• Chile kommt bei den Impfungen sehr gut voran: Mehr als zwei Millionen Menschen wurde in nicht einmal zwei Wochen geimpft.
  • So schnell wie das südamerikanische Land impft derzeit kaum ein Land gegen COVID-19.
  • Neben einer guten "Impfinfrastruktur" haben die Chilenen vor allem eines voraus: Viele vorrätige Impfdosen.

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Eine Pandemie ist kein Wettbewerb, dennoch werden dieser Tage viele Zahlen verglichen und Ranglisten aufgestellt. Eine davon betrifft die Zahl der verabreichten Impfdosen gegen COVID-19 - und neben Israel, den USA, Großbritannien und den Vereinigten Arabischen Emiraten liegt mittlerweile ein Land vorne, von dem das wohl die wenigsten erwartet hätten: Chile.

Laut der Website Our World in Data der Universität Oxford beträgt die Zahl der täglich verabreichten Dosen pro 100 Einwohner in Chile derzeit 0,94. Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerungszahl bedeutet das, dass dort jeden Tag rund 180.000 Menschen geimpft werden, wobei es sich um einen Durchschnittswert der vergangenen sieben Tage handelt.

Deutschland und Chile im direkten Vergleich

Für Deutschland liegt dieser Wert momentan bei 0,15 oder - rein rechnerisch und im Sieben-Tage-Schnitt - 120.000 Menschen pro Tag (Stand 16. Februar 2021). Das deckt sich auch in etwa mit den offiziellen Zahlen, die das Impfdashboard des Gesundheitsministeriums ausweist: Für den 17. Februar meldete es rund 140.000 Impfungen.

Insgesamt erhielten laut Our World in Data in Chile mittlerweile 2,32 Millionen Menschen mindestens die erste Impfdosis (Stand: 16. Februar 2021). In Deutschland sind es zwar inzwischen 4,57 Millionen, allerdings impft Chile erst seit rund zwei Wochen im großen Stil. Hierzulande war der Impfstart kurz nach Weihnachten.

Chile hat sich an mehreren Impfstudien beteiligt

Dass das südamerikanische Land bei den Impfungen so schnell vorankommt, führen Fachleute vor allem auf zwei Dinge zurück:

  • 1) die Erfahrung mit Massenimpfungen etwa gegen die Grippe und die schnelle Bereitstellung vieler verschiedener Impforte wie Stadien, Einkaufszentren, öffentliche Plätze, Parkplätze, Universitäten;
  • 2) die schnelle und massenweise Bestellung verschiedener Impfstoffe in unterschiedlichen Entwicklungsphasen und die Beteiligung an klinischen Studien, etwa von Johnson & Johnson und Sinovac.

Vor allem Letzteres soll dazu beigetragen haben, dass das Land bevorzugt und zu einem besseren Preis an die begehrten Impfdosen kam.

Weil Chile mit 19 Millionen Menschen viel weniger Einwohner hat als etwa Deutschland mit 83 Millionen, liegt der Prozentsatz derjenigen, die schon mindestens eine Dosis erhalten haben, in Chile inzwischen bei mehr als zwölf Prozent (Stand 16. Februar). In Deutschland sind es 3,6 Prozent.

Herdenimmunität bis zum Sommer?

Der rasante Impffortschritt hat die Frage aufgeworfen, ob Chile das erste Land der Welt sein könnte, das eine Herdenimmunität seiner Bevölkerung gegen COVID-19 erreicht. Das wäre der Fall, wenn so viele Menschen immun gegen das Virus wären, dass sich die Infektion nicht mehr weiter ausbreiten könnte da Infektionsketten sofort abbrächen.

Das hängt aber vor allem von zwei Faktoren ab: Ob Menschen, die geimpft sind, weiterhin ansteckend für andere sind, und wie ansteckend das Virus generell ist. Denn je ansteckender ein Erreger ist, desto mehr Menschen müssen für eine Herdenimmunität immun sein. Bei Masern sollten es beispielsweise 95 Prozent der Bevölkerung sein.

Bei COVID-19 ist weder sicher, dass Geimpfte nicht mehr ansteckend sind, noch kennt man die Immunquote, die eine Herdenimmunität sichern würde. Zu Beginn der Pandemie war einmal von 60 Prozent die Rede. Mittlerweile gehen manche Fachleute - auch angesichts der neuen, ansteckenderen Mutationen - von 80 oder 90 Prozent aus.

13 Millionen Impfstoffdosen im ersten Quartal

Chiles Regierung hat tatsächlich als Ziel ausgegeben, bis Ende Juni 80 Prozent der Menschen im Land geimpft zu haben. Angesichts des derzeitigen Impftempos scheint das machbar - zumal das Land sich angeblich schon jetzt mehr als das Doppelte der erforderlichen Impfdosen gesichert hat.

Auch Deutschland hat über die EU und zusätzliche Optionen mittlerweile Zusicherungen über knapp 300 Millionen Impfdosen von fünf Herstellern. Nur: Geliefert wurde davon noch nicht allzu viele, nämlich nur 5,9 Millionen (Stand: 17. Februar). Im ersten Quartal sollen es zwischen 13 und 15 Millionen werden - in etwa so viele wie in Chile mit seiner weitaus geringeren Einwohnerzahl.

Würde in Deutschland in dem Tempo weitergeimpft, wie das derzeit der Fall ist, würde es grob überschlagen noch rund eineinhalb Jahre dauern, bis 80 Prozent der Menschen geimpft wären. Davon ist allerdings nicht auszugehen.

Chile hat früh bei vielen bestellt

Dennoch: Die Frage, ob Deutschland zu diesem Zeitpunkt schon mehr Impfstoffdosen haben könnte, wird seit Wochen diskutiert, und mit Blick auf Chile könnte die Antwort lauten: Möglicherweise, wenn man sich hier etwas breiter aufgestellt hätte.

Das südamerikanische Land hat das offenbar von Anfang an getan: Neben dem Vakzin von Biontech/Pfizer orderte man früh bei Johnson & Johnson, Astrazeneca, Sinovac - und steht jetzt offenbar auch in Verhandlungen mit Russland wegen des Impfstoffs Sputnik V. Allein von dem Impfstoff Coronavac des chinesischen Herstellers Sinovac soll das Land 60 Millionen Dosen bestellt haben.

Weil China große Produktionskapazitäten hat und der Sinovac-Impfstoff einfacher zu lagern ist als etwa der von Biontech/Pfizer, wirkt das wie eine gute Entscheidung. Allerdings liegen zur Wirksamkeit von Coronavac bislang unterschiedliche Daten vor.

Wurden zunächst Werte von mehr als 70 bis über 90 Prozent kolportiert, sprachen brasilianische Wissenschaftler, die den Impfstoff ebenfalls testeten, zuletzt von rund 50 Prozent.

Das soll für einen Schutz immer noch ausreichend sein, an die Wirksamkeit etwa des Impfstoffs von Biontech/Pfizer (95 Prozent), kommt Coronavac aber nicht heran. Angesichts der jüngsten Enthüllungen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung wird aber auch deutlich: Manchmal kommt erst in Nachhinein heraus, warum etwas möglicherweise länger gedauert hat als erhofft.

Verwendete Quellen:

  • Impfdashboard des Gesundheitsministeriums
  • Website Our World in Data der Universität Oxford
  • Website der Bundesregierung
  • Website des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa)
  • Website der Universität de Chile in Santiago de Chile
  • Website der chilenischen Landesregierung
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