• Soziale Ausgrenzung haben viele bereits erlebt - in der Schule, bei der Arbeit oder im Freundes- und Familienkreis.
  • Ein Forschungsteam hat das Phänomen erstmals im Alltag und über einen längeren Zeitraum untersucht.
  • Dabei wurden mögliche gesundheitliche Folgen deutlich.

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Menschen grenzen andere aus. Das ist ein allgegenwärtiges Verhalten und kann in unterschiedlichsten Bereichen auftreten, etwa in der Schule oder am Arbeitsplatz. Viele waren schon einmal von sozialer Ausgrenzung im Alltag betroffen.

Wie es dazu kommt und welche langfristigen Folgen dadurch für die betroffenen Personen entstehen können, wurde nun erstmals in einer großen Befragungsstudie untersucht. Dabei kamen Wissenschaftler der Universitäten Koblenz-Landau, Mannheim und Basel zu neuen Erkenntnissen, die vor allem jüngere Menschen und den Arbeitsplatz in den Fokus bringen – und mögliche gesundheitliche Folgen aufzeigen.

Ausgrenzung aufgrund von Stress und Wettbewerb

Für ihre Forschungen nutzten Dr. Selma Rudert von der Universität Koblenz-Landau, die Erstautorin der Studie, und ihre Forscherkollegen Befragungsdaten aus deutschen Privathaushalten, um soziale Ausgrenzung im Alltag zu untersuchen. Insgesamt beantworteten dabei über 2.700 in Deutschland lebende Erwachsene zwischen 18 und 97 Jahren, wie häufig sie in ihrem Alltag Ausgrenzung erleben.

Die Daten zeigen einen Zusammenhang zwischen erlebter sozialer Ausgrenzung und Alter. Menschen höheren Alters berichteten demnach seltener als jüngere Menschen über Ausgrenzungserlebnisse. Dabei gibt es Hinweise darauf, dass dies mit dem Eintritt ins Rentenalter zusammenhängen könnte.

Aufgrund von Stress und Wettbewerb sind insbesondere Schule und Arbeitswelt besonders riskante Umfelder, vermuten die Forschenden. "Der Arbeitsplatz ist eine vergleichsweise häufige Quelle sozialer Ausgrenzung und Menschen können sich oft nicht aussuchen, mit welchen Kolleginnen und Kollegen sie zusammenarbeiten wollen", erklärt Sozialpsychologin Rudert.

Der Arbeitsalltag ist außerdem häufig von vielen Stressfaktoren geprägt, wie etwa Zeitmangel, Fristen und beschränkte Ressourcen. Wenn Menschen unter diesen Bedingungen zusammenarbeiten sollen, aber gleichzeitig um Stellen oder Beförderungen miteinander konkurrieren, entstehe ein Klima, das hochgradig anfällig für Ausgrenzung ist, so die Wissenschaftlerin.

Depression als mögliche Folge von sozialer Ausgrenzung

"Doch auch wenn ältere Menschen vergleichsweise seltener über Ausgrenzung berichten, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass erlebte Ausgrenzung mit steigendem Alter als weniger schlimm wahrgenommen wird", so Rudert. Schlechte Stimmung und geringere Lebenszufriedenheit als Folgen des Erlebten würden demnach bei Menschen aller Altersstufen auftreten.

Besonders gravierend sei, so die Forscherin, dass Menschen, die von häufigerer Ausgrenzung berichten, ein höheres Risiko aufweisen, wenige Jahre später an einer Depression zu erkranken. "Diese Zusammenhänge funktionieren vermutlich in beide Richtungen, sodass ein regelrechter Teufelskreis entstehen kann", schätzt Rudert.

Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen gehen davon aus, dass häufige Ausgrenzung menschliches Wohlbefinden mindert und dies wiederum sozialen Rückzug sowie misstrauisches und feindseliges Verhalten gegenüber anderen verstärken kann. Als Reaktion darauf werden die Betroffenen womöglich noch häufiger ausgegrenzt, wodurch eine Abwärtsspirale entstehen kann.

Vielfältige Ursachen für Ausgrenzung

"Die Ursachen, warum Menschen andere ausgrenzen, sind vielfältig", erklärt Rudert. Die Sozialpsychologie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Ausgrenzung. Die Forschung zeigt, dass Ausgrenzung etwa gezielt eingesetzt wird, um eine Person für ein Fehlverhalten zu bestrafen oder eine unliebsame Person, die als belastend empfunden wird, fernzuhalten. Soziale Ausgrenzung kann auch auf eigenen Unsicherheiten beruhen oder rein versehentlich vorkommen.

Anders als Mobbing oder Aggression ist soziale Ausgrenzung oft subtil und kann unentdeckt bleiben. "Betroffene wie auch das Umfeld sollten empfundene oder beobachtete Ausgrenzung offen thematisieren", so der Rat der Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen.

Außerdem fordern sie, dass Unternehmen und Politik das Thema Ausgrenzung stärker in den Blick nehmen – um so auch langfristig das Auftreten von Depressionen zu vermindern. Das sei essenziell für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Betroffenen, aber auch aus gesamtgesellschaftlicher Perspektive relevant. Denn durch Depressionen und damit verbundene Arbeitsausfälle entstehen Jahr für Jahr volkswirtschaftliche Schäden in Milliardenhöhe.

Verwendete Quellen:

  • ScienceDirect/Journal of Affective Disorders Reports: Ostracism breeds depression: Longitudinal associations between ostracism and depression over a three-year-period
  • Universität Koblenz-Landau: Pressemitteilung

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