- Seit zwei Tagen stagniert die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland beziehungsweise steigt sogar wieder leicht an.
- Ist die Corona-Lage doch noch nicht so entspannt, wie viele Menschen bereits hofften?
- RKI-Präsident Lothar Wieler fürchtet aber kein exponentielles Wachstum mehr und hat eine andere Erklärung für die aktuellen Zahlen.
Auf den in der Regel einmal pro Woche stattfindenden, gemeinsamen Pressekonferenzen von Bundesgesundheitsminister
In den vergangenen Monaten waren es keine einfachen Auftritte, meist hatten Spahn und Wieler unerfreuliche Kennzahlen im Gepäck: die Sieben-Tage-Inzidenz im Höhenflug, der R-Wert deutlich über 1, stark ausgelastete Intensivstationen in den Krankenhäusern und außerdem zu wenig Impfstoff.
Seit Mitte April erfreuliche Corona-Kennzahlen
Doch seit etwa sechs Wochen hatten Wieler und Spahn mehr frohe als betrübliche Kunde im Gepäck. Die Werte zeigten einen kontinuierlichen Abwärtstrend. Bundesweit mehrten sich die durch die sinkenden Inzidenzen ermöglichten Öffnungsschritte.
Auch der Impffortschritt ist deutlich erkennbar: Nahezu jeder Fünfte in Deutschland hat bereits eine vollständige Impfung erhalten. Erste Diskussionen über den Fall der Maskenpflicht werden befeuert.
Etwas überraschend kamen daher die aktuellen Sieben-Tage-Inzidenz-Werte dieser Woche. Laut Robert-Koch-Institut stieg der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner zweimal in Folge: am Dienstag vermeldete das RKI den Wert 35,2 (am Montag waren es noch 35,1), am Mittwoch dann sogar 36,8.
Also nun doch wieder die Rolle rückwärts? Woher kommen die leicht ansteigenden Zahlen? Zeigen sich etwa schon erste negative Folgen der jüngsten Öffnungstendenzen?
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Wieler und Spahn sehen keine Trendwende. Der Gesundheitsminister verkündete am Dienstag, dass für Deutschland wegen der entspannteren Corona-Lage nach sechs Monaten erstmals wieder eine mildere Risikobewertung gilt: Statt "sehr hoch" wird die Gefahrenlage nur noch mit "hoch" bewertet.
Wieler befürchtet "kein weiteres exponentielles Wachstum"
Allerdings seien Wachsamkeit und Schutzmaßnahmen weiter nötig, damit es nicht wieder zu einem deutlichen Anstieg der Infektionszahlen komme. "Es gibt zu viele Beispiele auf der Welt, wo dann noch einmal etwas schiefgegangen ist", mahnte Spahn mit Blick auf steigende Corona-Zahlen nach einem Absinken in anderen Ländern - und verwies etwa auf das Vereinigte Königreich.
Für RKI-Präsident Wieler ist der leichte Anstieg ebenfalls kein akutes Warnsignal. Unter Berufung auf Modellierungen seines Instituts sagte er: "Mit kontrolliertem Öffnen erwarten wir kein weiteres exponentielles Wachstum." Außerdem werde die Belegung der Intensivbetten in den Kliniken über die nächsten acht Wochen sinken.
Laut Wieler ließen die Modellierungen einen leichten vorübergehenden Anstieg der Inzidenz erwarten. Das RKI erklärt dies mit Öffnungsschritten. Von den mehr als 400 Landkreisen hätten aber nur noch vier einen Wert von mehr als 100. "Die Inzidenzen gehen auch in allen Altersgruppen zurück."
Allerdings gebe es immer noch zu viele Corona-Tote, mahnte Wieler. Es gehe um "annähernd 1.000" Todesfälle pro Woche. Auch hier sei aber ein leichter Rückgang zu verzeichnen.
Die gute Entwicklung sei insbesondere denjenigen Bürgerinnen und Bürgern zu verdanken, die sich an die Corona-Vorschriften halten und die sich impfen lassen. In den nächsten Wochen müssten diese beiden Wege der Pandemie-Bekämpfung weiter beschritten werden, forderte der RKI-Chef. Die bisherigen Erfolge müssten genutzt werden, "um die Infektionszahlen weiter zu senken".
Angesichts der deutlich sinkenden Corona-Ansteckungszahlen hatte die Bundesregierung angekündigt, die bundesweite Notbremsen-Regelung zum 30. Juni voraussichtlich auslaufen zu lassen. Die Notbremse wurde im April verabschiedet, mit dem Ziel, in Regionen mit einem Inzidenzwert über 100 innerhalb von sieben Tagen bundesweit einheitliche Vorgaben für Corona-Schutzmaßnahmen durchzusetzen.
Verwendete Quellen:
- Agenturmaterial von dpa und AFP
- Webseite des Robert-Koch-Instituts
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