- Aufgrund der sich immer weiter verlangsamenden Impfkampagne in Deutschland blickt SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbachen mit Sorgen auf den kommenden Herbst.
- Er geht davon aus, dass bald die Fallzahlen wieder steigen, weil sich die Menschen zunehmend in Innenräumen aufhalten.
- Auch die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, blickt besorgt auf den Herbst.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fürchtet eine schwierige Corona-Lage im Herbst, falls die Impfkampagne nicht besser vorankommt. "Was wir momentan sehen, ist nach meinem Dafürhalten eine Verschnaufpause, nicht viel mehr", sagte er der "Passauer Neuen Presse" mit Blick auf die zuletzt leicht sinkenden Corona-Infektionszahlen. "Ich gehe davon aus, dass die Fallzahlen in dem Moment wieder steigen werden, in dem sich das Leben der Menschen verstärkt in Innenräumen abspielt."
Deutschland brauche eine "sehr viel höhere Impfquote", um in absehbarer Zeit in die Normalität zurückzukehren, mahnte
Der Mediziner rief Restaurants und Clubs dazu auf, nur noch Geimpfte und Genesene einzulassen. Es solle generell "kein Mittel" ausgeschlossen werden, um mehr Menschen zum Impfen zu bewegen. "Das gilt auch für die Zahlung sogenannter Impfprämien, der ich bislang immer sehr skeptisch gegenüberstand."
Lesen Sie auch: Alle aktuellen Informationen rund um die Corona-Pandemie in unserem Live-Blog
GEW-Chefin blickt besorgt auf den Herbst
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Maike Finnern, blickt ebenfalls besorgt auf den Herbst. "Schon jetzt sind teilweise ganze Klassen in Quarantäne", sagt sie dem Magazin "Business Insider". Die Politik müsse alles dafür tun, "dass wir keinen Winter wie im vergangenen Jahr bekommen". Derzeit würden die Maßnahmen für Schulen "zu zögerlich gemacht".
Es brauche einen Mix aus Maßnahmen aus flächendeckenden PCR-Tests, Luftfiltern an Schulen und mehr Personal, sagte Finnern. Anderenfalls könne nicht am Präsenzunterricht festgehalten werden.
Kassenärzte-Chef Gassen will Ende der Beschränkungen in sechs Wochen
Dagegen fordert der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, ein Ende der Corona-Eindämmungsmaßnahmen zu Ende Oktober. Nötig sei "eine klare Ansage der Politik: In sechs Wochen ist auch bei uns 'Freedom Day'", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit Verweis auf das entsprechende Vorgehen in Großbritannien im Juli. Am 30. Oktober sollten "alle Beschränkungen" aufgehoben werden.
"Das gibt jedem, der will, genug Zeit, sich noch impfen zu lassen", argumentierte Gassen. "Meine Wette: Dann sind wir Ende Oktober bei einer Impfquote von 70 Prozent oder noch höher, weil sehr viele Menschen das Angebot dann doch schleunigst annehmen werden." Ohne die Ankündigung eines klaren Stichtags "werden wir uns endlos weiter durch diese Pandemie schleppen", sagte Gassen voraus.
SPD und Grüne gegen Idee eines "Freedom Day" Ende Oktober
Der Vorstoß von Kassenärztechef Andreas Gassen, zum 30. Oktober alle Corona-Beschränkungen aufzuheben, trifft bei SPD und Grünen auf Ablehnung. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält dies für "nicht ethisch vertretbar". Die Welle der Pandemie, die dann käme, wäre zu groß, warnte der SPD-Politiker auf Twitter. Besser wäre eine Öffnung, wenn 85 Prozent geimpft seien. Bis dahin sollte die 2G-Regel gelten.
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen widersprach Gassen ebenfalls. "Jetzt so zu tun, als sei die Pandemie ein Privatvergnügen und Ungeimpfte letztlich selbst dran Schuld und wir könnten uns jetzt von allen Schutzmaßnahmen verabschieden, das halte ich für zynisch", sagte Dahmen dem Sender NDR Info. Auch widerspreche die Forderung der Haltung der Mehrheit der niedergelassenen Ärzte. Für eine Lockerung der Maßnahmen bräuchte es eine Impfquote bei den über 60-Jährigen von deutlich über 90 Prozent, in der Gesamtbevölkerung bei den impffähigen Personen von über 80 Prozent. "Es wäre gut, wenn die Kassenärztliche Vereinigung sich hier auf das Impfen konzentriert, hier mehr Tempo macht", riet Dahmen. (afp/mf) © AFP
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.