er demnach im pakistanischen Teil Kaschmirs ein Trainingscamp für Terroristen aufbauen.
Er war bereits im Dezember 2018 unter Bewährungsauflagen auf freien Fuß gekommen, wie die Polizei mitteilte. Dem "Times"-Bericht zufolge trug er eine elektronische Fußfessel.
Polizei sucht nach Tatbeteiligten
Nach Mittätern fahndete die Polizei zunächst nicht. Es werde aber mit Hochdruck ermittelt, um herauszufinden, ob weitere Personen an der Tat beteiligt waren, hieß es in einer Mitteilung von Scotland Yard.
Eine Wohnung in der Grafschaft Staffordshire in Mittelengland wurde im Rahmen der Ermittlungen durchsucht. Die Polizei twitterte, die umfangreichen Absperrungen würden wohl noch einige Zeit in Kraft bleiben. Die Öffentlichkeit solle die Gegend meiden.
Begonnen hatte der Angriff am Freitag der Polizei zufolge in der Fishmonger's Hall, wo der Attentäter an einer Konferenz über Resozialisierung der Universität Cambridge mit dem Titel "Learning Together" (Gemeinsam lernen) teilgenommen hatte.
Er endete auf der London Bridge, wo Usman Khan von der Polizei erschossen wurde. Er trug einen Sprengstoffgürtel, der sich später als Attrappe herausstellte.
Berichten zufolge hatte der 28-Jährige gedroht, die Fishmonger's Hall, die ehemalige Halle der Fischhändler-Gilde in der City of London, in die Luft zu sprengen. Dort soll er begonnen haben, auf Menschen einzustechen.
Er wurde dem "Times"-Bericht zufolge von einer Reihe von Männern in Richtung London Bridge verfolgt. Einer versuchte demnach, dem Attentäter mit einem Feuerlöscher ins Gesicht zu sprühen, ein anderer hatte sich den Stoßzahn eines Narwals geschnappt, das in der Gilde-Halle als Verzierung an der Wand hing.
Gemeinsam soll es ihnen gelungen sein, dem Attentäter zwei Messer zu entwenden, die er mit Klebeband an seiner Hand befestigt hatte. Polizisten trennten schließlich die ringenden Männer und schossen auf Usman Khan, wie auf Videos zu sehen war, die im Internet kursierten.
Richter warnte vor "dauerhaftem Risiko für die Öffentlichkeit"
Nun müsse man herausfinden, wie Usman Khan das Attentat ausführen konnte, sagte der Chef der britischen Anti-Terror-Ermittler, Neil Basu. Laut der Tageszeitung "The Guardian" hatte der Richter bei Khans Verurteilung dessen Pläne als "ernsthaftes, langfristiges Projekt" bezeichnet und gewarnt, der Mann könne ein dauerhaftes Risiko für die Öffentlichkeit darstellen.
Usman Khan habe zu neun Extremisten gehört, die 2012 verurteilt worden seien. Er sei mit 19 Jahren der Jüngste der Gruppe gewesen.
Ursprünglich sollte Usman Khan nicht wieder freigelassen werden, es sei denn, er werde nicht mehr als Bedrohung angesehen. Diese Bedingung sei später aufgehoben worden.
Der Anschlag weckt böse Erinnerungen an den Sommer 2017. Damals starben in der britischen Hauptstadt acht Menschen, als Terroristen mit einem Transporter erst drei Menschen auf der London Bridge umfuhren und anschließend fünf weitere am Borough Market erstachen.
Polizisten erschossen die drei Täter. Im März desselben Jahres fuhr ein Angreifer mit einem Auto auf der Westminster Bridge in mehrere Fußgänger, vier Passanten starben. Der Mann erstach zudem einen Polizisten, ehe er von Beamten erschossen wurde. (jwo/dpa) © dpa
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